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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Die Zerstörung von Jerusalem.
Kaulbach. Von 1.

Im März dieses Jahres^) entwarf ich Ihnen eine übersichtliche Schilderung des
umfassenden weltgeschichtlichen Cpvs, welches Kaulbach durch einen Cyklus vo"
Wandgemälden in der Treppenhalle des neuen Museums zu Berlin malerisch darzu¬
stellen unternahm. Ich konnte damals, wo mir zerstreute Theile des Werkes erst sia)
der Anschauung darboten, nicht viel mehr als die ideellen Grundzüge des Planes
gebe", und nnr bei dem einzigen vollendeten Gemälde, der Zerstörung des
Thurms zu Babel, auf eine genauere Betrachtung eingehen. Seitdem ist
eine neue Saison der eifrigsten Thätigkeit verflossen; große Stücke sind während
des letzten Sommers in voller Farbenpracht ausgeführt und die sämmtlichen
Cartons zur ersten Langseite der Halle gezeichnet worden. Nun läßt sich der
Organismus des Ganzen klar und bestimmt erkennen. Von den drei Hauptge-
mäldeu der ersten Seite sind zwei vollendet, das früher bereits näher betrachtete l
die Zerstörung des Thurms zu Babel, welches die erste Stelle einnimmt, und das
in diesem Sommer fertig gemalte: die Zerstörung von Jerusalem, das
die dritte Stelle im Cyklus der Hauptbilder besetzt. Zwischen beiden blieb el"
Hauptfeld leer für die Darstellung der griechischen Culturbelebung durch den singen¬
den Homer, ein Bild, zu welchem der Carton im nächsten Frühjahr von München
nach Berlin übersiedeln wird. Außerdem siud in Farben vollendet die beide"
allegorischen Gestalten der Sage und der Geschichte über den beiden obere"
Seitenthüren, so wie auf deu beiden Pfeilern, deren breite Massen die drei
Hauptgemälde von einander trennen, die historischen Gestalten des Moses und des
Solon, und über jenem 'die schwebende Isis. Zu beiden lothrechten Seite"
jedes Hauptbildes wird ferner je ein pilasterartiger Fries, grau in grau gen"le
gleich dem großen horizontalen Friese über dem Ganzen, herablause", und eben so
den beiden Hauptseileru wie den großen Bildern zur Ciufassung dienen. Diese
Pilaster siud dazu bestimmt, die bedeutsamsten Momente aus der Cnltnrgeschich^
aller hervorragenden Völker des Alterthums in symbolischer ZusammenstelliM
und architektonischer Gliederung in sich aufzunehmen. Auch hierzu sind die Car¬
tons bereits vollendet, so daß die ganze Fülle der vorchristlichen Geschichtse"t-
wickeluug in künstlerische Form gebracht wurde und in sinnlicher Gestaltung vor
uns steht. Die zweite Langseite wird mit jener Uebergangszeit beginnen, die
wir unter dem Namen der Völkerwanderung kennen, und so zur christlichen Zelt



Aar^l. Ur, >3 der Grcuzlwlv",
Die Zerstörung von Jerusalem.
Kaulbach. Von 1.

Im März dieses Jahres^) entwarf ich Ihnen eine übersichtliche Schilderung des
umfassenden weltgeschichtlichen Cpvs, welches Kaulbach durch einen Cyklus vo»
Wandgemälden in der Treppenhalle des neuen Museums zu Berlin malerisch darzu¬
stellen unternahm. Ich konnte damals, wo mir zerstreute Theile des Werkes erst sia)
der Anschauung darboten, nicht viel mehr als die ideellen Grundzüge des Planes
gebe», und nnr bei dem einzigen vollendeten Gemälde, der Zerstörung des
Thurms zu Babel, auf eine genauere Betrachtung eingehen. Seitdem ist
eine neue Saison der eifrigsten Thätigkeit verflossen; große Stücke sind während
des letzten Sommers in voller Farbenpracht ausgeführt und die sämmtlichen
Cartons zur ersten Langseite der Halle gezeichnet worden. Nun läßt sich der
Organismus des Ganzen klar und bestimmt erkennen. Von den drei Hauptge-
mäldeu der ersten Seite sind zwei vollendet, das früher bereits näher betrachtete l
die Zerstörung des Thurms zu Babel, welches die erste Stelle einnimmt, und das
in diesem Sommer fertig gemalte: die Zerstörung von Jerusalem, das
die dritte Stelle im Cyklus der Hauptbilder besetzt. Zwischen beiden blieb el»
Hauptfeld leer für die Darstellung der griechischen Culturbelebung durch den singen¬
den Homer, ein Bild, zu welchem der Carton im nächsten Frühjahr von München
nach Berlin übersiedeln wird. Außerdem siud in Farben vollendet die beide»
allegorischen Gestalten der Sage und der Geschichte über den beiden obere»
Seitenthüren, so wie auf deu beiden Pfeilern, deren breite Massen die drei
Hauptgemälde von einander trennen, die historischen Gestalten des Moses und des
Solon, und über jenem 'die schwebende Isis. Zu beiden lothrechten Seite»
jedes Hauptbildes wird ferner je ein pilasterartiger Fries, grau in grau gen"le
gleich dem großen horizontalen Friese über dem Ganzen, herablause», und eben so
den beiden Hauptseileru wie den großen Bildern zur Ciufassung dienen. Diese
Pilaster siud dazu bestimmt, die bedeutsamsten Momente aus der Cnltnrgeschich^
aller hervorragenden Völker des Alterthums in symbolischer ZusammenstelliM
und architektonischer Gliederung in sich aufzunehmen. Auch hierzu sind die Car¬
tons bereits vollendet, so daß die ganze Fülle der vorchristlichen Geschichtse»t-
wickeluug in künstlerische Form gebracht wurde und in sinnlicher Gestaltung vor
uns steht. Die zweite Langseite wird mit jener Uebergangszeit beginnen, die
wir unter dem Namen der Völkerwanderung kennen, und so zur christlichen Zelt



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[0182] Die Zerstörung von Jerusalem. Kaulbach. Von 1. Im März dieses Jahres^) entwarf ich Ihnen eine übersichtliche Schilderung des umfassenden weltgeschichtlichen Cpvs, welches Kaulbach durch einen Cyklus vo» Wandgemälden in der Treppenhalle des neuen Museums zu Berlin malerisch darzu¬ stellen unternahm. Ich konnte damals, wo mir zerstreute Theile des Werkes erst sia) der Anschauung darboten, nicht viel mehr als die ideellen Grundzüge des Planes gebe», und nnr bei dem einzigen vollendeten Gemälde, der Zerstörung des Thurms zu Babel, auf eine genauere Betrachtung eingehen. Seitdem ist eine neue Saison der eifrigsten Thätigkeit verflossen; große Stücke sind während des letzten Sommers in voller Farbenpracht ausgeführt und die sämmtlichen Cartons zur ersten Langseite der Halle gezeichnet worden. Nun läßt sich der Organismus des Ganzen klar und bestimmt erkennen. Von den drei Hauptge- mäldeu der ersten Seite sind zwei vollendet, das früher bereits näher betrachtete l die Zerstörung des Thurms zu Babel, welches die erste Stelle einnimmt, und das in diesem Sommer fertig gemalte: die Zerstörung von Jerusalem, das die dritte Stelle im Cyklus der Hauptbilder besetzt. Zwischen beiden blieb el» Hauptfeld leer für die Darstellung der griechischen Culturbelebung durch den singen¬ den Homer, ein Bild, zu welchem der Carton im nächsten Frühjahr von München nach Berlin übersiedeln wird. Außerdem siud in Farben vollendet die beide» allegorischen Gestalten der Sage und der Geschichte über den beiden obere» Seitenthüren, so wie auf deu beiden Pfeilern, deren breite Massen die drei Hauptgemälde von einander trennen, die historischen Gestalten des Moses und des Solon, und über jenem 'die schwebende Isis. Zu beiden lothrechten Seite» jedes Hauptbildes wird ferner je ein pilasterartiger Fries, grau in grau gen"le gleich dem großen horizontalen Friese über dem Ganzen, herablause», und eben so den beiden Hauptseileru wie den großen Bildern zur Ciufassung dienen. Diese Pilaster siud dazu bestimmt, die bedeutsamsten Momente aus der Cnltnrgeschich^ aller hervorragenden Völker des Alterthums in symbolischer ZusammenstelliM und architektonischer Gliederung in sich aufzunehmen. Auch hierzu sind die Car¬ tons bereits vollendet, so daß die ganze Fülle der vorchristlichen Geschichtse»t- wickeluug in künstlerische Form gebracht wurde und in sinnlicher Gestaltung vor uns steht. Die zweite Langseite wird mit jener Uebergangszeit beginnen, die wir unter dem Namen der Völkerwanderung kennen, und so zur christlichen Zelt Aar^l. Ur, >3 der Grcuzlwlv»,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/182>, abgerufen am 26.04.2024.