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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band.

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Es handelt sich hier nicht etwa, wie beim Porzellan, "in eine Art von Mi¬
niaturmalerei, sondern um eine ganz freie malerische Behandlung nach dem innern
Zwecke des Gegenstandes, und dazu konnte eben nur das aus verschlackter Erde
und andern mineralischen Bruchstücken durch vulcanische Gewalt zusammenge-
schmolzene, jeder Glühhitze widerstehende, doch aber schneidbare Gestein ein genü¬
gendes Material darbieten. Vier vollendete Bilder, eines für das äußere Portal
der Schloßkirche zu Wittenberg, die drei andern für die Kirche der Russischen
Kolonie bei Potsdam, ebenfalls sür deren äußere Front, bestimmt, sah ich in der
Werkstatt des Herrn Martins. Das erste, welches ein Spitzbogenfeld ausfüllen
soll, mißt in der Grundlinie acht, in der mittlern Höhe etwa fünf Fuß und zeigt
Christus am Kreuz, zu beiden Seiten Luther und Melanchthon kniend, im Hin¬
tergrunde die Stadt Wittenberg. Die andern drei messen jedes dritthalb Fuß
im Quadrat und stellen die Köpfe Russischer Heiligen dar: Christus mit dem
Reichsapfel, in segnender Bewegung, mit stillem, edlem Ernst in den regelmäßigen
Zügen; Alexander Newski mit der Christussahne und im reichen Costum, einem
mit Edelsteinen besetzten violette" Gewände; und Theodor von Heraklea, der,
in der Rechten das Schwert, in der Linken die Palme, den Blick zum Himmel
richtet. In der Färbung macht sich gegen das erste Bild ein merkbarer Fort¬
schritt geltend; sie ist so kräftig und gesättigt, als wäre sie mit Oel aufgetragen,
und namentlich überraschte mich an dem Alexander Newski ein lebensvolles Ko¬
lorit des Fleisches.

Dieser ganze Kunstzweig ist, trotz der bereits erreichten Resultate, noch immer
im Werden, und es läßt steh vor der Hand noch nicht die Grenze seines prakti¬
schen Nutzens mit Sicherheit bestimmen. Möglicher Weise kann er, da seine
Technik für die Ausführung von Arabesken vorzüglich geeignet erscheint, einen
nicht unwichtigen Einfluß auf die Ornamentik der neuern Bankunst gewinnen,
und je zweckmäßiger es sich erweisen wird, mit der einmal errichteten Feuerwerk¬
statt zugleich eine ausgedehnter zu betreibende Glasmalerei in Verbindung zu
setzen, um so verschiedenartigere Einwirkungen aus Schmuck und Annehmlichkeit
des geselligen Lebens dürsten vielleicht daraus hervorgehen. Wir müssen dies der
A. G. Zukunft überlassen.




Türkisch-Slavische Zustände im Jahre I85R.
II. Das Fürstenthum Serbien.

Im geraden Gegensatze zu der religiösen, socialen und politischen Zerklüftung
Bosniens steht die compacte Einheit des Fürstenthums Serbien. Hier gibt es
nur Eine Religion, Eine Kirche, Einen Stand, Eine Regierung, und wenn


Es handelt sich hier nicht etwa, wie beim Porzellan, »in eine Art von Mi¬
niaturmalerei, sondern um eine ganz freie malerische Behandlung nach dem innern
Zwecke des Gegenstandes, und dazu konnte eben nur das aus verschlackter Erde
und andern mineralischen Bruchstücken durch vulcanische Gewalt zusammenge-
schmolzene, jeder Glühhitze widerstehende, doch aber schneidbare Gestein ein genü¬
gendes Material darbieten. Vier vollendete Bilder, eines für das äußere Portal
der Schloßkirche zu Wittenberg, die drei andern für die Kirche der Russischen
Kolonie bei Potsdam, ebenfalls sür deren äußere Front, bestimmt, sah ich in der
Werkstatt des Herrn Martins. Das erste, welches ein Spitzbogenfeld ausfüllen
soll, mißt in der Grundlinie acht, in der mittlern Höhe etwa fünf Fuß und zeigt
Christus am Kreuz, zu beiden Seiten Luther und Melanchthon kniend, im Hin¬
tergrunde die Stadt Wittenberg. Die andern drei messen jedes dritthalb Fuß
im Quadrat und stellen die Köpfe Russischer Heiligen dar: Christus mit dem
Reichsapfel, in segnender Bewegung, mit stillem, edlem Ernst in den regelmäßigen
Zügen; Alexander Newski mit der Christussahne und im reichen Costum, einem
mit Edelsteinen besetzten violette» Gewände; und Theodor von Heraklea, der,
in der Rechten das Schwert, in der Linken die Palme, den Blick zum Himmel
richtet. In der Färbung macht sich gegen das erste Bild ein merkbarer Fort¬
schritt geltend; sie ist so kräftig und gesättigt, als wäre sie mit Oel aufgetragen,
und namentlich überraschte mich an dem Alexander Newski ein lebensvolles Ko¬
lorit des Fleisches.

Dieser ganze Kunstzweig ist, trotz der bereits erreichten Resultate, noch immer
im Werden, und es läßt steh vor der Hand noch nicht die Grenze seines prakti¬
schen Nutzens mit Sicherheit bestimmen. Möglicher Weise kann er, da seine
Technik für die Ausführung von Arabesken vorzüglich geeignet erscheint, einen
nicht unwichtigen Einfluß auf die Ornamentik der neuern Bankunst gewinnen,
und je zweckmäßiger es sich erweisen wird, mit der einmal errichteten Feuerwerk¬
statt zugleich eine ausgedehnter zu betreibende Glasmalerei in Verbindung zu
setzen, um so verschiedenartigere Einwirkungen aus Schmuck und Annehmlichkeit
des geselligen Lebens dürsten vielleicht daraus hervorgehen. Wir müssen dies der
A. G. Zukunft überlassen.




Türkisch-Slavische Zustände im Jahre I85R.
II. Das Fürstenthum Serbien.

Im geraden Gegensatze zu der religiösen, socialen und politischen Zerklüftung
Bosniens steht die compacte Einheit des Fürstenthums Serbien. Hier gibt es
nur Eine Religion, Eine Kirche, Einen Stand, Eine Regierung, und wenn


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[0232] Es handelt sich hier nicht etwa, wie beim Porzellan, »in eine Art von Mi¬ niaturmalerei, sondern um eine ganz freie malerische Behandlung nach dem innern Zwecke des Gegenstandes, und dazu konnte eben nur das aus verschlackter Erde und andern mineralischen Bruchstücken durch vulcanische Gewalt zusammenge- schmolzene, jeder Glühhitze widerstehende, doch aber schneidbare Gestein ein genü¬ gendes Material darbieten. Vier vollendete Bilder, eines für das äußere Portal der Schloßkirche zu Wittenberg, die drei andern für die Kirche der Russischen Kolonie bei Potsdam, ebenfalls sür deren äußere Front, bestimmt, sah ich in der Werkstatt des Herrn Martins. Das erste, welches ein Spitzbogenfeld ausfüllen soll, mißt in der Grundlinie acht, in der mittlern Höhe etwa fünf Fuß und zeigt Christus am Kreuz, zu beiden Seiten Luther und Melanchthon kniend, im Hin¬ tergrunde die Stadt Wittenberg. Die andern drei messen jedes dritthalb Fuß im Quadrat und stellen die Köpfe Russischer Heiligen dar: Christus mit dem Reichsapfel, in segnender Bewegung, mit stillem, edlem Ernst in den regelmäßigen Zügen; Alexander Newski mit der Christussahne und im reichen Costum, einem mit Edelsteinen besetzten violette» Gewände; und Theodor von Heraklea, der, in der Rechten das Schwert, in der Linken die Palme, den Blick zum Himmel richtet. In der Färbung macht sich gegen das erste Bild ein merkbarer Fort¬ schritt geltend; sie ist so kräftig und gesättigt, als wäre sie mit Oel aufgetragen, und namentlich überraschte mich an dem Alexander Newski ein lebensvolles Ko¬ lorit des Fleisches. Dieser ganze Kunstzweig ist, trotz der bereits erreichten Resultate, noch immer im Werden, und es läßt steh vor der Hand noch nicht die Grenze seines prakti¬ schen Nutzens mit Sicherheit bestimmen. Möglicher Weise kann er, da seine Technik für die Ausführung von Arabesken vorzüglich geeignet erscheint, einen nicht unwichtigen Einfluß auf die Ornamentik der neuern Bankunst gewinnen, und je zweckmäßiger es sich erweisen wird, mit der einmal errichteten Feuerwerk¬ statt zugleich eine ausgedehnter zu betreibende Glasmalerei in Verbindung zu setzen, um so verschiedenartigere Einwirkungen aus Schmuck und Annehmlichkeit des geselligen Lebens dürsten vielleicht daraus hervorgehen. Wir müssen dies der A. G. Zukunft überlassen. Türkisch-Slavische Zustände im Jahre I85R. II. Das Fürstenthum Serbien. Im geraden Gegensatze zu der religiösen, socialen und politischen Zerklüftung Bosniens steht die compacte Einheit des Fürstenthums Serbien. Hier gibt es nur Eine Religion, Eine Kirche, Einen Stand, Eine Regierung, und wenn

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_345603/232>, abgerufen am 29.04.2024.