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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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Freude über die Auffindung eines handgreiflichen abstracten Princips die Conse-
quenzen desselben bis ins Absurde und Verruchte trieb; endlich von seinem letzten
Werk, das er 1831 gleichzeitig mit der Gesammtausgabe seiner Werke veröffent¬
lichte, den "Gedanken über den Menschen".

Von Godwin's Sohn, der, 1803 geboren, 1832 starb, gab der Vater einen
Roman: orpkang ot HawiMeri c>r ete forn's trari8kusion, 1835 heraus. Er
ist mehr noch als Catch Williams im Geschmack der Anna Ratcliffe geschrieben,
sängt mit dem Todbett einer Frau an, und geht durch eine Reihe von Criminal-
geschichten endlich bis zur Ermordung und Hinrichtung aller Hauptpersonen. Der
Hauptbösewichr, der Vater der beide" vermeintlichen Waisen, macht den Kuppler
seiner eigenen Tochter, und endigt mit Flüchen gegen Gott und gegen die Welt.
Bei diesen Crimiualgeschichten erinnern wir uns doch wenigstens an die Realität
der Dinge, aber dazwischen spielt eine übersinnliche Idee,, die um so mystischer
wirkt, da sie weder unmittelbar in den Lauf der Ereignisse eingreift, noch über¬
haupt klar und ausführlich dargestellt wird. Der eine der beiden Waisen hat
nämlich durch vielfältige Studien das Mittel entdeckt, eine Seele in einen ihr
eigentlich nicht zugehörigen Leib einzuschmuggeln. Das ist eine Erfindung, die,
zu komischen Zwecken benutzt, ganz an ihrem Platze wäre; aber hier wird sie
tragisch aufgefaßt und mit einer gravitätischen Amtsmiene behandelt. Wenn
wir von diesen Ausstellungen absehen, müssen wir zugestehen, daß der stolze
Charakter der Hanptheldin, Madeline, in dem sich die damals viel verbreitete
Idee von der Emancipation der Weiber auf eine ganz eigenthümliche Weise aus¬
prägt, nicht ohne Kühnheit concipirt ist.




Culturbilder aus dem Südflavenlande.
4.
Die drei Völkerracen in Kroatien.

Auf dem engen Raume, den Kroatien, das sogenannte Königreich, und die
kroatische Militairgrenze einnimmt, wohnen drei in Sprache, Sitte und Religion
verschiedene Völkerracen, die man freilich alle für "Kroaten" gelten läßt, deren
ursprüngliche Verschiedenheit aber täglich mehr zum Vorschein kommt, und den zu¬
künftigen großen Historikern der Jllhrier nicht geringe Verlegenheiten bereitet.

Diese drei Völkerracen können wir süglich die slovenische, die kroatische
und die serbische nennen, obwol die erstgenannte sich vorzugsweise den Namen
der Kroaten beilegt, und von einer Racenverschiedenheit Nichts hören will. Hin¬
sichtlich ihrer Wohnsitze sei beiläufig bemerkt, daß die Sloveno-Kroaten den nord-


Freude über die Auffindung eines handgreiflichen abstracten Princips die Conse-
quenzen desselben bis ins Absurde und Verruchte trieb; endlich von seinem letzten
Werk, das er 1831 gleichzeitig mit der Gesammtausgabe seiner Werke veröffent¬
lichte, den „Gedanken über den Menschen".

Von Godwin's Sohn, der, 1803 geboren, 1832 starb, gab der Vater einen
Roman: orpkang ot HawiMeri c>r ete forn's trari8kusion, 1835 heraus. Er
ist mehr noch als Catch Williams im Geschmack der Anna Ratcliffe geschrieben,
sängt mit dem Todbett einer Frau an, und geht durch eine Reihe von Criminal-
geschichten endlich bis zur Ermordung und Hinrichtung aller Hauptpersonen. Der
Hauptbösewichr, der Vater der beide« vermeintlichen Waisen, macht den Kuppler
seiner eigenen Tochter, und endigt mit Flüchen gegen Gott und gegen die Welt.
Bei diesen Crimiualgeschichten erinnern wir uns doch wenigstens an die Realität
der Dinge, aber dazwischen spielt eine übersinnliche Idee,, die um so mystischer
wirkt, da sie weder unmittelbar in den Lauf der Ereignisse eingreift, noch über¬
haupt klar und ausführlich dargestellt wird. Der eine der beiden Waisen hat
nämlich durch vielfältige Studien das Mittel entdeckt, eine Seele in einen ihr
eigentlich nicht zugehörigen Leib einzuschmuggeln. Das ist eine Erfindung, die,
zu komischen Zwecken benutzt, ganz an ihrem Platze wäre; aber hier wird sie
tragisch aufgefaßt und mit einer gravitätischen Amtsmiene behandelt. Wenn
wir von diesen Ausstellungen absehen, müssen wir zugestehen, daß der stolze
Charakter der Hanptheldin, Madeline, in dem sich die damals viel verbreitete
Idee von der Emancipation der Weiber auf eine ganz eigenthümliche Weise aus¬
prägt, nicht ohne Kühnheit concipirt ist.




Culturbilder aus dem Südflavenlande.
4.
Die drei Völkerracen in Kroatien.

Auf dem engen Raume, den Kroatien, das sogenannte Königreich, und die
kroatische Militairgrenze einnimmt, wohnen drei in Sprache, Sitte und Religion
verschiedene Völkerracen, die man freilich alle für „Kroaten" gelten läßt, deren
ursprüngliche Verschiedenheit aber täglich mehr zum Vorschein kommt, und den zu¬
künftigen großen Historikern der Jllhrier nicht geringe Verlegenheiten bereitet.

Diese drei Völkerracen können wir süglich die slovenische, die kroatische
und die serbische nennen, obwol die erstgenannte sich vorzugsweise den Namen
der Kroaten beilegt, und von einer Racenverschiedenheit Nichts hören will. Hin¬
sichtlich ihrer Wohnsitze sei beiläufig bemerkt, daß die Sloveno-Kroaten den nord-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/348>, abgerufen am 28.04.2024.