Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

da ging es durchaus nicht, da wandte der angesehenere Bürger ein: .er könne
nicht am Tage arbeiten und des Nachts Schildwacht stehen; als aber der
Kaiser Napoleon befahl, da ward die Unmöglichkeit schnell zum leichten
Spiel."

In den Provinzen war man über das Verhalten der Berliner sehr un¬
gehalten und beschuldigte sie aus Kosten ihres Patriotismus sich zu leicht in
die neuen Verhältnisse gefunden zu haben. Indessen urtheilte man hierbei
wol zu streng und trug dabei den eigenthümlichen Verhältnissen, die in jeder
großen Stadt obwalten, zu wenig Rechnung. Der Kern der berliner Bürger¬
schaft blieb ebensogut wie anderwärts seiner vaterländischen Gesinnung treu,
trug nur mit dumpfem Grolle das ihm aufgelegte Joch und bewahrte seine
Gesinnung unveränderlich für die angestammte Regierung. Das hat auch
Berlin in der späteren Zeit, als die Erhebung Preußens erfolgte, zur Genüge
bewiesen, denn nicht allein wetteiferte es mit den übrigen Landestheilen an
Opferbereitwilligkeit, sondern seine Jugend war auch mit die erste, welche voll
Begeisterung und in Masse herbeieilte, um an dem Freiheitskämpfe der Nation
theilzunehmen.




Allgemeine Kunstausstellung in Paris.
'

Preisvertheilungen. Große Ehrenmedaillen: Horace Vernet, Ingres, Dela-
croir, Cornelius, Decamp, Landseer, Leyß, Heim. Graveur Henriquet Dupont.
Sculptur: Rutte, Rietschel, Dumont, Duret.

Erste Medaillen: Mcissonnier, Cogniei, Troyon, Robert Fleury, H. Flan-
drin, Couture, Hebert, Grant, Marechal, Tidemand, Willens, Schmelz, Charles
Mutter, Rosa Bonheur, Krauß, Kaulbach, Cattermole, Ueberhand, Robinson,
Thornburn , Höckert, Madrazo, Madame Herbelin Jsabey, Francais, Bms-
cassat, Leslie.

Wir haben lange nach einem Anhaltpunkte gesucht, unsre Ansichten über
die Leistungen der pariser Kunstausstellung zu resumiren. Die Preisvertheilung
gibt uns diesen gewünschten Anhaltsfaden. Wir finden nämlich das Urtheil
der internationalen Jury mit unsrem Gefühle übereinstimmen, wenige Aus¬
nahmen weggerechnet, und wir hätten nur wenig an ihrem Richtersprüche
auszusetzen. Zunächst können wir nicht lebhaft genug unsre Freude über den
Muth der JuA) aussprechen, den allmächtigen privilegirten Hofmaler Winter¬
halter Übergängen zu haben.*) Dieser Maler ist für die Kunst, was unsre



*) Dieser Artikel war bereits geschrieben als wir erfuhren, daß gewisse Einflusse sich bei
der Commission geltend z" mache" wußten und daß sie, die bisher so standhaft war, sich zu
einer Art von Gnadenact erweichen ließ und deu ersten Medaillen noch folgenden Anhang gab.
Grenzboten. IV. 186ö. , 34

da ging es durchaus nicht, da wandte der angesehenere Bürger ein: .er könne
nicht am Tage arbeiten und des Nachts Schildwacht stehen; als aber der
Kaiser Napoleon befahl, da ward die Unmöglichkeit schnell zum leichten
Spiel."

In den Provinzen war man über das Verhalten der Berliner sehr un¬
gehalten und beschuldigte sie aus Kosten ihres Patriotismus sich zu leicht in
die neuen Verhältnisse gefunden zu haben. Indessen urtheilte man hierbei
wol zu streng und trug dabei den eigenthümlichen Verhältnissen, die in jeder
großen Stadt obwalten, zu wenig Rechnung. Der Kern der berliner Bürger¬
schaft blieb ebensogut wie anderwärts seiner vaterländischen Gesinnung treu,
trug nur mit dumpfem Grolle das ihm aufgelegte Joch und bewahrte seine
Gesinnung unveränderlich für die angestammte Regierung. Das hat auch
Berlin in der späteren Zeit, als die Erhebung Preußens erfolgte, zur Genüge
bewiesen, denn nicht allein wetteiferte es mit den übrigen Landestheilen an
Opferbereitwilligkeit, sondern seine Jugend war auch mit die erste, welche voll
Begeisterung und in Masse herbeieilte, um an dem Freiheitskämpfe der Nation
theilzunehmen.




Allgemeine Kunstausstellung in Paris.
'

Preisvertheilungen. Große Ehrenmedaillen: Horace Vernet, Ingres, Dela-
croir, Cornelius, Decamp, Landseer, Leyß, Heim. Graveur Henriquet Dupont.
Sculptur: Rutte, Rietschel, Dumont, Duret.

Erste Medaillen: Mcissonnier, Cogniei, Troyon, Robert Fleury, H. Flan-
drin, Couture, Hebert, Grant, Marechal, Tidemand, Willens, Schmelz, Charles
Mutter, Rosa Bonheur, Krauß, Kaulbach, Cattermole, Ueberhand, Robinson,
Thornburn , Höckert, Madrazo, Madame Herbelin Jsabey, Francais, Bms-
cassat, Leslie.

Wir haben lange nach einem Anhaltpunkte gesucht, unsre Ansichten über
die Leistungen der pariser Kunstausstellung zu resumiren. Die Preisvertheilung
gibt uns diesen gewünschten Anhaltsfaden. Wir finden nämlich das Urtheil
der internationalen Jury mit unsrem Gefühle übereinstimmen, wenige Aus¬
nahmen weggerechnet, und wir hätten nur wenig an ihrem Richtersprüche
auszusetzen. Zunächst können wir nicht lebhaft genug unsre Freude über den
Muth der JuA) aussprechen, den allmächtigen privilegirten Hofmaler Winter¬
halter Übergängen zu haben.*) Dieser Maler ist für die Kunst, was unsre



*) Dieser Artikel war bereits geschrieben als wir erfuhren, daß gewisse Einflusse sich bei
der Commission geltend z» mache» wußten und daß sie, die bisher so standhaft war, sich zu
einer Art von Gnadenact erweichen ließ und deu ersten Medaillen noch folgenden Anhang gab.
Grenzboten. IV. 186ö. , 34
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0273" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100727"/>
          <p xml:id="ID_767" prev="#ID_766"> da ging es durchaus nicht, da wandte der angesehenere Bürger ein: .er könne<lb/>
nicht am Tage arbeiten und des Nachts Schildwacht stehen; als aber der<lb/>
Kaiser Napoleon befahl, da ward die Unmöglichkeit schnell zum leichten<lb/>
Spiel."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_768"> In den Provinzen war man über das Verhalten der Berliner sehr un¬<lb/>
gehalten und beschuldigte sie aus Kosten ihres Patriotismus sich zu leicht in<lb/>
die neuen Verhältnisse gefunden zu haben. Indessen urtheilte man hierbei<lb/>
wol zu streng und trug dabei den eigenthümlichen Verhältnissen, die in jeder<lb/>
großen Stadt obwalten, zu wenig Rechnung. Der Kern der berliner Bürger¬<lb/>
schaft blieb ebensogut wie anderwärts seiner vaterländischen Gesinnung treu,<lb/>
trug nur mit dumpfem Grolle das ihm aufgelegte Joch und bewahrte seine<lb/>
Gesinnung unveränderlich für die angestammte Regierung. Das hat auch<lb/>
Berlin in der späteren Zeit, als die Erhebung Preußens erfolgte, zur Genüge<lb/>
bewiesen, denn nicht allein wetteiferte es mit den übrigen Landestheilen an<lb/>
Opferbereitwilligkeit, sondern seine Jugend war auch mit die erste, welche voll<lb/>
Begeisterung und in Masse herbeieilte, um an dem Freiheitskämpfe der Nation<lb/>
theilzunehmen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Allgemeine Kunstausstellung in Paris.<lb/>
'</head><lb/>
          <div n="2">
            <head/><lb/>
            <p xml:id="ID_769"> Preisvertheilungen. Große Ehrenmedaillen: Horace Vernet, Ingres, Dela-<lb/>
croir, Cornelius, Decamp, Landseer, Leyß, Heim. Graveur Henriquet Dupont.<lb/>
Sculptur: Rutte, Rietschel, Dumont, Duret.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_770"> Erste Medaillen: Mcissonnier, Cogniei, Troyon, Robert Fleury, H. Flan-<lb/>
drin, Couture, Hebert, Grant, Marechal, Tidemand, Willens, Schmelz, Charles<lb/>
Mutter, Rosa Bonheur, Krauß, Kaulbach, Cattermole, Ueberhand, Robinson,<lb/>
Thornburn , Höckert, Madrazo, Madame Herbelin Jsabey, Francais, Bms-<lb/>
cassat, Leslie.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_771" next="#ID_772"> Wir haben lange nach einem Anhaltpunkte gesucht, unsre Ansichten über<lb/>
die Leistungen der pariser Kunstausstellung zu resumiren. Die Preisvertheilung<lb/>
gibt uns diesen gewünschten Anhaltsfaden. Wir finden nämlich das Urtheil<lb/>
der internationalen Jury mit unsrem Gefühle übereinstimmen, wenige Aus¬<lb/>
nahmen weggerechnet, und wir hätten nur wenig an ihrem Richtersprüche<lb/>
auszusetzen. Zunächst können wir nicht lebhaft genug unsre Freude über den<lb/>
Muth der JuA) aussprechen, den allmächtigen privilegirten Hofmaler Winter¬<lb/>
halter Übergängen zu haben.*)  Dieser Maler ist für die Kunst, was unsre</p><lb/>
            <note xml:id="FID_18" place="foot" next="#FID_19"> *) Dieser Artikel war bereits geschrieben als wir erfuhren, daß gewisse Einflusse sich bei<lb/>
der Commission geltend z» mache» wußten und daß sie, die bisher so standhaft war, sich zu<lb/>
einer Art von Gnadenact erweichen ließ und deu ersten Medaillen noch folgenden Anhang gab.</note><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. IV. 186ö. , 34</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0273] da ging es durchaus nicht, da wandte der angesehenere Bürger ein: .er könne nicht am Tage arbeiten und des Nachts Schildwacht stehen; als aber der Kaiser Napoleon befahl, da ward die Unmöglichkeit schnell zum leichten Spiel." In den Provinzen war man über das Verhalten der Berliner sehr un¬ gehalten und beschuldigte sie aus Kosten ihres Patriotismus sich zu leicht in die neuen Verhältnisse gefunden zu haben. Indessen urtheilte man hierbei wol zu streng und trug dabei den eigenthümlichen Verhältnissen, die in jeder großen Stadt obwalten, zu wenig Rechnung. Der Kern der berliner Bürger¬ schaft blieb ebensogut wie anderwärts seiner vaterländischen Gesinnung treu, trug nur mit dumpfem Grolle das ihm aufgelegte Joch und bewahrte seine Gesinnung unveränderlich für die angestammte Regierung. Das hat auch Berlin in der späteren Zeit, als die Erhebung Preußens erfolgte, zur Genüge bewiesen, denn nicht allein wetteiferte es mit den übrigen Landestheilen an Opferbereitwilligkeit, sondern seine Jugend war auch mit die erste, welche voll Begeisterung und in Masse herbeieilte, um an dem Freiheitskämpfe der Nation theilzunehmen. Allgemeine Kunstausstellung in Paris. ' Preisvertheilungen. Große Ehrenmedaillen: Horace Vernet, Ingres, Dela- croir, Cornelius, Decamp, Landseer, Leyß, Heim. Graveur Henriquet Dupont. Sculptur: Rutte, Rietschel, Dumont, Duret. Erste Medaillen: Mcissonnier, Cogniei, Troyon, Robert Fleury, H. Flan- drin, Couture, Hebert, Grant, Marechal, Tidemand, Willens, Schmelz, Charles Mutter, Rosa Bonheur, Krauß, Kaulbach, Cattermole, Ueberhand, Robinson, Thornburn , Höckert, Madrazo, Madame Herbelin Jsabey, Francais, Bms- cassat, Leslie. Wir haben lange nach einem Anhaltpunkte gesucht, unsre Ansichten über die Leistungen der pariser Kunstausstellung zu resumiren. Die Preisvertheilung gibt uns diesen gewünschten Anhaltsfaden. Wir finden nämlich das Urtheil der internationalen Jury mit unsrem Gefühle übereinstimmen, wenige Aus¬ nahmen weggerechnet, und wir hätten nur wenig an ihrem Richtersprüche auszusetzen. Zunächst können wir nicht lebhaft genug unsre Freude über den Muth der JuA) aussprechen, den allmächtigen privilegirten Hofmaler Winter¬ halter Übergängen zu haben.*) Dieser Maler ist für die Kunst, was unsre *) Dieser Artikel war bereits geschrieben als wir erfuhren, daß gewisse Einflusse sich bei der Commission geltend z» mache» wußten und daß sie, die bisher so standhaft war, sich zu einer Art von Gnadenact erweichen ließ und deu ersten Medaillen noch folgenden Anhang gab. Grenzboten. IV. 186ö. , 34

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/273
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/273>, abgerufen am 28.04.2024.