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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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auswärts geholt haben. Darin aber finden wir die Ansicht eines der neusten
Forscher auf dem Gebiete der Alterthumskunde bestätigt, welcher etwa Folgen¬
des behauptet: "Um zu erfahren, woher dem Parthenon seine Formen gewor¬
den, muß man in der Historie suchen und wenn wir ganz dieselben Formen
anderwärts bei ältern Völkern wiederfinden, oft in ganz anderer Verbin¬
dung, zu ganz anderen Zwecken, dann werden wir nicht anstehen zu er¬
klären, daß dieser griechische Tempel von auswärts seine Formen gesammelt
hat oder auswärts schon vorhanden war/'

Gewiß wird auch dieses verdienstliche Werk des so bescheidenen Herrn
Roher, wie das frühere, nicht wenig Aufsehen bei den Archäologen und Ma¬
thematikern erregen, aber eben deshalb empfehlen wir auch um so angelegent¬
licher die sorgfältige Prüfung einer Arbeit, die lediglich auf die geometrische
Einfachheit eines Euklid und auf ebenso einfache Potenzirung und Depotenzi-
rung der Einheit basirt ist. Möchte Herr Roher endlich auch das Versprechen
noch erfüllen, jenes geometrische Urschema ebenfalls an den organischen Natur-
gegenständen nachzuweisen und seiner Zeit zu veröffentlichen.




Ca'esMdenzen.
Alls Konstantinopel,

-- Jemehr die Dinge in der Krim
unter der kräftigen, wenn auch nicht immer glücklichen Hand des Generals Pelissier
einer großen Entscheidung cntgcgendrängcn, mit um so größerer Spannung lauscht
man hier auf jedes Gerücht, welches ein bestimmteres und klareres Licht auf den
in der Ausführung begriffenen Operationsplan zu werfen im Stande ist. Die heute
ausgegebenen hiesigen Journale, sowie das, was als neuestes von Mund zu Mund
geht, sind in dieser Hinsicht nicht ohne Interesse.

Wie Sie sich erinnern werden fand die Concentrirung der Streitkräfte der
Verbündeten im letztvergangenen Monat Mai noch unter dem Regime Canroberts
statt und sicher war diese Maßregel von ihm verfügt. Man wollte damals über
die Tschcrnaja rücken, die Russen von dem Platea" zwischen dem Hafen von
Sebastopol oder der Rhede und dem Bclbcck vertreiben, damit ihr Gros von der
Festung trennen und hoffte alsdann diese, vermöge der bewirkten Isolirung mit
größerer Leichtigkeit zu überwinde".

An diesem Plane war zweierlei zu tadeln: daß er sich an deu Umkreis der
Festung band, diese nach wie vor zum Hanptobjcet machte, und es dem Feinde ge¬
stattete, deren große fortifieatorische und artilleristische Mittel unter sehr günstigen
Umständen zu verwerthen: sodann, daß dem Feinde im Fall einer Hauptentscheidung
der Rückzug offen verblieb, mit anderen Worten, die strategische Gunst der Lage
unauögebeutet blieb. Außerdem behaupteten schon damals Leute, welche das Terrain
jenseits der Tschcrnaja, namentlich die Zugänge zu dem erwähnten Plateau und
die Befestigungen der Russen auf dieser Linie kannten, daß ein Unternehmen der


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auswärts geholt haben. Darin aber finden wir die Ansicht eines der neusten
Forscher auf dem Gebiete der Alterthumskunde bestätigt, welcher etwa Folgen¬
des behauptet: „Um zu erfahren, woher dem Parthenon seine Formen gewor¬
den, muß man in der Historie suchen und wenn wir ganz dieselben Formen
anderwärts bei ältern Völkern wiederfinden, oft in ganz anderer Verbin¬
dung, zu ganz anderen Zwecken, dann werden wir nicht anstehen zu er¬
klären, daß dieser griechische Tempel von auswärts seine Formen gesammelt
hat oder auswärts schon vorhanden war/'

Gewiß wird auch dieses verdienstliche Werk des so bescheidenen Herrn
Roher, wie das frühere, nicht wenig Aufsehen bei den Archäologen und Ma¬
thematikern erregen, aber eben deshalb empfehlen wir auch um so angelegent¬
licher die sorgfältige Prüfung einer Arbeit, die lediglich auf die geometrische
Einfachheit eines Euklid und auf ebenso einfache Potenzirung und Depotenzi-
rung der Einheit basirt ist. Möchte Herr Roher endlich auch das Versprechen
noch erfüllen, jenes geometrische Urschema ebenfalls an den organischen Natur-
gegenständen nachzuweisen und seiner Zeit zu veröffentlichen.




Ca'esMdenzen.
Alls Konstantinopel,

— Jemehr die Dinge in der Krim
unter der kräftigen, wenn auch nicht immer glücklichen Hand des Generals Pelissier
einer großen Entscheidung cntgcgendrängcn, mit um so größerer Spannung lauscht
man hier auf jedes Gerücht, welches ein bestimmteres und klareres Licht auf den
in der Ausführung begriffenen Operationsplan zu werfen im Stande ist. Die heute
ausgegebenen hiesigen Journale, sowie das, was als neuestes von Mund zu Mund
geht, sind in dieser Hinsicht nicht ohne Interesse.

Wie Sie sich erinnern werden fand die Concentrirung der Streitkräfte der
Verbündeten im letztvergangenen Monat Mai noch unter dem Regime Canroberts
statt und sicher war diese Maßregel von ihm verfügt. Man wollte damals über
die Tschcrnaja rücken, die Russen von dem Platea» zwischen dem Hafen von
Sebastopol oder der Rhede und dem Bclbcck vertreiben, damit ihr Gros von der
Festung trennen und hoffte alsdann diese, vermöge der bewirkten Isolirung mit
größerer Leichtigkeit zu überwinde».

An diesem Plane war zweierlei zu tadeln: daß er sich an deu Umkreis der
Festung band, diese nach wie vor zum Hanptobjcet machte, und es dem Feinde ge¬
stattete, deren große fortifieatorische und artilleristische Mittel unter sehr günstigen
Umständen zu verwerthen: sodann, daß dem Feinde im Fall einer Hauptentscheidung
der Rückzug offen verblieb, mit anderen Worten, die strategische Gunst der Lage
unauögebeutet blieb. Außerdem behaupteten schon damals Leute, welche das Terrain
jenseits der Tschcrnaja, namentlich die Zugänge zu dem erwähnten Plateau und
die Befestigungen der Russen auf dieser Linie kannten, daß ein Unternehmen der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/123>, abgerufen am 01.05.2024.