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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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Tartaren hundert sollen aufwarten dir,
Auf Rosse", flüchtiger weit als Pegasus,
Von medischcr Seide sei dein Kleid gewirkt,
Durchstickt mit köstlichen Juwelen, die
Mein eigen, reicher als die deinigen.
Milchweiße Hirsche sollen dir auf der Bahn
Des Teichs den Schlitten ziehn von Elfenbein,
Erklimmen der Eisberge Gipfelrand,
Die deine Schönheit bald in Nichts zerschmelzt.
Die Schiffe, die. zusammt fünfhundert Mann,
Auf der vielköpfigen Wolga Welle ich nahm,
Die bieten alle wir dem Mädchen an;
Und dann -- uns selbst dem blonden Mädchen auch.



Demokratische Studie".

Seit einiger Zeit gehen der Redaction aus verschiede¬
nen Theilen Amerikas deutsche Zeitungen zu, die manche interessante Seite darbieten.
Es steht wunderlich genug aus, wenn in derselben Form, an die wir bei unsern
Localblättern gewöhnt sind, die Angelegenheiten der Sandwichinseln, des Feuerlan¬
des, Japans u. s. w. besprochen werden) wie wir die Angelegenheiten von Chemnitz
und Zwickau besprechen. Die ungenirte Form dieser Zeitungen läßt wenig zu
wünschen übrig. Es ist in dieser Beziehung schon von unsern Kollegen manche
ergötzliche Notiz mitgetheilt, namentlich aus Sau Fraucisco, wo z. B. ein erfahrener
Klopffechter nach einer genauen Taxe seine Dienste anbietet, um Beleidigungen zu
rächen oder neue Beleidigungen zuzufügen; für eine Maulschelle verlangt er
Dollars, für einen Fußtritt 173 u. f. w. ; nebenbei bedroht er einen jeden, der es
wagen sollte, sich eines andern Agenten zu bedienen, mit deu strengsten Strafen.
Die Umgangsformen dieses Ländchens sind äußerst populär. Wenn einer den andern
blos einen Schurken nennt, der wegen einer Reihe von Diebstählen verdient habe.
öffentlich ausgepeitscht zu werden, so sieht das im Vergleich zu den übrigen Artig¬
keiten nur wie eine gelinde Neckerei aus. Mit aufrichtigem Bedauern sehen wir
bekannte Männer, wie Julius Fröbel, der sich zwar zu einer falschen politischen
Richtung hatte verleiten lassen, aber in seinem Privatleben durchaus ein Gentleman
war, in diesen Ton verstrickt. -- Ein sehr willkommener Beitrag für diese Studien
war uus die Neuyorkcr Zeitschrift: der Pionier, herausgegeben von Karl Heinzen.
Dieser Herr zeichnete sich sehen, in Europa durch die Feinheit seiner Umgangsformen
und die Mäßigung in seinen Wünschen aus, aber man kann nicht leugnen,, daß er
in der neuen Welt erhebliche Fortschritte gemacht hat. Indem wir einiges aus
'einer Zeitschrift mittheilen, möchten wir. wie Herr von Gerlach ans der preußischen
Tribüne, so leise als möglich reden, um weder vom Präsidenten, noch von den
Ministern, noch von den Stenographen gehört zu werden; denn was wir zu erzählen
haben, ist in der That höchst unparlamentarisch. ^- Zunächst bespricht er den be¬
vorstehenden Frieden. "Die ganze Geschichte dieses orientalischen Krieges und
Friedens bringt den Fernerstehenden in der That auf die Vermuthung, daß sich die


Tartaren hundert sollen aufwarten dir,
Auf Rosse», flüchtiger weit als Pegasus,
Von medischcr Seide sei dein Kleid gewirkt,
Durchstickt mit köstlichen Juwelen, die
Mein eigen, reicher als die deinigen.
Milchweiße Hirsche sollen dir auf der Bahn
Des Teichs den Schlitten ziehn von Elfenbein,
Erklimmen der Eisberge Gipfelrand,
Die deine Schönheit bald in Nichts zerschmelzt.
Die Schiffe, die. zusammt fünfhundert Mann,
Auf der vielköpfigen Wolga Welle ich nahm,
Die bieten alle wir dem Mädchen an;
Und dann — uns selbst dem blonden Mädchen auch.



Demokratische Studie».

Seit einiger Zeit gehen der Redaction aus verschiede¬
nen Theilen Amerikas deutsche Zeitungen zu, die manche interessante Seite darbieten.
Es steht wunderlich genug aus, wenn in derselben Form, an die wir bei unsern
Localblättern gewöhnt sind, die Angelegenheiten der Sandwichinseln, des Feuerlan¬
des, Japans u. s. w. besprochen werden) wie wir die Angelegenheiten von Chemnitz
und Zwickau besprechen. Die ungenirte Form dieser Zeitungen läßt wenig zu
wünschen übrig. Es ist in dieser Beziehung schon von unsern Kollegen manche
ergötzliche Notiz mitgetheilt, namentlich aus Sau Fraucisco, wo z. B. ein erfahrener
Klopffechter nach einer genauen Taxe seine Dienste anbietet, um Beleidigungen zu
rächen oder neue Beleidigungen zuzufügen; für eine Maulschelle verlangt er
Dollars, für einen Fußtritt 173 u. f. w. ; nebenbei bedroht er einen jeden, der es
wagen sollte, sich eines andern Agenten zu bedienen, mit deu strengsten Strafen.
Die Umgangsformen dieses Ländchens sind äußerst populär. Wenn einer den andern
blos einen Schurken nennt, der wegen einer Reihe von Diebstählen verdient habe.
öffentlich ausgepeitscht zu werden, so sieht das im Vergleich zu den übrigen Artig¬
keiten nur wie eine gelinde Neckerei aus. Mit aufrichtigem Bedauern sehen wir
bekannte Männer, wie Julius Fröbel, der sich zwar zu einer falschen politischen
Richtung hatte verleiten lassen, aber in seinem Privatleben durchaus ein Gentleman
war, in diesen Ton verstrickt. — Ein sehr willkommener Beitrag für diese Studien
war uus die Neuyorkcr Zeitschrift: der Pionier, herausgegeben von Karl Heinzen.
Dieser Herr zeichnete sich sehen, in Europa durch die Feinheit seiner Umgangsformen
und die Mäßigung in seinen Wünschen aus, aber man kann nicht leugnen,, daß er
in der neuen Welt erhebliche Fortschritte gemacht hat. Indem wir einiges aus
'einer Zeitschrift mittheilen, möchten wir. wie Herr von Gerlach ans der preußischen
Tribüne, so leise als möglich reden, um weder vom Präsidenten, noch von den
Ministern, noch von den Stenographen gehört zu werden; denn was wir zu erzählen
haben, ist in der That höchst unparlamentarisch. ^- Zunächst bespricht er den be¬
vorstehenden Frieden. „Die ganze Geschichte dieses orientalischen Krieges und
Friedens bringt den Fernerstehenden in der That auf die Vermuthung, daß sich die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/85>, abgerufen am 03.05.2024.