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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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heit hergestellt, nicht blos die Verwaltung solid organisirt, man hat Berlin
zum Mittelpunkt der wissenschaftlichen Bildung in Deutschland gemacht. Daß
unter den Männern, an welche sich die Wiedergeburt Preußens knüpft, Stein,
Blücher, Gneisenau, Humboldt. York. Schön. NKbuhr, Schleiermacher u. s. w.
einige von Geburt nicht zu Preußen gehörten, thut nichts zur Sache; feiert
doch auch Oestreich mit Recht in Prinz Eugen den östreichischen Helden.

Es sind grade hundert Jahre her. daß die schwarzweißen Fahnen, wenn
auch gegen Deutsche, doch zur Ehre des deutschen Namens sich unsterblichen
Ruhm erworben haben, man lese die lebensvollen Bilder, die Professor Ku-
tzcn von den Schlachten bei Kollin und Leuthen entwirft; welcher
Deutsche wird nicht warm, wenn sich die Heldengestalt Friedrichs vor seiner
Phantasie entfaltet! Consistorialrath Stahl und Redacteur Wagener haben
zwar in Zeiten allgemeiner Verwirrung die schwarzweiße Fahne aufgesteckt,
aber das ist noch kein Zeichen, daß sie ihnen wirklich zukommt. Friedrich ist
der Genius des preußischen Staats: specifisch preußisch ist, was seinem Geist
entspricht, nicht das Gegentheil. Die Preußen sind, wie Vincke in der Pauls-
kn'che ganz richtig bemerkte, deutsch, und sie wissen es auch; sie wissen, daß
sie nichts sind, wenn sie nicht deutsch sind; und die schwarzweißen Fahnen,
die in Fehrbellin, in Roßbach, in Leipzig und Waterloo zu Ehren Deutsch¬
lands geweht haben, werden auch in der Zukunft ihrer Geschichte keine
Schande machen. .


^.
I- S.


Korrespondenzen.
Konstantinopel.

-- Die Verhandlungen über den Suez-
kanal, aus Anlaß deren Herr Ferdinand de Lesscps hierher kam, rücken mehr und
mehr ihrem Ende entgegen, und es scheint keinem Zweifel mehr zu unterliegen, daß
Napoleon III. im nächsten Jahre Frankreich mit der Nachricht von ihrem Schluß
und der, wenn auch ein wenig modificirten Annahme des französischen Projects
durch die Pforte wird überraschen können, Am letzten Sonnabend gab Aali Pascha,
der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, aus Anlaß der Anwesenheit des vor-
gedachten französischen Staatsmannes ein glänzendes Diner, zu dem alle Mitglieder
sowol der Gesandtschaft des Herrn von Thouvenel. wie auch des osmanischen
Cabinets eingeladen waren. Neben dem genannten Chef der französischen Legation
saß der Großvczicr Raschid Pascha, und beide unterhielten sich auf das freundlichste
miteinander. Wol mit Recht zieht man daraus den Schluß, daß nach der Abreise
Lord Redcliffes das gute Einvernehmen zwischen den beiden einander lange feindlich
gcgcnübcrgcstandcnen bedeutenden Männern vollkommen wieder hergestellt worden ist.
Was man von dem Resultate der über den Suezkanal geführten Unterhandlungen


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heit hergestellt, nicht blos die Verwaltung solid organisirt, man hat Berlin
zum Mittelpunkt der wissenschaftlichen Bildung in Deutschland gemacht. Daß
unter den Männern, an welche sich die Wiedergeburt Preußens knüpft, Stein,
Blücher, Gneisenau, Humboldt. York. Schön. NKbuhr, Schleiermacher u. s. w.
einige von Geburt nicht zu Preußen gehörten, thut nichts zur Sache; feiert
doch auch Oestreich mit Recht in Prinz Eugen den östreichischen Helden.

Es sind grade hundert Jahre her. daß die schwarzweißen Fahnen, wenn
auch gegen Deutsche, doch zur Ehre des deutschen Namens sich unsterblichen
Ruhm erworben haben, man lese die lebensvollen Bilder, die Professor Ku-
tzcn von den Schlachten bei Kollin und Leuthen entwirft; welcher
Deutsche wird nicht warm, wenn sich die Heldengestalt Friedrichs vor seiner
Phantasie entfaltet! Consistorialrath Stahl und Redacteur Wagener haben
zwar in Zeiten allgemeiner Verwirrung die schwarzweiße Fahne aufgesteckt,
aber das ist noch kein Zeichen, daß sie ihnen wirklich zukommt. Friedrich ist
der Genius des preußischen Staats: specifisch preußisch ist, was seinem Geist
entspricht, nicht das Gegentheil. Die Preußen sind, wie Vincke in der Pauls-
kn'che ganz richtig bemerkte, deutsch, und sie wissen es auch; sie wissen, daß
sie nichts sind, wenn sie nicht deutsch sind; und die schwarzweißen Fahnen,
die in Fehrbellin, in Roßbach, in Leipzig und Waterloo zu Ehren Deutsch¬
lands geweht haben, werden auch in der Zukunft ihrer Geschichte keine
Schande machen. .


^.
I- S.


Korrespondenzen.
Konstantinopel.

— Die Verhandlungen über den Suez-
kanal, aus Anlaß deren Herr Ferdinand de Lesscps hierher kam, rücken mehr und
mehr ihrem Ende entgegen, und es scheint keinem Zweifel mehr zu unterliegen, daß
Napoleon III. im nächsten Jahre Frankreich mit der Nachricht von ihrem Schluß
und der, wenn auch ein wenig modificirten Annahme des französischen Projects
durch die Pforte wird überraschen können, Am letzten Sonnabend gab Aali Pascha,
der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, aus Anlaß der Anwesenheit des vor-
gedachten französischen Staatsmannes ein glänzendes Diner, zu dem alle Mitglieder
sowol der Gesandtschaft des Herrn von Thouvenel. wie auch des osmanischen
Cabinets eingeladen waren. Neben dem genannten Chef der französischen Legation
saß der Großvczicr Raschid Pascha, und beide unterhielten sich auf das freundlichste
miteinander. Wol mit Recht zieht man daraus den Schluß, daß nach der Abreise
Lord Redcliffes das gute Einvernehmen zwischen den beiden einander lange feindlich
gcgcnübcrgcstandcnen bedeutenden Männern vollkommen wieder hergestellt worden ist.
Was man von dem Resultate der über den Suezkanal geführten Unterhandlungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/83>, abgerufen am 29.04.2024.