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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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ein Bau von der Größe des Parthenon, mit 34. mächtigen Säulen, mit Me-
topen, welche die Thaten des Herakles darstellten, mit Giebelgruppen von
Päonius und Alkamenes. Darin thronte das Meisterwerk des Phidias, die
aus Gold und Elfenbein gefertigte Bildsäule des höchsten Gottes Griechen¬
lands, das Erhabenste, was die alte Kunst jemals geschaffen. Von alledem
ist nichts mehr vorhanden, als die Grundmauern und einige Säulentrümmer
des Tempels, die zwar von mächtigen Dimensionen sind, aber, so umher¬
gestreut, schon wegen ihres groben Materials -- es ist eine Art Muschelkalk
-- kein lebhaftes Interesse erwecken. Die Metopen sind nach dem Louvre ge¬
wandert. > Der große Aschenaltar ist in alle Winde verweht. Aus dem Golde
des Zeusbildcs machte vielleicht das christliche Byzanz einem seiner Heiligen
Krone und Glorie. Auch die zahlreichen andern Statuen sind dahin gegan¬
gen, wohin die Menschenmassen gingen, die sich einst um sie drängten. Man¬
ches Kunstwerk ruht wol noch unter der Erde, der Auferstehung wartend, die
von Freunden des Alterthums vorbereitet wird. Pindar singt: "Wie der
Aether kein glänzender Gestirn hat, als die Sonne, so kann man kein herr¬
licher Kampfspiel feiern als das zu Olympia." Die Sonne von Olympia ist
untergegangen. Nur die wilden Oelbäume, von denen die Sieger bekränzt
wurden, haben sich fortgepflanzt. Das heutige Geschlecht hat nichts von ihnen
zu beanspruchen, und wenn in diesen Tagen die Zeitungen meldeten, eine
Verordnung der Regierung habe die olympischen Spiele wieder aufleben hei¬
ßen, so ist das eine von den vielen Wunderlichkeiten, bei denen man vergißt,
daß ein Zwerg, der sich einen großen Namen beilegt, dadurch nicht größer,
M. B. sondern kleiner wird.




Literatur.

Der Compaß. Archiv für das gesammte Gebiet der Volkswirthschaft. Heraus¬
gegeben von Henrik.Glogau. Frankfurt a. M. Verlag v. C. Schömann. 1858. --
Von diesem dankenswerthen Unternehmen liegt uns das dritte Heft vor. Es ent¬
hält zunächst eine Chronik der politischen Ereignisse, während des Monats Juni
und beschäftigt sich dann zunächst mit den längsten Erscheinungen auf dem Gebiet
der Volkswirthschaft im Allgemeinen, (Statistik. Konsulate, internationale Verträge,
Gewerbe- und Handelsgesctzgcbung, Münzwesen, Bewegung der edlen Metalle, Fi¬
nanzen, Zoll-, Bank-, Versicherungswesen u. s. w.), hierauf mit einzelnen Rubriken
des nationalökonomischen Gebiets, wie Handel und Gewerbe, Bergbau, Land- und
Forstwirthschaft, Industrie, Transportwesen, öffentliche Gesundheitspflege, Volks-
erziehung, Arbeitslöhne und Auswanderung. Das Ganze muß als gut geordnetes
und fleißig zusammengestelltes Repertorium empfohlen werden. Als Probe theilen
wir die Darstellung der neuesten Geschichte des Zollvereins mit:

Vergegenwärtigen wir uns die historische Gestaltung des Zollvereins in ihren


ein Bau von der Größe des Parthenon, mit 34. mächtigen Säulen, mit Me-
topen, welche die Thaten des Herakles darstellten, mit Giebelgruppen von
Päonius und Alkamenes. Darin thronte das Meisterwerk des Phidias, die
aus Gold und Elfenbein gefertigte Bildsäule des höchsten Gottes Griechen¬
lands, das Erhabenste, was die alte Kunst jemals geschaffen. Von alledem
ist nichts mehr vorhanden, als die Grundmauern und einige Säulentrümmer
des Tempels, die zwar von mächtigen Dimensionen sind, aber, so umher¬
gestreut, schon wegen ihres groben Materials — es ist eine Art Muschelkalk
— kein lebhaftes Interesse erwecken. Die Metopen sind nach dem Louvre ge¬
wandert. > Der große Aschenaltar ist in alle Winde verweht. Aus dem Golde
des Zeusbildcs machte vielleicht das christliche Byzanz einem seiner Heiligen
Krone und Glorie. Auch die zahlreichen andern Statuen sind dahin gegan¬
gen, wohin die Menschenmassen gingen, die sich einst um sie drängten. Man¬
ches Kunstwerk ruht wol noch unter der Erde, der Auferstehung wartend, die
von Freunden des Alterthums vorbereitet wird. Pindar singt: „Wie der
Aether kein glänzender Gestirn hat, als die Sonne, so kann man kein herr¬
licher Kampfspiel feiern als das zu Olympia." Die Sonne von Olympia ist
untergegangen. Nur die wilden Oelbäume, von denen die Sieger bekränzt
wurden, haben sich fortgepflanzt. Das heutige Geschlecht hat nichts von ihnen
zu beanspruchen, und wenn in diesen Tagen die Zeitungen meldeten, eine
Verordnung der Regierung habe die olympischen Spiele wieder aufleben hei¬
ßen, so ist das eine von den vielen Wunderlichkeiten, bei denen man vergißt,
daß ein Zwerg, der sich einen großen Namen beilegt, dadurch nicht größer,
M. B. sondern kleiner wird.




Literatur.

Der Compaß. Archiv für das gesammte Gebiet der Volkswirthschaft. Heraus¬
gegeben von Henrik.Glogau. Frankfurt a. M. Verlag v. C. Schömann. 1858. —
Von diesem dankenswerthen Unternehmen liegt uns das dritte Heft vor. Es ent¬
hält zunächst eine Chronik der politischen Ereignisse, während des Monats Juni
und beschäftigt sich dann zunächst mit den längsten Erscheinungen auf dem Gebiet
der Volkswirthschaft im Allgemeinen, (Statistik. Konsulate, internationale Verträge,
Gewerbe- und Handelsgesctzgcbung, Münzwesen, Bewegung der edlen Metalle, Fi¬
nanzen, Zoll-, Bank-, Versicherungswesen u. s. w.), hierauf mit einzelnen Rubriken
des nationalökonomischen Gebiets, wie Handel und Gewerbe, Bergbau, Land- und
Forstwirthschaft, Industrie, Transportwesen, öffentliche Gesundheitspflege, Volks-
erziehung, Arbeitslöhne und Auswanderung. Das Ganze muß als gut geordnetes
und fleißig zusammengestelltes Repertorium empfohlen werden. Als Probe theilen
wir die Darstellung der neuesten Geschichte des Zollvereins mit:

Vergegenwärtigen wir uns die historische Gestaltung des Zollvereins in ihren


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/526>, abgerufen am 06.05.2024.