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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band.

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in den Andern geweckt zu haben, ist das unbestrittene Verdienst der allgemei¬
nen Münchner Ausstellung. Nicht hoch genug kann man diesen Gewinn an¬
schlagen und darum auch der deutschen Künstlerschaft für den Muth, ein so
großes Unternehmen gewagt zu haben, trotz der unleugbaren mannigfachen
Mängel, welche die Durchführung desselben begleiteten, nicht innig genug
danken A. Springer. . '




In Bezug auf die bevorstehenden Landtagswahlen beginnt allmälig eine er-
. sreuliche Regsamkeit; es haben in Königsberg, in Bromberg und an andern Orten
vorbereitende Versammlungen der Liberalen stattgefunden und der Ausschuß der con-
stitutionellen Partei für Schlesien hat bereits ein vollständiges Wahlprogramm ver¬
öffentlicht. Da es nun wünschenswerth ist. daß die Opposition in allen Provinzen
möglichst von einheitlichen Principien geleitet wird und da uns das schlesische Pro¬
gramm geeignet scheint, überall zu Grunde gelegt zu werden, so unterziehn wir das¬
selbe einer ausführlichen Besprechung.

Mit Recht hebt das Programm im Eingang die monarchische specifisch preußische
Gesinnung der Partei hervor. Bei Unterrichteten hat zwar über diese Gesinnung
niemals ein Zweifel obgewaltet, aber namentlich bei den letzten Wahlen hat man
durch die raffinirtesten Mittel die Menge zu täuschen und ihr einzureden gesucht,
der Liberalismus sei ein Feind des Königs und des Königthums. Je zuversicht¬
licher von den Agenten des Feudalismus diese Behauptung ausgestellt wurde, desto
cntschicdncr müssen wir sie als das bezeichnen, was sie ist, als eine Verleumdung.

Die monarchisch-conservative Gesinnung schließt die treue Anhänglichkeit an die
Verfassung, nicht blos an den Buchstaben, sondern an den Geist derselben in sich.
Zwar läßt sich nicht verkennen, daß die Verfassung mancher Reformen fähig und
bedürftig ist und wir hätten lebhaft gewünscht, daß die liberale Partei sich über ein
Princip per neuen Organisation geeinigt hätte. Allein wir haben uns von der
Unausführbarkeit dieser Einigung unter den obwaltenden Umständen um so mehr
überzeugt, da von demokratischer Seite bereits Wünsche über die Wiederherstellung
allgemeinen Wahlrechts laut geworden sind. Bei dieser Sachlage wird es das
Zweckmäßigste sein, diese wichtige Frage für die nächste Session zu vertagen und
wir billigen das Verfahren des schlesischen Programms, daß es seine Candidaten nur
darauf verpflichtet, jeder Veränderung des Wahlrechts im Sinne ständischer Glie¬
derung Widerstand zu leisten. Die einzelnen Punkte des Programms kommen fast
durchweg darauf hinaus,^daß aus den Worten der Verfassung Wahrheit werde.


Gre"jbote<IV. 1858. 20

in den Andern geweckt zu haben, ist das unbestrittene Verdienst der allgemei¬
nen Münchner Ausstellung. Nicht hoch genug kann man diesen Gewinn an¬
schlagen und darum auch der deutschen Künstlerschaft für den Muth, ein so
großes Unternehmen gewagt zu haben, trotz der unleugbaren mannigfachen
Mängel, welche die Durchführung desselben begleiteten, nicht innig genug
danken A. Springer. . '




In Bezug auf die bevorstehenden Landtagswahlen beginnt allmälig eine er-
. sreuliche Regsamkeit; es haben in Königsberg, in Bromberg und an andern Orten
vorbereitende Versammlungen der Liberalen stattgefunden und der Ausschuß der con-
stitutionellen Partei für Schlesien hat bereits ein vollständiges Wahlprogramm ver¬
öffentlicht. Da es nun wünschenswerth ist. daß die Opposition in allen Provinzen
möglichst von einheitlichen Principien geleitet wird und da uns das schlesische Pro¬
gramm geeignet scheint, überall zu Grunde gelegt zu werden, so unterziehn wir das¬
selbe einer ausführlichen Besprechung.

Mit Recht hebt das Programm im Eingang die monarchische specifisch preußische
Gesinnung der Partei hervor. Bei Unterrichteten hat zwar über diese Gesinnung
niemals ein Zweifel obgewaltet, aber namentlich bei den letzten Wahlen hat man
durch die raffinirtesten Mittel die Menge zu täuschen und ihr einzureden gesucht,
der Liberalismus sei ein Feind des Königs und des Königthums. Je zuversicht¬
licher von den Agenten des Feudalismus diese Behauptung ausgestellt wurde, desto
cntschicdncr müssen wir sie als das bezeichnen, was sie ist, als eine Verleumdung.

Die monarchisch-conservative Gesinnung schließt die treue Anhänglichkeit an die
Verfassung, nicht blos an den Buchstaben, sondern an den Geist derselben in sich.
Zwar läßt sich nicht verkennen, daß die Verfassung mancher Reformen fähig und
bedürftig ist und wir hätten lebhaft gewünscht, daß die liberale Partei sich über ein
Princip per neuen Organisation geeinigt hätte. Allein wir haben uns von der
Unausführbarkeit dieser Einigung unter den obwaltenden Umständen um so mehr
überzeugt, da von demokratischer Seite bereits Wünsche über die Wiederherstellung
allgemeinen Wahlrechts laut geworden sind. Bei dieser Sachlage wird es das
Zweckmäßigste sein, diese wichtige Frage für die nächste Session zu vertagen und
wir billigen das Verfahren des schlesischen Programms, daß es seine Candidaten nur
darauf verpflichtet, jeder Veränderung des Wahlrechts im Sinne ständischer Glie¬
derung Widerstand zu leisten. Die einzelnen Punkte des Programms kommen fast
durchweg darauf hinaus,^daß aus den Worten der Verfassung Wahrheit werde.


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[0161] in den Andern geweckt zu haben, ist das unbestrittene Verdienst der allgemei¬ nen Münchner Ausstellung. Nicht hoch genug kann man diesen Gewinn an¬ schlagen und darum auch der deutschen Künstlerschaft für den Muth, ein so großes Unternehmen gewagt zu haben, trotz der unleugbaren mannigfachen Mängel, welche die Durchführung desselben begleiteten, nicht innig genug danken A. Springer. . ' In Bezug auf die bevorstehenden Landtagswahlen beginnt allmälig eine er- . sreuliche Regsamkeit; es haben in Königsberg, in Bromberg und an andern Orten vorbereitende Versammlungen der Liberalen stattgefunden und der Ausschuß der con- stitutionellen Partei für Schlesien hat bereits ein vollständiges Wahlprogramm ver¬ öffentlicht. Da es nun wünschenswerth ist. daß die Opposition in allen Provinzen möglichst von einheitlichen Principien geleitet wird und da uns das schlesische Pro¬ gramm geeignet scheint, überall zu Grunde gelegt zu werden, so unterziehn wir das¬ selbe einer ausführlichen Besprechung. Mit Recht hebt das Programm im Eingang die monarchische specifisch preußische Gesinnung der Partei hervor. Bei Unterrichteten hat zwar über diese Gesinnung niemals ein Zweifel obgewaltet, aber namentlich bei den letzten Wahlen hat man durch die raffinirtesten Mittel die Menge zu täuschen und ihr einzureden gesucht, der Liberalismus sei ein Feind des Königs und des Königthums. Je zuversicht¬ licher von den Agenten des Feudalismus diese Behauptung ausgestellt wurde, desto cntschicdncr müssen wir sie als das bezeichnen, was sie ist, als eine Verleumdung. Die monarchisch-conservative Gesinnung schließt die treue Anhänglichkeit an die Verfassung, nicht blos an den Buchstaben, sondern an den Geist derselben in sich. Zwar läßt sich nicht verkennen, daß die Verfassung mancher Reformen fähig und bedürftig ist und wir hätten lebhaft gewünscht, daß die liberale Partei sich über ein Princip per neuen Organisation geeinigt hätte. Allein wir haben uns von der Unausführbarkeit dieser Einigung unter den obwaltenden Umständen um so mehr überzeugt, da von demokratischer Seite bereits Wünsche über die Wiederherstellung allgemeinen Wahlrechts laut geworden sind. Bei dieser Sachlage wird es das Zweckmäßigste sein, diese wichtige Frage für die nächste Session zu vertagen und wir billigen das Verfahren des schlesischen Programms, daß es seine Candidaten nur darauf verpflichtet, jeder Veränderung des Wahlrechts im Sinne ständischer Glie¬ derung Widerstand zu leisten. Die einzelnen Punkte des Programms kommen fast durchweg darauf hinaus,^daß aus den Worten der Verfassung Wahrheit werde. Gre»jbote<IV. 1858. 20

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_266356/161>, abgerufen am 05.05.2024.