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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Belieben, ließe ihn aber auch gehen, wohin er wollte. Die Deutschen dächten
or daran, zuerst mit den Franzosen -- nicht blos mit dem Kaiser Napoleon!
vtthänanißvoller Irrthum! -- und mit den Russen, die freilich mit jenen
zusammenstehen dürften, sobald die Deutschen zusammcnstehn, sertig zu werden.
Später Italien gemeinschaftlich wiederzuholen, das wäre kein Kunststück!

Ist dieses das Rechte, so darf man das Rechte in Deutschland nicht mehr
für das Mögliche halten. Wenn wir darum die kriegerischen Verhältnisse
Deutschlands zu denen Frankreichs für die nächste Zukunft richtig beleuchten
Zollen, so müssen wir die unglücklicheren, aber wahrscheinlicheren Fülle ins
^uge fassen. Wir müssen annehmen, daß Preußen von Napoleon cmgegrif-
^u wird, untersuchen, was Preußens Mittel gegen die Frankreichs vermögen,
und in welcher Weise Preußen seine eignen Mittel durch diejenigen von Bun¬
des- und Kriegsgenossen in Deutschland und außer Deutschland Verstürken
könne.

Diesen Gesichtspunkt werden wir in einer Reihe nachfolgender Artikel fest¬
halten, in denen wir die eben beregten Dinge untersuchen wollen.


W. Nüstow.


Bilder aus der deutschen Vergangenheit.
Soldatenleben im dreißigjährigen Kriege.
2. (Schluß.)

Die Einführung der Feuerwaffen gab dem Aberglauben neues Ansehn
"ut weite Ausbreitung. Blitz und Knall des Gewehres und die fernhin
assende Kugel imponirten der Phantasie um so mehr, je weniger die un¬
vollkommene Waffe das Treffen sicherte. Tückisch und unberechenbar war der
^uf des tödtlichen Geschosses, immer ungenügender wurden die Schutzwaffen,
welche die neue Methode der Kriegführung ohnedies lästig machte. Zwar be¬
lästigt sich die Literatur der Reformationszeit nur selten mit dieser Art von
6"uber, sie wird erst um die Mitte des Jahrhunderts redselig, wo es gilt,
^e Zustände des Volkes zu schildern. In den Heeren aber war der Zauber-
Klnulien allgemein und verbreitet, fahrende Schüler und Zigeuner galten für
^ eifrigsten Verkäufer seiner Geheimnisses) eine Generation der Landsknechte
teilte ihn der nächsten mit, in Italien und den Heeren Karl des Fünften



Zimmermann, Bez-zur, Handschrist der H. Bibl. zu Gotha. nord. fol, No. S66.
Grcnzboren III. 13V9. 29

Belieben, ließe ihn aber auch gehen, wohin er wollte. Die Deutschen dächten
or daran, zuerst mit den Franzosen — nicht blos mit dem Kaiser Napoleon!
vtthänanißvoller Irrthum! — und mit den Russen, die freilich mit jenen
zusammenstehen dürften, sobald die Deutschen zusammcnstehn, sertig zu werden.
Später Italien gemeinschaftlich wiederzuholen, das wäre kein Kunststück!

Ist dieses das Rechte, so darf man das Rechte in Deutschland nicht mehr
für das Mögliche halten. Wenn wir darum die kriegerischen Verhältnisse
Deutschlands zu denen Frankreichs für die nächste Zukunft richtig beleuchten
Zollen, so müssen wir die unglücklicheren, aber wahrscheinlicheren Fülle ins
^uge fassen. Wir müssen annehmen, daß Preußen von Napoleon cmgegrif-
^u wird, untersuchen, was Preußens Mittel gegen die Frankreichs vermögen,
und in welcher Weise Preußen seine eignen Mittel durch diejenigen von Bun¬
des- und Kriegsgenossen in Deutschland und außer Deutschland Verstürken
könne.

Diesen Gesichtspunkt werden wir in einer Reihe nachfolgender Artikel fest¬
halten, in denen wir die eben beregten Dinge untersuchen wollen.


W. Nüstow.


Bilder aus der deutschen Vergangenheit.
Soldatenleben im dreißigjährigen Kriege.
2. (Schluß.)

Die Einführung der Feuerwaffen gab dem Aberglauben neues Ansehn
"ut weite Ausbreitung. Blitz und Knall des Gewehres und die fernhin
assende Kugel imponirten der Phantasie um so mehr, je weniger die un¬
vollkommene Waffe das Treffen sicherte. Tückisch und unberechenbar war der
^uf des tödtlichen Geschosses, immer ungenügender wurden die Schutzwaffen,
welche die neue Methode der Kriegführung ohnedies lästig machte. Zwar be¬
lästigt sich die Literatur der Reformationszeit nur selten mit dieser Art von
6"uber, sie wird erst um die Mitte des Jahrhunderts redselig, wo es gilt,
^e Zustände des Volkes zu schildern. In den Heeren aber war der Zauber-
Klnulien allgemein und verbreitet, fahrende Schüler und Zigeuner galten für
^ eifrigsten Verkäufer seiner Geheimnisses) eine Generation der Landsknechte
teilte ihn der nächsten mit, in Italien und den Heeren Karl des Fünften



Zimmermann, Bez-zur, Handschrist der H. Bibl. zu Gotha. nord. fol, No. S66.
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[0239] Belieben, ließe ihn aber auch gehen, wohin er wollte. Die Deutschen dächten or daran, zuerst mit den Franzosen — nicht blos mit dem Kaiser Napoleon! vtthänanißvoller Irrthum! — und mit den Russen, die freilich mit jenen zusammenstehen dürften, sobald die Deutschen zusammcnstehn, sertig zu werden. Später Italien gemeinschaftlich wiederzuholen, das wäre kein Kunststück! Ist dieses das Rechte, so darf man das Rechte in Deutschland nicht mehr für das Mögliche halten. Wenn wir darum die kriegerischen Verhältnisse Deutschlands zu denen Frankreichs für die nächste Zukunft richtig beleuchten Zollen, so müssen wir die unglücklicheren, aber wahrscheinlicheren Fülle ins ^uge fassen. Wir müssen annehmen, daß Preußen von Napoleon cmgegrif- ^u wird, untersuchen, was Preußens Mittel gegen die Frankreichs vermögen, und in welcher Weise Preußen seine eignen Mittel durch diejenigen von Bun¬ des- und Kriegsgenossen in Deutschland und außer Deutschland Verstürken könne. Diesen Gesichtspunkt werden wir in einer Reihe nachfolgender Artikel fest¬ halten, in denen wir die eben beregten Dinge untersuchen wollen. W. Nüstow. Bilder aus der deutschen Vergangenheit. Soldatenleben im dreißigjährigen Kriege. 2. (Schluß.) Die Einführung der Feuerwaffen gab dem Aberglauben neues Ansehn "ut weite Ausbreitung. Blitz und Knall des Gewehres und die fernhin assende Kugel imponirten der Phantasie um so mehr, je weniger die un¬ vollkommene Waffe das Treffen sicherte. Tückisch und unberechenbar war der ^uf des tödtlichen Geschosses, immer ungenügender wurden die Schutzwaffen, welche die neue Methode der Kriegführung ohnedies lästig machte. Zwar be¬ lästigt sich die Literatur der Reformationszeit nur selten mit dieser Art von 6"uber, sie wird erst um die Mitte des Jahrhunderts redselig, wo es gilt, ^e Zustände des Volkes zu schildern. In den Heeren aber war der Zauber- Klnulien allgemein und verbreitet, fahrende Schüler und Zigeuner galten für ^ eifrigsten Verkäufer seiner Geheimnisses) eine Generation der Landsknechte teilte ihn der nächsten mit, in Italien und den Heeren Karl des Fünften Zimmermann, Bez-zur, Handschrist der H. Bibl. zu Gotha. nord. fol, No. S66. Grcnzboren III. 13V9. 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/239>, abgerufen am 28.04.2024.