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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Die Vertheidigungsmittel Englands bei einem Angriff der
Franzosen.

Eine Macht, welche darnach trachtet, eine Rolle auf dem Ocean zu spie¬
ln, darf zwei Grundwahrheiten nicht aus den Augen verlieren, nämlich:
^uf dem Meer wird eine gut organisirte Seeartillerie für eine Flotte stets
erste Unterpfand des Erfolgs sein, und: Auf dem Lande wird diese Ar¬
terie noch lange das wesentliche Element der Vertheidigung der Küsten bil¬
den. Der Schutz des Gestades, dieser vom Meer bespülten Grenze, ist für
die Seevölker nicht weniger wichtig als die Unverletzlichkeit des Gebiets für
Nationen des Kontinents. Die Küsten ohne Vertheidigung zu lassen,
^ieße für die erstern ebenso viel als wenn die zweiten die Grenze offen lassen
Zollten. Der Schutz der Küsten ist für die Seemächte vielleicht sogar von
"°es dringenderen Interesse; denn in der Nähe des Meeres befinden sich
^wohnlich jene großen Handelsstädte und jene zahlreichen Bevölkerungen, de-
Reichthümer geschützt werden müssen und deren Subsistenzmittel keine
Unterbrechung erleiden dürfen. Ein Einfall von einigen tausend Feinden in
das Gebiet einer Continentalnation kann momentan eine oder zwei Provinzen
d^' Plünderung oder Verheerung unterwerfen. Diese Ueberrumpelung aber
^ird vor irgend einem festen Platze oder vor einem an Zahl überlegenen
^bservationscorps bald scheitern und hierbei werden ihre Folgen für die an¬
gegriffene Grenze gewöhnlich stehen bleiben. Nicht so ist es mit einem Sec-
^gnff, einer Landung oder einem Bombardement, einer Belagerung zur See
°der zu Lande. Diese Angriffe werden über den wehrlosen Küstenstrich die
^ößten Calamitäten verbreiten. In wenigen Stunden können beträchtliche
Lotten und unermeßliche Schätze an Waaren und Lebensmittelvorräthcn aller
die Beute der Flammen oder des Siegers werden und der National-
partei einen furchtbaren Schlag erleiden.-

Bei einem Jnselvolk wie die Engländer läßt sich ganz natürlich voraus
^^n, daß diese großen Principien besser und schneller verstanden worden


Grenzboten III. 1859. 56
Die Vertheidigungsmittel Englands bei einem Angriff der
Franzosen.

Eine Macht, welche darnach trachtet, eine Rolle auf dem Ocean zu spie¬
ln, darf zwei Grundwahrheiten nicht aus den Augen verlieren, nämlich:
^uf dem Meer wird eine gut organisirte Seeartillerie für eine Flotte stets
erste Unterpfand des Erfolgs sein, und: Auf dem Lande wird diese Ar¬
terie noch lange das wesentliche Element der Vertheidigung der Küsten bil¬
den. Der Schutz des Gestades, dieser vom Meer bespülten Grenze, ist für
die Seevölker nicht weniger wichtig als die Unverletzlichkeit des Gebiets für
Nationen des Kontinents. Die Küsten ohne Vertheidigung zu lassen,
^ieße für die erstern ebenso viel als wenn die zweiten die Grenze offen lassen
Zollten. Der Schutz der Küsten ist für die Seemächte vielleicht sogar von
"°es dringenderen Interesse; denn in der Nähe des Meeres befinden sich
^wohnlich jene großen Handelsstädte und jene zahlreichen Bevölkerungen, de-
Reichthümer geschützt werden müssen und deren Subsistenzmittel keine
Unterbrechung erleiden dürfen. Ein Einfall von einigen tausend Feinden in
das Gebiet einer Continentalnation kann momentan eine oder zwei Provinzen
d^' Plünderung oder Verheerung unterwerfen. Diese Ueberrumpelung aber
^ird vor irgend einem festen Platze oder vor einem an Zahl überlegenen
^bservationscorps bald scheitern und hierbei werden ihre Folgen für die an¬
gegriffene Grenze gewöhnlich stehen bleiben. Nicht so ist es mit einem Sec-
^gnff, einer Landung oder einem Bombardement, einer Belagerung zur See
°der zu Lande. Diese Angriffe werden über den wehrlosen Küstenstrich die
^ößten Calamitäten verbreiten. In wenigen Stunden können beträchtliche
Lotten und unermeßliche Schätze an Waaren und Lebensmittelvorräthcn aller
die Beute der Flammen oder des Siegers werden und der National-
partei einen furchtbaren Schlag erleiden.-

Bei einem Jnselvolk wie die Engländer läßt sich ganz natürlich voraus
^^n, daß diese großen Principien besser und schneller verstanden worden


Grenzboten III. 1859. 56
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[0455] Die Vertheidigungsmittel Englands bei einem Angriff der Franzosen. Eine Macht, welche darnach trachtet, eine Rolle auf dem Ocean zu spie¬ ln, darf zwei Grundwahrheiten nicht aus den Augen verlieren, nämlich: ^uf dem Meer wird eine gut organisirte Seeartillerie für eine Flotte stets erste Unterpfand des Erfolgs sein, und: Auf dem Lande wird diese Ar¬ terie noch lange das wesentliche Element der Vertheidigung der Küsten bil¬ den. Der Schutz des Gestades, dieser vom Meer bespülten Grenze, ist für die Seevölker nicht weniger wichtig als die Unverletzlichkeit des Gebiets für Nationen des Kontinents. Die Küsten ohne Vertheidigung zu lassen, ^ieße für die erstern ebenso viel als wenn die zweiten die Grenze offen lassen Zollten. Der Schutz der Küsten ist für die Seemächte vielleicht sogar von "°es dringenderen Interesse; denn in der Nähe des Meeres befinden sich ^wohnlich jene großen Handelsstädte und jene zahlreichen Bevölkerungen, de- Reichthümer geschützt werden müssen und deren Subsistenzmittel keine Unterbrechung erleiden dürfen. Ein Einfall von einigen tausend Feinden in das Gebiet einer Continentalnation kann momentan eine oder zwei Provinzen d^' Plünderung oder Verheerung unterwerfen. Diese Ueberrumpelung aber ^ird vor irgend einem festen Platze oder vor einem an Zahl überlegenen ^bservationscorps bald scheitern und hierbei werden ihre Folgen für die an¬ gegriffene Grenze gewöhnlich stehen bleiben. Nicht so ist es mit einem Sec- ^gnff, einer Landung oder einem Bombardement, einer Belagerung zur See °der zu Lande. Diese Angriffe werden über den wehrlosen Küstenstrich die ^ößten Calamitäten verbreiten. In wenigen Stunden können beträchtliche Lotten und unermeßliche Schätze an Waaren und Lebensmittelvorräthcn aller die Beute der Flammen oder des Siegers werden und der National- partei einen furchtbaren Schlag erleiden.- Bei einem Jnselvolk wie die Engländer läßt sich ganz natürlich voraus ^^n, daß diese großen Principien besser und schneller verstanden worden Grenzboten III. 1859. 56

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/455>, abgerufen am 28.04.2024.