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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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dem Thale hatten hängen sehen. Um 7 Uhr traf die ganze Cavalcade wieder
in Luchon ein, die Führer machten mit ihren Peitschen ein förmliches Con¬
cert, und alles lies herbei, um unsern Einzug zu sehen. Ich brauche wohl
nicht die Versicherung hinzuzufügen, daß mein Mahl mir trefflich schmeckte
und daß ich noch besser schlief, nachdem ich zehn Stunden geklettert und
fünf zu Pferde gewesen war.




Aktiengesellschaften im Alterthum.

Insofern man unter Aktien verkäufliche Verbriefungen über den Geld¬
antheil versteht, welchen Jemand an einer gemeinschaftlichen Unternehmung
Mehrerer hat, kann freilich ebensowenig von ihnen in der Zeit vor der Ent¬
stehung des neuen Geldwesens die Rede sein, wie von eigentlichen Wechseln
(s. Jahrg. XVII. N. 13.); wenn man aber findet, daß bereits bei Griechen
und Römern sich ganze Gesellschaften vereinigt haben, in welchen Jeder nach
Verhältniß des von ihm eingeschossenen Kapitals seinen Antheil am Gewinn
(Dividende) bekam und an welchen eine ziemlich ausgebildete Organisation
der Verwaltung nicht zu verkennen ist, so dürfen dieselben dennoch einen Ver¬
gleich mit den modernen Akticncompagnien aushalten. -- Bei den Athenern
bot der Staat selbst dem Unternehmungsgeiste vielfache Gelegenheit dar,
indem er Staatsgüter, Steuern und Zölle nicht durch seine eigenen Beamte
erheben ließ, sondern verpachtete. Unter den Staatsbesitzungen waren es vor¬
züglich die Bergwerke, die sür eine verhältnißmäßige Summe als Pacht¬
preis und außerdem 4V° Prozent als jährliche 'Abgabe einzelnen reichen
Bürgern, aber auch Gesellschaften überlassen wurden. Nach einer freilich nur
oberflächlichen Andeutung bei Demosthenes scheint im zweiten Falle der
Werth eines Grubenantheils sich durchschnittlich auf ein Talent (1500 Thr.)
belaufen zu haben. Da der Gewinn des Staates, welcher bis zur Zeit der
Perserkriege unter die Bürger vertheilt wurde, unter Themistokles gegen
50000 Thlr. betrug, so ergibt sich als jährliche Ausbeute der Pächter ungefähr
die Summe von 1,150,000 Thalern. Die Ergiebigkeit der Gruben, besonders
der berühmten lauriotischen im Süden des Landes, war jedoch schon nach
dem peloponnesischen Kriege im Abnehmen begriffen. Außer dem Mangel an
Betriebskapital und der UnVollkommenheit des Schmelzverfahrens scheint be-


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dem Thale hatten hängen sehen. Um 7 Uhr traf die ganze Cavalcade wieder
in Luchon ein, die Führer machten mit ihren Peitschen ein förmliches Con¬
cert, und alles lies herbei, um unsern Einzug zu sehen. Ich brauche wohl
nicht die Versicherung hinzuzufügen, daß mein Mahl mir trefflich schmeckte
und daß ich noch besser schlief, nachdem ich zehn Stunden geklettert und
fünf zu Pferde gewesen war.




Aktiengesellschaften im Alterthum.

Insofern man unter Aktien verkäufliche Verbriefungen über den Geld¬
antheil versteht, welchen Jemand an einer gemeinschaftlichen Unternehmung
Mehrerer hat, kann freilich ebensowenig von ihnen in der Zeit vor der Ent¬
stehung des neuen Geldwesens die Rede sein, wie von eigentlichen Wechseln
(s. Jahrg. XVII. N. 13.); wenn man aber findet, daß bereits bei Griechen
und Römern sich ganze Gesellschaften vereinigt haben, in welchen Jeder nach
Verhältniß des von ihm eingeschossenen Kapitals seinen Antheil am Gewinn
(Dividende) bekam und an welchen eine ziemlich ausgebildete Organisation
der Verwaltung nicht zu verkennen ist, so dürfen dieselben dennoch einen Ver¬
gleich mit den modernen Akticncompagnien aushalten. — Bei den Athenern
bot der Staat selbst dem Unternehmungsgeiste vielfache Gelegenheit dar,
indem er Staatsgüter, Steuern und Zölle nicht durch seine eigenen Beamte
erheben ließ, sondern verpachtete. Unter den Staatsbesitzungen waren es vor¬
züglich die Bergwerke, die sür eine verhältnißmäßige Summe als Pacht¬
preis und außerdem 4V° Prozent als jährliche 'Abgabe einzelnen reichen
Bürgern, aber auch Gesellschaften überlassen wurden. Nach einer freilich nur
oberflächlichen Andeutung bei Demosthenes scheint im zweiten Falle der
Werth eines Grubenantheils sich durchschnittlich auf ein Talent (1500 Thr.)
belaufen zu haben. Da der Gewinn des Staates, welcher bis zur Zeit der
Perserkriege unter die Bürger vertheilt wurde, unter Themistokles gegen
50000 Thlr. betrug, so ergibt sich als jährliche Ausbeute der Pächter ungefähr
die Summe von 1,150,000 Thalern. Die Ergiebigkeit der Gruben, besonders
der berühmten lauriotischen im Süden des Landes, war jedoch schon nach
dem peloponnesischen Kriege im Abnehmen begriffen. Außer dem Mangel an
Betriebskapital und der UnVollkommenheit des Schmelzverfahrens scheint be-


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[0399] dem Thale hatten hängen sehen. Um 7 Uhr traf die ganze Cavalcade wieder in Luchon ein, die Führer machten mit ihren Peitschen ein förmliches Con¬ cert, und alles lies herbei, um unsern Einzug zu sehen. Ich brauche wohl nicht die Versicherung hinzuzufügen, daß mein Mahl mir trefflich schmeckte und daß ich noch besser schlief, nachdem ich zehn Stunden geklettert und fünf zu Pferde gewesen war. Aktiengesellschaften im Alterthum. Insofern man unter Aktien verkäufliche Verbriefungen über den Geld¬ antheil versteht, welchen Jemand an einer gemeinschaftlichen Unternehmung Mehrerer hat, kann freilich ebensowenig von ihnen in der Zeit vor der Ent¬ stehung des neuen Geldwesens die Rede sein, wie von eigentlichen Wechseln (s. Jahrg. XVII. N. 13.); wenn man aber findet, daß bereits bei Griechen und Römern sich ganze Gesellschaften vereinigt haben, in welchen Jeder nach Verhältniß des von ihm eingeschossenen Kapitals seinen Antheil am Gewinn (Dividende) bekam und an welchen eine ziemlich ausgebildete Organisation der Verwaltung nicht zu verkennen ist, so dürfen dieselben dennoch einen Ver¬ gleich mit den modernen Akticncompagnien aushalten. — Bei den Athenern bot der Staat selbst dem Unternehmungsgeiste vielfache Gelegenheit dar, indem er Staatsgüter, Steuern und Zölle nicht durch seine eigenen Beamte erheben ließ, sondern verpachtete. Unter den Staatsbesitzungen waren es vor¬ züglich die Bergwerke, die sür eine verhältnißmäßige Summe als Pacht¬ preis und außerdem 4V° Prozent als jährliche 'Abgabe einzelnen reichen Bürgern, aber auch Gesellschaften überlassen wurden. Nach einer freilich nur oberflächlichen Andeutung bei Demosthenes scheint im zweiten Falle der Werth eines Grubenantheils sich durchschnittlich auf ein Talent (1500 Thr.) belaufen zu haben. Da der Gewinn des Staates, welcher bis zur Zeit der Perserkriege unter die Bürger vertheilt wurde, unter Themistokles gegen 50000 Thlr. betrug, so ergibt sich als jährliche Ausbeute der Pächter ungefähr die Summe von 1,150,000 Thalern. Die Ergiebigkeit der Gruben, besonders der berühmten lauriotischen im Süden des Landes, war jedoch schon nach dem peloponnesischen Kriege im Abnehmen begriffen. Außer dem Mangel an Betriebskapital und der UnVollkommenheit des Schmelzverfahrens scheint be- 49*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/399>, abgerufen am 29.04.2024.