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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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Aufstand in Syrien gegen Ibrahim Pascha, der von vielen Seiten englischem
Einflüsse zugeschrieben wurde, kam ihm zu Hülfe. Guizot findet sich mehr und
mehr vereinsamt, er sieht die Katastrophe herannahen, auch Thiers wird in
seiner Sicherheit wankend. In einem Schreiben an Guizot vom 16. Juli hat
er nur noch den Trost, daß die Engländer sich in ein gefährliches Unternehmen
einlassen, daß eine Jsolirung von Frankreich (er glaubt also endlich an die¬
selbe) für sie folgenreicher sein würde, als sie sich einbilden, daß man sich
übrigens aber nicht einschüchtern lassen dürfe. Beim Beginn des Conflicts
habe man eine andere Haltung wählen können, seit der Note vom 27. Juli
1839 sei dies nicht mehr möglich. Am 17. Juli erhält Guizot von Palme"
ston die Mittheilung, daß am 15. Juli der Vertrag zwischen der Pforte und
den vier Mächten abgeschlossen sei.

Eine Betrachtung des Vertrags und seiner Ausführung so wie einige all¬
gemeine Bemerkungen über die Krisis behalten wir einem folgenden Artikel vor.


2.


Römisches Strahenleben.

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(Geschrieben im

Will man Roms elegante Damenwelt in der Nähe bewundern, so muß
man Sonntags in den Mittagsstunden den Corso besuchen.

Die Römerin geht sehr gewissenhaft jeden Sonntag in die Messe. Wenn
solche beendigt ist, rauscht sie in den schweren Stoffen ihrer kostbaren Toilette,
das saubergebundene Meßbuch in der tadellos behandschuhten Hand, den Corso
einige Mal auf und ab -- nie allein, sondern entweder in Begleitung ihres
Mannes oder von Mutter und Tochter. Es sind stolze Weiber mit dem Blick
und dem Gang von Königinnen.

Es gehört in diesen Stunden nicht zum guten Ton, auf dem Corso zu
fahren; nur Fremde verstoßen dagegen zuweilen. Aber die jungen und alten
Flaneurs stehen an den Straßenecken, lassen die beau morus an sich vorüver-
wallen und rauchen ihre feuchten, qualmenden Seckel.


Aufstand in Syrien gegen Ibrahim Pascha, der von vielen Seiten englischem
Einflüsse zugeschrieben wurde, kam ihm zu Hülfe. Guizot findet sich mehr und
mehr vereinsamt, er sieht die Katastrophe herannahen, auch Thiers wird in
seiner Sicherheit wankend. In einem Schreiben an Guizot vom 16. Juli hat
er nur noch den Trost, daß die Engländer sich in ein gefährliches Unternehmen
einlassen, daß eine Jsolirung von Frankreich (er glaubt also endlich an die¬
selbe) für sie folgenreicher sein würde, als sie sich einbilden, daß man sich
übrigens aber nicht einschüchtern lassen dürfe. Beim Beginn des Conflicts
habe man eine andere Haltung wählen können, seit der Note vom 27. Juli
1839 sei dies nicht mehr möglich. Am 17. Juli erhält Guizot von Palme»
ston die Mittheilung, daß am 15. Juli der Vertrag zwischen der Pforte und
den vier Mächten abgeschlossen sei.

Eine Betrachtung des Vertrags und seiner Ausführung so wie einige all¬
gemeine Bemerkungen über die Krisis behalten wir einem folgenden Artikel vor.


2.


Römisches Strahenleben.

^j^M »«w-im^ ?^
(Geschrieben im

Will man Roms elegante Damenwelt in der Nähe bewundern, so muß
man Sonntags in den Mittagsstunden den Corso besuchen.

Die Römerin geht sehr gewissenhaft jeden Sonntag in die Messe. Wenn
solche beendigt ist, rauscht sie in den schweren Stoffen ihrer kostbaren Toilette,
das saubergebundene Meßbuch in der tadellos behandschuhten Hand, den Corso
einige Mal auf und ab — nie allein, sondern entweder in Begleitung ihres
Mannes oder von Mutter und Tochter. Es sind stolze Weiber mit dem Blick
und dem Gang von Königinnen.

Es gehört in diesen Stunden nicht zum guten Ton, auf dem Corso zu
fahren; nur Fremde verstoßen dagegen zuweilen. Aber die jungen und alten
Flaneurs stehen an den Straßenecken, lassen die beau morus an sich vorüver-
wallen und rauchen ihre feuchten, qualmenden Seckel.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/16>, abgerufen am 28.04.2024.