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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band.

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walteten Sumpflandes voll Schlammlöchcr ausgebreitet, endlich alle Tage sein
Niveau und Bett aus das Launenhafteste ändernd, zerstörte er unaufhörlich die
Arbeit des vorhergehenden Tages, eine sehr beschwerliche, unter glühender Sonne
und oft unter dem feindlichen Feuer vollbrachte Arbeit.

So verflossen die Tage, die kostbaren Tage! Vielleicht, sagen wir es frei
heraus, hatte man es auch .nicht so eilig mit dem Handeln, wie man es hätte
haben sollen. Auf den Feind loszugehen, ihn auf seinem Gebiet anzugreifen,
war ein keckes Unterfangen, war ein wenig gegen die Gewohnheiten eines
amerikanischen Heeres. Man liebt hier vor Allem den methodischen Krieg, der
sich langsam und vorsichtig bewegt und nichts dem Zufall überläßt. Diese
Langsamkeit liegt im Nationalcharakter, und sie ist den Generalen' auch bis zu
einem gewissen Grad durch die Natur ihrer Truppen geboten. Diese Truppen
sind sehr tapfer, aber, wie wir uns schon zu zeigen bemühten, das Band des
Gehorsams ist bei ihnen sehr schwach, und so ist man nie sicher, daß sie genau
ausführen, was man will. Die Willensmeinungen der Individuen, launisch
wie die Majoritäten im Volk, spielen hierbei eine zu große Rolle. Der Führer
ist genöthigt, sich umzusehen, ob man ihm auch folgt, er hat nicht das Ver¬
trauen, daß seine Untergebenen an ihn durch das Band der Mannszucht und
der Pflicht gefesselt sind. Daher stetes Zögern und in Folge dessen ungünstige
Verhältnisse, wenn es gilt, einen kühnen Schlag auszuführen.

(Schluß in nächster Nummer.)




Kurhessische Briefe.
2.

In der Zwischenzeit hat das Ministerium seinen Abschied eingereicht und
erhalten, und die Stände sind vertagt. Schon am Schlüsse unserer letzten
Mittheilung wurde erwähnt, daß die Minister weiter gehende Zugeständnisse
an die Landesvertretung für nothwendig hielten als der Kurfürst; namentlich
auch die Budgetvorlage. In diesem Streit des Kurfürsten mit seinen Ministern
über das Maß der Zugeständnisse sind die letzteren unterlegen. Die nächste


walteten Sumpflandes voll Schlammlöchcr ausgebreitet, endlich alle Tage sein
Niveau und Bett aus das Launenhafteste ändernd, zerstörte er unaufhörlich die
Arbeit des vorhergehenden Tages, eine sehr beschwerliche, unter glühender Sonne
und oft unter dem feindlichen Feuer vollbrachte Arbeit.

So verflossen die Tage, die kostbaren Tage! Vielleicht, sagen wir es frei
heraus, hatte man es auch .nicht so eilig mit dem Handeln, wie man es hätte
haben sollen. Auf den Feind loszugehen, ihn auf seinem Gebiet anzugreifen,
war ein keckes Unterfangen, war ein wenig gegen die Gewohnheiten eines
amerikanischen Heeres. Man liebt hier vor Allem den methodischen Krieg, der
sich langsam und vorsichtig bewegt und nichts dem Zufall überläßt. Diese
Langsamkeit liegt im Nationalcharakter, und sie ist den Generalen' auch bis zu
einem gewissen Grad durch die Natur ihrer Truppen geboten. Diese Truppen
sind sehr tapfer, aber, wie wir uns schon zu zeigen bemühten, das Band des
Gehorsams ist bei ihnen sehr schwach, und so ist man nie sicher, daß sie genau
ausführen, was man will. Die Willensmeinungen der Individuen, launisch
wie die Majoritäten im Volk, spielen hierbei eine zu große Rolle. Der Führer
ist genöthigt, sich umzusehen, ob man ihm auch folgt, er hat nicht das Ver¬
trauen, daß seine Untergebenen an ihn durch das Band der Mannszucht und
der Pflicht gefesselt sind. Daher stetes Zögern und in Folge dessen ungünstige
Verhältnisse, wenn es gilt, einen kühnen Schlag auszuführen.

(Schluß in nächster Nummer.)




Kurhessische Briefe.
2.

In der Zwischenzeit hat das Ministerium seinen Abschied eingereicht und
erhalten, und die Stände sind vertagt. Schon am Schlüsse unserer letzten
Mittheilung wurde erwähnt, daß die Minister weiter gehende Zugeständnisse
an die Landesvertretung für nothwendig hielten als der Kurfürst; namentlich
auch die Budgetvorlage. In diesem Streit des Kurfürsten mit seinen Ministern
über das Maß der Zugeständnisse sind die letzteren unterlegen. Die nächste


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[0443] walteten Sumpflandes voll Schlammlöchcr ausgebreitet, endlich alle Tage sein Niveau und Bett aus das Launenhafteste ändernd, zerstörte er unaufhörlich die Arbeit des vorhergehenden Tages, eine sehr beschwerliche, unter glühender Sonne und oft unter dem feindlichen Feuer vollbrachte Arbeit. So verflossen die Tage, die kostbaren Tage! Vielleicht, sagen wir es frei heraus, hatte man es auch .nicht so eilig mit dem Handeln, wie man es hätte haben sollen. Auf den Feind loszugehen, ihn auf seinem Gebiet anzugreifen, war ein keckes Unterfangen, war ein wenig gegen die Gewohnheiten eines amerikanischen Heeres. Man liebt hier vor Allem den methodischen Krieg, der sich langsam und vorsichtig bewegt und nichts dem Zufall überläßt. Diese Langsamkeit liegt im Nationalcharakter, und sie ist den Generalen' auch bis zu einem gewissen Grad durch die Natur ihrer Truppen geboten. Diese Truppen sind sehr tapfer, aber, wie wir uns schon zu zeigen bemühten, das Band des Gehorsams ist bei ihnen sehr schwach, und so ist man nie sicher, daß sie genau ausführen, was man will. Die Willensmeinungen der Individuen, launisch wie die Majoritäten im Volk, spielen hierbei eine zu große Rolle. Der Führer ist genöthigt, sich umzusehen, ob man ihm auch folgt, er hat nicht das Ver¬ trauen, daß seine Untergebenen an ihn durch das Band der Mannszucht und der Pflicht gefesselt sind. Daher stetes Zögern und in Folge dessen ungünstige Verhältnisse, wenn es gilt, einen kühnen Schlag auszuführen. (Schluß in nächster Nummer.) Kurhessische Briefe. 2. In der Zwischenzeit hat das Ministerium seinen Abschied eingereicht und erhalten, und die Stände sind vertagt. Schon am Schlüsse unserer letzten Mittheilung wurde erwähnt, daß die Minister weiter gehende Zugeständnisse an die Landesvertretung für nothwendig hielten als der Kurfürst; namentlich auch die Budgetvorlage. In diesem Streit des Kurfürsten mit seinen Ministern über das Maß der Zugeständnisse sind die letzteren unterlegen. Die nächste

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_114855/443>, abgerufen am 29.04.2024.