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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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cher damals das in holländischem Sold stehende herzogliche Hilfscorps in Ma¬
stricht befehligte. Der Herzog schenkte diesem Militär verdientes Vertrauen und
hielt ihn fortwährend in Kenntniß über seine Unternehmungen. Von wichtigen
Ackerstücken bekam Riedesel Abschrift. So auch von dem vorliegenden Plane.
Den militärischen Werth desselben zu würdigen, muß Fachmännern überlassen
werden, die politischen Urtheile des Exposes jedoch haben auch im weiteren
Kreise auf Interesse Anspruch. -- Die wirkliche Kriegsführung des Jahres 1794
konnte die Hoffnungen des Herzogs bekanntlich nicht rechtfertigen, da sie seine
Voraussetzungen zum wichtigsten Theile unerfüllt ließ. Die treue Mahnung des
Soldaten hat nichts mehr an der schiefen Ebene geändert, auf welcher die
Unternehmung der innerlich gesprengten Coalition unaufhaltsam abwärts glitt.

Operationsplan pro 1794.

Das mir von Ew. Majestät anvertraute Kommando über allerhöchst der"
Armee macht mir's zur Pflicht, bei dem nunmehro beendigten Feldzug meine
Betrachtung über dasjenige, was in der heurigen Campagne geschehen ist, und
was künftig geschehen kann, selbst ohne Aufforderung zu unterlegen.

Und wenn diese Betrachtungen sich nicht auf die Operationen der mir an¬
vertrauten, und mit ihr vereinigten alliirten Armeen in den niederländischen
Provinzen beschränken, wenn ich auch die Bestimmung der königlich preußischen
und des wurmserischen eorxs ä's,rin6ö darunter begreife, so geruhen Ew. Ma¬
jestät mir diese Ausdehnung zu gute zu halten, weil ich mich nicht anders über¬
zeugen kann, als daß wir alle zu einem und demselben Endzweck arbeiten
müssen, daß dieser Endzweck alle mögliche und vielleicht mehr als mögliche An¬
strengungen fordert und daß alle Unternehmungen, sie mögen im Einzelnen noch
so ruhmvoll und einträglich scheinen, höchst schädlich sind, wenn sie nicht dem
Hauptzweck anpassend und beförderlich sein können. Diese Ueberzeugung ist in
mir so lebendig, daß ich selbe allen in diesen Krieg verwickelten Souveräns ans
Herz zu legen wünschte und dafür halte, es könne unmöglich, auch mit dem
äußersten Aufwand von Menschen und Kosten, wahres Gedeihen der Operationen
erlangt werden, so lange nicht alle kriegführenden Mächte zum unabänderlichen
Grundsah annehmen, daß sie nur ihrer Selbsterhaltung willen verbunden sind,
mit Anstrengung ihrer möglichsten Kräfte Frankreich zum Frieden zu zwingen,
daß dieses Ziel der einzige jedem gleich wichtige Centralpunkt aller Anstalten
und Unternehmungen sein und bleiben muß. daß folglich an keine particuläre
Eroberung zu denken, keine Entschädigung zu berechnen ist, sondern daß wenn
einmal Frankreich bezwungen sein wird, demselbigen Ansprüche zum Gesetz vor¬
geschrieben werden können, welche die verschiedenen Souveräns ihrer zu fördern
habenden Genugthuung ihrer Staaten und ihrer eigenen Absichten angemessen
finden.


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cher damals das in holländischem Sold stehende herzogliche Hilfscorps in Ma¬
stricht befehligte. Der Herzog schenkte diesem Militär verdientes Vertrauen und
hielt ihn fortwährend in Kenntniß über seine Unternehmungen. Von wichtigen
Ackerstücken bekam Riedesel Abschrift. So auch von dem vorliegenden Plane.
Den militärischen Werth desselben zu würdigen, muß Fachmännern überlassen
werden, die politischen Urtheile des Exposes jedoch haben auch im weiteren
Kreise auf Interesse Anspruch. — Die wirkliche Kriegsführung des Jahres 1794
konnte die Hoffnungen des Herzogs bekanntlich nicht rechtfertigen, da sie seine
Voraussetzungen zum wichtigsten Theile unerfüllt ließ. Die treue Mahnung des
Soldaten hat nichts mehr an der schiefen Ebene geändert, auf welcher die
Unternehmung der innerlich gesprengten Coalition unaufhaltsam abwärts glitt.

Operationsplan pro 1794.

Das mir von Ew. Majestät anvertraute Kommando über allerhöchst der»
Armee macht mir's zur Pflicht, bei dem nunmehro beendigten Feldzug meine
Betrachtung über dasjenige, was in der heurigen Campagne geschehen ist, und
was künftig geschehen kann, selbst ohne Aufforderung zu unterlegen.

Und wenn diese Betrachtungen sich nicht auf die Operationen der mir an¬
vertrauten, und mit ihr vereinigten alliirten Armeen in den niederländischen
Provinzen beschränken, wenn ich auch die Bestimmung der königlich preußischen
und des wurmserischen eorxs ä's,rin6ö darunter begreife, so geruhen Ew. Ma¬
jestät mir diese Ausdehnung zu gute zu halten, weil ich mich nicht anders über¬
zeugen kann, als daß wir alle zu einem und demselben Endzweck arbeiten
müssen, daß dieser Endzweck alle mögliche und vielleicht mehr als mögliche An¬
strengungen fordert und daß alle Unternehmungen, sie mögen im Einzelnen noch
so ruhmvoll und einträglich scheinen, höchst schädlich sind, wenn sie nicht dem
Hauptzweck anpassend und beförderlich sein können. Diese Ueberzeugung ist in
mir so lebendig, daß ich selbe allen in diesen Krieg verwickelten Souveräns ans
Herz zu legen wünschte und dafür halte, es könne unmöglich, auch mit dem
äußersten Aufwand von Menschen und Kosten, wahres Gedeihen der Operationen
erlangt werden, so lange nicht alle kriegführenden Mächte zum unabänderlichen
Grundsah annehmen, daß sie nur ihrer Selbsterhaltung willen verbunden sind,
mit Anstrengung ihrer möglichsten Kräfte Frankreich zum Frieden zu zwingen,
daß dieses Ziel der einzige jedem gleich wichtige Centralpunkt aller Anstalten
und Unternehmungen sein und bleiben muß. daß folglich an keine particuläre
Eroberung zu denken, keine Entschädigung zu berechnen ist, sondern daß wenn
einmal Frankreich bezwungen sein wird, demselbigen Ansprüche zum Gesetz vor¬
geschrieben werden können, welche die verschiedenen Souveräns ihrer zu fördern
habenden Genugthuung ihrer Staaten und ihrer eigenen Absichten angemessen
finden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/533>, abgerufen am 29.04.2024.