Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

unsere Zeit, so stolz auf den Fortschritt der Mechanik und im Besitz ganz
anderer Mittel, als die Alten hatten, z. B. der Dampfkraft, selbst für große
Städte in dieser Hinsicht bei weitem nicht das leistet, was die Römer selbst
für die kleinsten Orte unter den erheblichsten Schwierigkeiten geleistet haben.
Das alte Lyon, sagt er, lag auf einer Höhe und war reichlich versorgt mit
reinem und gesundem Quellwasser; das neue Lyon liegt in der Ebene, zwi¬
schen zwei Flüssen, die es überschwemmen ohne ihm Trinkwasser zu gewähren,
und muß sich mit stinkendem Wasser, unreinen Gräben und ungesunder
Luft begnügen." Solche Bemerkungen, die zur Ermäßigung unsers Stolzes
auf die Niesenfortschritte der modernen Cultur auffordern, findet der Forscher
des römischen Alterthums nicht selten zu machen Gelegenheit. Möge denn
dies treffliche Werk, das von allen, die für das römische Alterthum Interesse
haben, nicht blos gelesen, sondern studirt zu werden verdient, in weitem
Kreise richtigere, vollere und lebendigere Anschauungen von einer ebenso wich¬
tigen als bisher noch so unvollkommen gekannten und gewürdigten Seite der
römischen Cultur verbreiten.


Ludwig Friedländer.


norddeutsche Kriegsmarine.
Erwerbung und Neubau von Panzerschiffen.

Wenn es als ein Glück zu betrachten ist, daß der preußischen Flotte die
Erwerbung der Panzerfregatte "König Wilhelm" möglich geworden ist, so
möchten wir es für kein Unglück halten, daß der beabsichtigte Ankauf andrer
Panzerschiffe sich nicht realisirt hat, und daß unser Geld für den Neubau
von Schiffen nach neueren Systemen erhalten worden ist. Schon früher ist ein
Bedenken dagegen ausgesprochen worden, Panzerschiffe von fremden Regie¬
rungen zu kaufen; denn wenn die fraglichen Schiffe etwas taugen, so kann
man fast immer annehmen, daß die betreffende Regierung sie lieber selbst be¬
halten wird. Es war deshalb auch vor einiger Zeit keine frohe Nachricht,
daß die preußische Regierung beabsichtige, das amerikanische Panzerschiff
"Dunderberg" anzukaufen, dessen Ruf einer der glänzendsten Beweise dafür
ist, was amerikanische Reclame zu leisten vermag. Wenn die Plattensabrica-
tion der Amerikaner meistens etwas zu wünschen übrig läßt, so treten bei
dem "Dunderberg" noch schwere Bedenken gegen die Construction hinzu.
Der "Dunderberg" ist ein Schiff des Kasemattensystems, welches weder die


unsere Zeit, so stolz auf den Fortschritt der Mechanik und im Besitz ganz
anderer Mittel, als die Alten hatten, z. B. der Dampfkraft, selbst für große
Städte in dieser Hinsicht bei weitem nicht das leistet, was die Römer selbst
für die kleinsten Orte unter den erheblichsten Schwierigkeiten geleistet haben.
Das alte Lyon, sagt er, lag auf einer Höhe und war reichlich versorgt mit
reinem und gesundem Quellwasser; das neue Lyon liegt in der Ebene, zwi¬
schen zwei Flüssen, die es überschwemmen ohne ihm Trinkwasser zu gewähren,
und muß sich mit stinkendem Wasser, unreinen Gräben und ungesunder
Luft begnügen." Solche Bemerkungen, die zur Ermäßigung unsers Stolzes
auf die Niesenfortschritte der modernen Cultur auffordern, findet der Forscher
des römischen Alterthums nicht selten zu machen Gelegenheit. Möge denn
dies treffliche Werk, das von allen, die für das römische Alterthum Interesse
haben, nicht blos gelesen, sondern studirt zu werden verdient, in weitem
Kreise richtigere, vollere und lebendigere Anschauungen von einer ebenso wich¬
tigen als bisher noch so unvollkommen gekannten und gewürdigten Seite der
römischen Cultur verbreiten.


Ludwig Friedländer.


norddeutsche Kriegsmarine.
Erwerbung und Neubau von Panzerschiffen.

Wenn es als ein Glück zu betrachten ist, daß der preußischen Flotte die
Erwerbung der Panzerfregatte „König Wilhelm" möglich geworden ist, so
möchten wir es für kein Unglück halten, daß der beabsichtigte Ankauf andrer
Panzerschiffe sich nicht realisirt hat, und daß unser Geld für den Neubau
von Schiffen nach neueren Systemen erhalten worden ist. Schon früher ist ein
Bedenken dagegen ausgesprochen worden, Panzerschiffe von fremden Regie¬
rungen zu kaufen; denn wenn die fraglichen Schiffe etwas taugen, so kann
man fast immer annehmen, daß die betreffende Regierung sie lieber selbst be¬
halten wird. Es war deshalb auch vor einiger Zeit keine frohe Nachricht,
daß die preußische Regierung beabsichtige, das amerikanische Panzerschiff
„Dunderberg" anzukaufen, dessen Ruf einer der glänzendsten Beweise dafür
ist, was amerikanische Reclame zu leisten vermag. Wenn die Plattensabrica-
tion der Amerikaner meistens etwas zu wünschen übrig läßt, so treten bei
dem „Dunderberg" noch schwere Bedenken gegen die Construction hinzu.
Der „Dunderberg" ist ein Schiff des Kasemattensystems, welches weder die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/117228"/>
          <p xml:id="ID_589" prev="#ID_588"> unsere Zeit, so stolz auf den Fortschritt der Mechanik und im Besitz ganz<lb/>
anderer Mittel, als die Alten hatten, z. B. der Dampfkraft, selbst für große<lb/>
Städte in dieser Hinsicht bei weitem nicht das leistet, was die Römer selbst<lb/>
für die kleinsten Orte unter den erheblichsten Schwierigkeiten geleistet haben.<lb/>
Das alte Lyon, sagt er, lag auf einer Höhe und war reichlich versorgt mit<lb/>
reinem und gesundem Quellwasser; das neue Lyon liegt in der Ebene, zwi¬<lb/>
schen zwei Flüssen, die es überschwemmen ohne ihm Trinkwasser zu gewähren,<lb/>
und muß sich mit stinkendem Wasser, unreinen Gräben und ungesunder<lb/>
Luft begnügen." Solche Bemerkungen, die zur Ermäßigung unsers Stolzes<lb/>
auf die Niesenfortschritte der modernen Cultur auffordern, findet der Forscher<lb/>
des römischen Alterthums nicht selten zu machen Gelegenheit. Möge denn<lb/>
dies treffliche Werk, das von allen, die für das römische Alterthum Interesse<lb/>
haben, nicht blos gelesen, sondern studirt zu werden verdient, in weitem<lb/>
Kreise richtigere, vollere und lebendigere Anschauungen von einer ebenso wich¬<lb/>
tigen als bisher noch so unvollkommen gekannten und gewürdigten Seite der<lb/>
römischen Cultur verbreiten.</p><lb/>
          <note type="byline"> Ludwig Friedländer.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> norddeutsche Kriegsmarine.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Erwerbung und Neubau von Panzerschiffen.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_590" next="#ID_591"> Wenn es als ein Glück zu betrachten ist, daß der preußischen Flotte die<lb/>
Erwerbung der Panzerfregatte &#x201E;König Wilhelm" möglich geworden ist, so<lb/>
möchten wir es für kein Unglück halten, daß der beabsichtigte Ankauf andrer<lb/>
Panzerschiffe sich nicht realisirt hat, und daß unser Geld für den Neubau<lb/>
von Schiffen nach neueren Systemen erhalten worden ist. Schon früher ist ein<lb/>
Bedenken dagegen ausgesprochen worden, Panzerschiffe von fremden Regie¬<lb/>
rungen zu kaufen; denn wenn die fraglichen Schiffe etwas taugen, so kann<lb/>
man fast immer annehmen, daß die betreffende Regierung sie lieber selbst be¬<lb/>
halten wird. Es war deshalb auch vor einiger Zeit keine frohe Nachricht,<lb/>
daß die preußische Regierung beabsichtige, das amerikanische Panzerschiff<lb/>
&#x201E;Dunderberg" anzukaufen, dessen Ruf einer der glänzendsten Beweise dafür<lb/>
ist, was amerikanische Reclame zu leisten vermag. Wenn die Plattensabrica-<lb/>
tion der Amerikaner meistens etwas zu wünschen übrig läßt, so treten bei<lb/>
dem &#x201E;Dunderberg" noch schwere Bedenken gegen die Construction hinzu.<lb/>
Der &#x201E;Dunderberg" ist ein Schiff des Kasemattensystems, welches weder die</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0222] unsere Zeit, so stolz auf den Fortschritt der Mechanik und im Besitz ganz anderer Mittel, als die Alten hatten, z. B. der Dampfkraft, selbst für große Städte in dieser Hinsicht bei weitem nicht das leistet, was die Römer selbst für die kleinsten Orte unter den erheblichsten Schwierigkeiten geleistet haben. Das alte Lyon, sagt er, lag auf einer Höhe und war reichlich versorgt mit reinem und gesundem Quellwasser; das neue Lyon liegt in der Ebene, zwi¬ schen zwei Flüssen, die es überschwemmen ohne ihm Trinkwasser zu gewähren, und muß sich mit stinkendem Wasser, unreinen Gräben und ungesunder Luft begnügen." Solche Bemerkungen, die zur Ermäßigung unsers Stolzes auf die Niesenfortschritte der modernen Cultur auffordern, findet der Forscher des römischen Alterthums nicht selten zu machen Gelegenheit. Möge denn dies treffliche Werk, das von allen, die für das römische Alterthum Interesse haben, nicht blos gelesen, sondern studirt zu werden verdient, in weitem Kreise richtigere, vollere und lebendigere Anschauungen von einer ebenso wich¬ tigen als bisher noch so unvollkommen gekannten und gewürdigten Seite der römischen Cultur verbreiten. Ludwig Friedländer. norddeutsche Kriegsmarine. Erwerbung und Neubau von Panzerschiffen. Wenn es als ein Glück zu betrachten ist, daß der preußischen Flotte die Erwerbung der Panzerfregatte „König Wilhelm" möglich geworden ist, so möchten wir es für kein Unglück halten, daß der beabsichtigte Ankauf andrer Panzerschiffe sich nicht realisirt hat, und daß unser Geld für den Neubau von Schiffen nach neueren Systemen erhalten worden ist. Schon früher ist ein Bedenken dagegen ausgesprochen worden, Panzerschiffe von fremden Regie¬ rungen zu kaufen; denn wenn die fraglichen Schiffe etwas taugen, so kann man fast immer annehmen, daß die betreffende Regierung sie lieber selbst be¬ halten wird. Es war deshalb auch vor einiger Zeit keine frohe Nachricht, daß die preußische Regierung beabsichtige, das amerikanische Panzerschiff „Dunderberg" anzukaufen, dessen Ruf einer der glänzendsten Beweise dafür ist, was amerikanische Reclame zu leisten vermag. Wenn die Plattensabrica- tion der Amerikaner meistens etwas zu wünschen übrig läßt, so treten bei dem „Dunderberg" noch schwere Bedenken gegen die Construction hinzu. Der „Dunderberg" ist ein Schiff des Kasemattensystems, welches weder die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/222
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_117005/222>, abgerufen am 05.05.2024.