Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn die autorifirte Uebersetzung binnen einem Jahre nach Erscheinendes Origi¬
nals begonnen ist, enthält nach anderer Richtung eine Härte, welche der deutsche
Autor oft zu seinem Nachtheil empfindet. Indeß auch diese Bestimmung ist
Grundlage der internationalen Verträge geworden, ihre einseitige Abänderung
kann ohne neue Verwirrung und Rechtlosigkeit nicht herbeigeführt werden, und
es ist darum das gegenwärtige Gesetz mit gutem Grund nicht für geeignet
erachtet worden, darin Abhilfe zu schaffen. Werth und Bedeutung desselben
liegen vielmehr darin, daß es den schwankenden und unsicheren Rechtszustand,
welcher durch die Gesetzgebungen der einzelnen deutschen Staaten und die sehr
verschiedenen Interpretationen derselben vermittelst der Richter bewahrt wurde,
zu beseitigen verheißt. Und es ist darum im Ganzen ein gutes Gesetz, weil
es den gegenwärtigen Zustand des literarischen Verkehrs, und die lebendigen
Usancen des Geschäfts in billiger Abwägung der divergirenden In¬
teressen sixirt. Ein Reformiren bestehender Verhältnisse des Buchhandels
und der Autorrechte wird der hohe Reichstag nicht für seine Aufgabe halten;
gewährt derselbe dem literarischen Markt einheitliches Gesetz, welches bestehende
Gewohnheiten regelt und die Interessenten befriedigt, so darf man ruhig
der Zukunft und neuen mächtiger werdenden Bedürfnissen die Fortbildung
durch spätere Acte der Gesetzgebung überlassen.




Polnischer Monatsbericht.

X

Die im Sommer 1867 gewählte norddeutsche Volksvertretung ist in den
abgewichenen Wochen zum letzten Mal zusammengetreten. Die bisherige Thätig¬
keit des ersten, auf festem Grunde stehenden deutschen Parlaments war erfreulich
genug gewesen, um denen, die ihre Zeugen waren, den Abschied schwer zu
machen und Wünsche für eine möglichst conforme Erneuerung des Reichs¬
tags zu zeitigen. Es scheint indessen, man hat uns diesen Abschied leicht
machen, man hat thatsächlich beweisen wollen, daß die eonstituirende Ver¬
sammlung von 1867 gut daran gethan, die Legislaturperiode auf den kurzen
Zeitraum eines Trienniums zu beschränken, Wählern und Gewählten in nicht
allzu langen Terminen Gelegenheit zur Revision ihrer Meinungen und
Wünsche zu bieten. Der norddeutsche Reichstag hat heuer schon bet seinem
Zusammentritt das unerquickliche grämliche Gesicht gezeigt, das im Juli vo¬
rigen Jahres zum ersten Mal sichtbar geworden war und das man damals


Grenzboten I. 1870. 64

wenn die autorifirte Uebersetzung binnen einem Jahre nach Erscheinendes Origi¬
nals begonnen ist, enthält nach anderer Richtung eine Härte, welche der deutsche
Autor oft zu seinem Nachtheil empfindet. Indeß auch diese Bestimmung ist
Grundlage der internationalen Verträge geworden, ihre einseitige Abänderung
kann ohne neue Verwirrung und Rechtlosigkeit nicht herbeigeführt werden, und
es ist darum das gegenwärtige Gesetz mit gutem Grund nicht für geeignet
erachtet worden, darin Abhilfe zu schaffen. Werth und Bedeutung desselben
liegen vielmehr darin, daß es den schwankenden und unsicheren Rechtszustand,
welcher durch die Gesetzgebungen der einzelnen deutschen Staaten und die sehr
verschiedenen Interpretationen derselben vermittelst der Richter bewahrt wurde,
zu beseitigen verheißt. Und es ist darum im Ganzen ein gutes Gesetz, weil
es den gegenwärtigen Zustand des literarischen Verkehrs, und die lebendigen
Usancen des Geschäfts in billiger Abwägung der divergirenden In¬
teressen sixirt. Ein Reformiren bestehender Verhältnisse des Buchhandels
und der Autorrechte wird der hohe Reichstag nicht für seine Aufgabe halten;
gewährt derselbe dem literarischen Markt einheitliches Gesetz, welches bestehende
Gewohnheiten regelt und die Interessenten befriedigt, so darf man ruhig
der Zukunft und neuen mächtiger werdenden Bedürfnissen die Fortbildung
durch spätere Acte der Gesetzgebung überlassen.




Polnischer Monatsbericht.

X

Die im Sommer 1867 gewählte norddeutsche Volksvertretung ist in den
abgewichenen Wochen zum letzten Mal zusammengetreten. Die bisherige Thätig¬
keit des ersten, auf festem Grunde stehenden deutschen Parlaments war erfreulich
genug gewesen, um denen, die ihre Zeugen waren, den Abschied schwer zu
machen und Wünsche für eine möglichst conforme Erneuerung des Reichs¬
tags zu zeitigen. Es scheint indessen, man hat uns diesen Abschied leicht
machen, man hat thatsächlich beweisen wollen, daß die eonstituirende Ver¬
sammlung von 1867 gut daran gethan, die Legislaturperiode auf den kurzen
Zeitraum eines Trienniums zu beschränken, Wählern und Gewählten in nicht
allzu langen Terminen Gelegenheit zur Revision ihrer Meinungen und
Wünsche zu bieten. Der norddeutsche Reichstag hat heuer schon bet seinem
Zusammentritt das unerquickliche grämliche Gesicht gezeigt, das im Juli vo¬
rigen Jahres zum ersten Mal sichtbar geworden war und das man damals


Grenzboten I. 1870. 64
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0511" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/123599"/>
          <p xml:id="ID_1477" prev="#ID_1476"> wenn die autorifirte Uebersetzung binnen einem Jahre nach Erscheinendes Origi¬<lb/>
nals begonnen ist, enthält nach anderer Richtung eine Härte, welche der deutsche<lb/>
Autor oft zu seinem Nachtheil empfindet. Indeß auch diese Bestimmung ist<lb/>
Grundlage der internationalen Verträge geworden, ihre einseitige Abänderung<lb/>
kann ohne neue Verwirrung und Rechtlosigkeit nicht herbeigeführt werden, und<lb/>
es ist darum das gegenwärtige Gesetz mit gutem Grund nicht für geeignet<lb/>
erachtet worden, darin Abhilfe zu schaffen. Werth und Bedeutung desselben<lb/>
liegen vielmehr darin, daß es den schwankenden und unsicheren Rechtszustand,<lb/>
welcher durch die Gesetzgebungen der einzelnen deutschen Staaten und die sehr<lb/>
verschiedenen Interpretationen derselben vermittelst der Richter bewahrt wurde,<lb/>
zu beseitigen verheißt. Und es ist darum im Ganzen ein gutes Gesetz, weil<lb/>
es den gegenwärtigen Zustand des literarischen Verkehrs, und die lebendigen<lb/>
Usancen des Geschäfts in billiger Abwägung der divergirenden In¬<lb/>
teressen sixirt. Ein Reformiren bestehender Verhältnisse des Buchhandels<lb/>
und der Autorrechte wird der hohe Reichstag nicht für seine Aufgabe halten;<lb/>
gewährt derselbe dem literarischen Markt einheitliches Gesetz, welches bestehende<lb/>
Gewohnheiten regelt und die Interessenten befriedigt, so darf man ruhig<lb/>
der Zukunft und neuen mächtiger werdenden Bedürfnissen die Fortbildung<lb/>
durch spätere Acte der Gesetzgebung überlassen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Polnischer Monatsbericht.</head><lb/>
          <note type="byline"> X </note><lb/>
          <p xml:id="ID_1478" next="#ID_1479"> Die im Sommer 1867 gewählte norddeutsche Volksvertretung ist in den<lb/>
abgewichenen Wochen zum letzten Mal zusammengetreten. Die bisherige Thätig¬<lb/>
keit des ersten, auf festem Grunde stehenden deutschen Parlaments war erfreulich<lb/>
genug gewesen, um denen, die ihre Zeugen waren, den Abschied schwer zu<lb/>
machen und Wünsche für eine möglichst conforme Erneuerung des Reichs¬<lb/>
tags zu zeitigen. Es scheint indessen, man hat uns diesen Abschied leicht<lb/>
machen, man hat thatsächlich beweisen wollen, daß die eonstituirende Ver¬<lb/>
sammlung von 1867 gut daran gethan, die Legislaturperiode auf den kurzen<lb/>
Zeitraum eines Trienniums zu beschränken, Wählern und Gewählten in nicht<lb/>
allzu langen Terminen Gelegenheit zur Revision ihrer Meinungen und<lb/>
Wünsche zu bieten. Der norddeutsche Reichstag hat heuer schon bet seinem<lb/>
Zusammentritt das unerquickliche grämliche Gesicht gezeigt, das im Juli vo¬<lb/>
rigen Jahres zum ersten Mal sichtbar geworden war und das man damals</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 1870. 64</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0511] wenn die autorifirte Uebersetzung binnen einem Jahre nach Erscheinendes Origi¬ nals begonnen ist, enthält nach anderer Richtung eine Härte, welche der deutsche Autor oft zu seinem Nachtheil empfindet. Indeß auch diese Bestimmung ist Grundlage der internationalen Verträge geworden, ihre einseitige Abänderung kann ohne neue Verwirrung und Rechtlosigkeit nicht herbeigeführt werden, und es ist darum das gegenwärtige Gesetz mit gutem Grund nicht für geeignet erachtet worden, darin Abhilfe zu schaffen. Werth und Bedeutung desselben liegen vielmehr darin, daß es den schwankenden und unsicheren Rechtszustand, welcher durch die Gesetzgebungen der einzelnen deutschen Staaten und die sehr verschiedenen Interpretationen derselben vermittelst der Richter bewahrt wurde, zu beseitigen verheißt. Und es ist darum im Ganzen ein gutes Gesetz, weil es den gegenwärtigen Zustand des literarischen Verkehrs, und die lebendigen Usancen des Geschäfts in billiger Abwägung der divergirenden In¬ teressen sixirt. Ein Reformiren bestehender Verhältnisse des Buchhandels und der Autorrechte wird der hohe Reichstag nicht für seine Aufgabe halten; gewährt derselbe dem literarischen Markt einheitliches Gesetz, welches bestehende Gewohnheiten regelt und die Interessenten befriedigt, so darf man ruhig der Zukunft und neuen mächtiger werdenden Bedürfnissen die Fortbildung durch spätere Acte der Gesetzgebung überlassen. Polnischer Monatsbericht. X Die im Sommer 1867 gewählte norddeutsche Volksvertretung ist in den abgewichenen Wochen zum letzten Mal zusammengetreten. Die bisherige Thätig¬ keit des ersten, auf festem Grunde stehenden deutschen Parlaments war erfreulich genug gewesen, um denen, die ihre Zeugen waren, den Abschied schwer zu machen und Wünsche für eine möglichst conforme Erneuerung des Reichs¬ tags zu zeitigen. Es scheint indessen, man hat uns diesen Abschied leicht machen, man hat thatsächlich beweisen wollen, daß die eonstituirende Ver¬ sammlung von 1867 gut daran gethan, die Legislaturperiode auf den kurzen Zeitraum eines Trienniums zu beschränken, Wählern und Gewählten in nicht allzu langen Terminen Gelegenheit zur Revision ihrer Meinungen und Wünsche zu bieten. Der norddeutsche Reichstag hat heuer schon bet seinem Zusammentritt das unerquickliche grämliche Gesicht gezeigt, das im Juli vo¬ rigen Jahres zum ersten Mal sichtbar geworden war und das man damals Grenzboten I. 1870. 64

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/511
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/511>, abgerufen am 25.05.2024.