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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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an sedem sehr bequem abschütteln, indem sie behaupten, daß dort nur der
Kaiser zu Falle gebracht worden sei. Aber dieser Kaiser gebot über die ge-
sammte Macht Frankreichs, und am 1. September wurde in Sedan auch das
Schicksal der Metzer Armee entschieden. Unter allen Schlachten des Krieges
steht an dramatischem Interesse Sedan obenan; und so herrlich Weißenburg,
Spichern, Wörth, Mars la Tour und Gravelotte, von zehn andern nicht zu
sprechen, waren: die Katastrophe von Sedan wird sie im Gedächtniß der
-- o. --- Menschheit alle überragen.




Besprechung.

Eugen Krüger's Landschafts-Album vom Kriegsschauplatz, Ver¬
lag von H. Brucker in Hamburg.

Wenn es noch eines Beweises bedürfte, daß wir Deutschen eine friedliche
Nation sind, die nur gezwungen und herausgefordert zum Schwerte greift,
so würden die Feldpostbriefe unsrer Krieger, die Briefe aller Augenzeugen
jener heißen Schlachten, deren Jahrestage wir jetzt feiern, gemeinsam Zeugniß
dafür ablegen. Aus ihnen allen, die offiziellen Vormarsch- und Schlachten¬
berichte selbst nicht ausgenommen, spricht eine reine und naive Freude an den
Schönheiten und eigenartigen Reizen des feindlichen Landes. Wie oft ent¬
halten die Briefe unsrer einfachen Soldaten nach einer freudigen Schilderung
der Landschaft, durch welche eben der Marsch führt, oder wo gerastet wird,
den Ausruf: "ach, wenn man da nur nicht den Affen schleppen müßte, man
würde der Gegend noch einmal so froh." Nicht minder schildern die Marsch-
und Kampfberichte, welche der Staatsanzeiger aus dem Großen Generalstab
brachte, ihrem Leser Land und Leute, den Zug der Berge und den Lauf der
Flüsse wie die Reize der reichen stattlichen Städte des Feindes. Unsere west¬
lichen Nachbarn wären unter gleichen Verhältnissen mit den Zahlen der
Todten, Verwundeten und Gefangenen oder der erbeuteten Geschütze und
Trophäen vollkommen zufrieden gewesen. Bei uns dagegen mußte jeder Be¬
richterstatter rechnen mit dem Interesse, welches der Deutsche an der Gestal¬
tung und Eigenart des Landes und der Landschaft nahm, wo er seine Söhne
und Brüder im Kampfe wußte.

" Die bisher erschienenen illustrirten Kriegswerke und Illustrationen vom
Kriegsschauplatz, welche unsere Zeitschriften brachten, konnten diesem Interesse


an sedem sehr bequem abschütteln, indem sie behaupten, daß dort nur der
Kaiser zu Falle gebracht worden sei. Aber dieser Kaiser gebot über die ge-
sammte Macht Frankreichs, und am 1. September wurde in Sedan auch das
Schicksal der Metzer Armee entschieden. Unter allen Schlachten des Krieges
steht an dramatischem Interesse Sedan obenan; und so herrlich Weißenburg,
Spichern, Wörth, Mars la Tour und Gravelotte, von zehn andern nicht zu
sprechen, waren: die Katastrophe von Sedan wird sie im Gedächtniß der
— o. —- Menschheit alle überragen.




Besprechung.

Eugen Krüger's Landschafts-Album vom Kriegsschauplatz, Ver¬
lag von H. Brucker in Hamburg.

Wenn es noch eines Beweises bedürfte, daß wir Deutschen eine friedliche
Nation sind, die nur gezwungen und herausgefordert zum Schwerte greift,
so würden die Feldpostbriefe unsrer Krieger, die Briefe aller Augenzeugen
jener heißen Schlachten, deren Jahrestage wir jetzt feiern, gemeinsam Zeugniß
dafür ablegen. Aus ihnen allen, die offiziellen Vormarsch- und Schlachten¬
berichte selbst nicht ausgenommen, spricht eine reine und naive Freude an den
Schönheiten und eigenartigen Reizen des feindlichen Landes. Wie oft ent¬
halten die Briefe unsrer einfachen Soldaten nach einer freudigen Schilderung
der Landschaft, durch welche eben der Marsch führt, oder wo gerastet wird,
den Ausruf: „ach, wenn man da nur nicht den Affen schleppen müßte, man
würde der Gegend noch einmal so froh." Nicht minder schildern die Marsch-
und Kampfberichte, welche der Staatsanzeiger aus dem Großen Generalstab
brachte, ihrem Leser Land und Leute, den Zug der Berge und den Lauf der
Flüsse wie die Reize der reichen stattlichen Städte des Feindes. Unsere west¬
lichen Nachbarn wären unter gleichen Verhältnissen mit den Zahlen der
Todten, Verwundeten und Gefangenen oder der erbeuteten Geschütze und
Trophäen vollkommen zufrieden gewesen. Bei uns dagegen mußte jeder Be¬
richterstatter rechnen mit dem Interesse, welches der Deutsche an der Gestal¬
tung und Eigenart des Landes und der Landschaft nahm, wo er seine Söhne
und Brüder im Kampfe wußte.

" Die bisher erschienenen illustrirten Kriegswerke und Illustrationen vom
Kriegsschauplatz, welche unsere Zeitschriften brachten, konnten diesem Interesse


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[0447] an sedem sehr bequem abschütteln, indem sie behaupten, daß dort nur der Kaiser zu Falle gebracht worden sei. Aber dieser Kaiser gebot über die ge- sammte Macht Frankreichs, und am 1. September wurde in Sedan auch das Schicksal der Metzer Armee entschieden. Unter allen Schlachten des Krieges steht an dramatischem Interesse Sedan obenan; und so herrlich Weißenburg, Spichern, Wörth, Mars la Tour und Gravelotte, von zehn andern nicht zu sprechen, waren: die Katastrophe von Sedan wird sie im Gedächtniß der — o. —- Menschheit alle überragen. Besprechung. Eugen Krüger's Landschafts-Album vom Kriegsschauplatz, Ver¬ lag von H. Brucker in Hamburg. Wenn es noch eines Beweises bedürfte, daß wir Deutschen eine friedliche Nation sind, die nur gezwungen und herausgefordert zum Schwerte greift, so würden die Feldpostbriefe unsrer Krieger, die Briefe aller Augenzeugen jener heißen Schlachten, deren Jahrestage wir jetzt feiern, gemeinsam Zeugniß dafür ablegen. Aus ihnen allen, die offiziellen Vormarsch- und Schlachten¬ berichte selbst nicht ausgenommen, spricht eine reine und naive Freude an den Schönheiten und eigenartigen Reizen des feindlichen Landes. Wie oft ent¬ halten die Briefe unsrer einfachen Soldaten nach einer freudigen Schilderung der Landschaft, durch welche eben der Marsch führt, oder wo gerastet wird, den Ausruf: „ach, wenn man da nur nicht den Affen schleppen müßte, man würde der Gegend noch einmal so froh." Nicht minder schildern die Marsch- und Kampfberichte, welche der Staatsanzeiger aus dem Großen Generalstab brachte, ihrem Leser Land und Leute, den Zug der Berge und den Lauf der Flüsse wie die Reize der reichen stattlichen Städte des Feindes. Unsere west¬ lichen Nachbarn wären unter gleichen Verhältnissen mit den Zahlen der Todten, Verwundeten und Gefangenen oder der erbeuteten Geschütze und Trophäen vollkommen zufrieden gewesen. Bei uns dagegen mußte jeder Be¬ richterstatter rechnen mit dem Interesse, welches der Deutsche an der Gestal¬ tung und Eigenart des Landes und der Landschaft nahm, wo er seine Söhne und Brüder im Kampfe wußte. " Die bisher erschienenen illustrirten Kriegswerke und Illustrationen vom Kriegsschauplatz, welche unsere Zeitschriften brachten, konnten diesem Interesse

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/447>, abgerufen am 02.05.2024.