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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. I. Band.

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sind, wenn wir die citirte Verordnung, die am Schlüsse des zweiten Para¬
graphen deutlich die Hoffnung des Herrn v. Bertrab durchblicken läßt, ihre
Folge werde eine weitere Ausbreitung des Katholicismus im Fürstenthum
sein, mit argwöhnischen Augen ansehen, wenn wir die Einnistung von Jesuiten
in unserer Mitte befürchten, und wenn wir, die wir an den Herren v. Ber¬
trab und v. Humbracht schon genug und übergenug bedenkliche Elemente in
der regierenden Sphäre haben, nicht noch als dritten im Bunde Bischof Mar-
tinus mit seinem Krummstab in unsere Verhältnisse hineinstören und konfes¬
sionellen Hader anrühren zu sehen gewillt sind.

Der Vertrag mit dem Bischof war jedenfalls überflüssig. Er kann ge¬
fährlich werden. Er ist endlich eine Unklugheit, die um so mehr Wunder
nehmen muß, da sein Urheber, Herr v. Bertrab, ganz unter dem Einfluß
seines Beichtvaters steht, und Beichtväter dieser Gattung in der Regel Kenner
der Menschen und der Verhältnisse sind. Es versteht sich von selbst, daß die
oppositionelle Mehrheit im Landtage diesen Schachzug des ultramontanen
Ministers zum Anlaß nehmen wird, ihre Angriffe auf die Stellung desselben
mit Ungestüm zu erneuern, und da sie jetzt, wie nie vorher, den Wunsch und
Willen der Bevölkerung hinter sich weiß, wird sie ohne Zweifel nicht eher ab¬
lassen, als bis sie die Beseitigung des Uebels durch Entlassung des in Rede
stehenden Herrn durchgesetzt hat.

Der außerordentliche Landtag, welcher bald nach Veröffentlichung des
Decrets zur Erledigung einiger dringenden Geschäfte einberufen wurde, konnte
sich an diese Aufgabe noch nicht machen. Wohl aber wird unsere Volksver¬
tretung in der nächsten ordentlichen Session, die Mitte Februar beginnen soll,
allen Ernstes die Sache in die Hand nehmen. Wie man dieselbe angreifen
wird, steht wohl noch nicht fest. Sicher ist nur, daß man sich auf einen herz¬
haften Sturm vorbereitet, und daß die Stellung v. Bertrab's sehr erschüttert
ist, indem das ganze Land den Abgang des Mannes wünscht, der seinen Ein¬
fluß auf den Fürsten dazu benutzt, dem Katholicismus bei uns die Wege zu
bahnen.




Zustände in Syrien.

-- Durch die deutschen Zeitungen ist jüngst die Kunde von Unruhen ge¬
laufen, welche in Syrien aus gebrochen, und es sind dadurch gewiß bei dem¬
jenigen Theile des Publicums, der Beziehungen irgend einer, namentlich com-
merciellen Art, zu diesem Lande hat, lebhafte Besorgnisse erregt worden, da


sind, wenn wir die citirte Verordnung, die am Schlüsse des zweiten Para¬
graphen deutlich die Hoffnung des Herrn v. Bertrab durchblicken läßt, ihre
Folge werde eine weitere Ausbreitung des Katholicismus im Fürstenthum
sein, mit argwöhnischen Augen ansehen, wenn wir die Einnistung von Jesuiten
in unserer Mitte befürchten, und wenn wir, die wir an den Herren v. Ber¬
trab und v. Humbracht schon genug und übergenug bedenkliche Elemente in
der regierenden Sphäre haben, nicht noch als dritten im Bunde Bischof Mar-
tinus mit seinem Krummstab in unsere Verhältnisse hineinstören und konfes¬
sionellen Hader anrühren zu sehen gewillt sind.

Der Vertrag mit dem Bischof war jedenfalls überflüssig. Er kann ge¬
fährlich werden. Er ist endlich eine Unklugheit, die um so mehr Wunder
nehmen muß, da sein Urheber, Herr v. Bertrab, ganz unter dem Einfluß
seines Beichtvaters steht, und Beichtväter dieser Gattung in der Regel Kenner
der Menschen und der Verhältnisse sind. Es versteht sich von selbst, daß die
oppositionelle Mehrheit im Landtage diesen Schachzug des ultramontanen
Ministers zum Anlaß nehmen wird, ihre Angriffe auf die Stellung desselben
mit Ungestüm zu erneuern, und da sie jetzt, wie nie vorher, den Wunsch und
Willen der Bevölkerung hinter sich weiß, wird sie ohne Zweifel nicht eher ab¬
lassen, als bis sie die Beseitigung des Uebels durch Entlassung des in Rede
stehenden Herrn durchgesetzt hat.

Der außerordentliche Landtag, welcher bald nach Veröffentlichung des
Decrets zur Erledigung einiger dringenden Geschäfte einberufen wurde, konnte
sich an diese Aufgabe noch nicht machen. Wohl aber wird unsere Volksver¬
tretung in der nächsten ordentlichen Session, die Mitte Februar beginnen soll,
allen Ernstes die Sache in die Hand nehmen. Wie man dieselbe angreifen
wird, steht wohl noch nicht fest. Sicher ist nur, daß man sich auf einen herz¬
haften Sturm vorbereitet, und daß die Stellung v. Bertrab's sehr erschüttert
ist, indem das ganze Land den Abgang des Mannes wünscht, der seinen Ein¬
fluß auf den Fürsten dazu benutzt, dem Katholicismus bei uns die Wege zu
bahnen.




Zustände in Syrien.

— Durch die deutschen Zeitungen ist jüngst die Kunde von Unruhen ge¬
laufen, welche in Syrien aus gebrochen, und es sind dadurch gewiß bei dem¬
jenigen Theile des Publicums, der Beziehungen irgend einer, namentlich com-
merciellen Art, zu diesem Lande hat, lebhafte Besorgnisse erregt worden, da


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[0115] sind, wenn wir die citirte Verordnung, die am Schlüsse des zweiten Para¬ graphen deutlich die Hoffnung des Herrn v. Bertrab durchblicken läßt, ihre Folge werde eine weitere Ausbreitung des Katholicismus im Fürstenthum sein, mit argwöhnischen Augen ansehen, wenn wir die Einnistung von Jesuiten in unserer Mitte befürchten, und wenn wir, die wir an den Herren v. Ber¬ trab und v. Humbracht schon genug und übergenug bedenkliche Elemente in der regierenden Sphäre haben, nicht noch als dritten im Bunde Bischof Mar- tinus mit seinem Krummstab in unsere Verhältnisse hineinstören und konfes¬ sionellen Hader anrühren zu sehen gewillt sind. Der Vertrag mit dem Bischof war jedenfalls überflüssig. Er kann ge¬ fährlich werden. Er ist endlich eine Unklugheit, die um so mehr Wunder nehmen muß, da sein Urheber, Herr v. Bertrab, ganz unter dem Einfluß seines Beichtvaters steht, und Beichtväter dieser Gattung in der Regel Kenner der Menschen und der Verhältnisse sind. Es versteht sich von selbst, daß die oppositionelle Mehrheit im Landtage diesen Schachzug des ultramontanen Ministers zum Anlaß nehmen wird, ihre Angriffe auf die Stellung desselben mit Ungestüm zu erneuern, und da sie jetzt, wie nie vorher, den Wunsch und Willen der Bevölkerung hinter sich weiß, wird sie ohne Zweifel nicht eher ab¬ lassen, als bis sie die Beseitigung des Uebels durch Entlassung des in Rede stehenden Herrn durchgesetzt hat. Der außerordentliche Landtag, welcher bald nach Veröffentlichung des Decrets zur Erledigung einiger dringenden Geschäfte einberufen wurde, konnte sich an diese Aufgabe noch nicht machen. Wohl aber wird unsere Volksver¬ tretung in der nächsten ordentlichen Session, die Mitte Februar beginnen soll, allen Ernstes die Sache in die Hand nehmen. Wie man dieselbe angreifen wird, steht wohl noch nicht fest. Sicher ist nur, daß man sich auf einen herz¬ haften Sturm vorbereitet, und daß die Stellung v. Bertrab's sehr erschüttert ist, indem das ganze Land den Abgang des Mannes wünscht, der seinen Ein¬ fluß auf den Fürsten dazu benutzt, dem Katholicismus bei uns die Wege zu bahnen. Zustände in Syrien. — Durch die deutschen Zeitungen ist jüngst die Kunde von Unruhen ge¬ laufen, welche in Syrien aus gebrochen, und es sind dadurch gewiß bei dem¬ jenigen Theile des Publicums, der Beziehungen irgend einer, namentlich com- merciellen Art, zu diesem Lande hat, lebhafte Besorgnisse erregt worden, da

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_126853/115>, abgerufen am 07.05.2024.