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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. I. Band.

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Während die letzten Nachrichten, welche über Cuba und Madrid ein¬
gingen, weniger beunruhigend waren, brachten andere über New-Nork die Mit¬
theilung, daß der Congreß nicht mehr so folgsam sei, wie früher, und daß die
Negierung nur auf die Armee rechnen könne. Mehrere der Staaten sind be¬
reits von ihr abgefallen. General Galban erhob sich in Puebla mit der
unter seinen Befehlen stehenden Kavallerie, und General Kempfer erklärte sich
mit der seinigen für Diaz. Porsirio Diaz selbst stand in Oaxaca an der
Spitze einer bedeutenden Armee, gegen welche der General Alatorre gesandt
wurde. Die Staaten Aguascalientes, Durango, Zacatecas, Coahuila erklärten
sich zu Gunsten der Revolutionäre; in mehreren Staaten resignirten die Gou¬
verneure. Die oppositionellen Blätter behaupteten, in der Armee herrsche
große Unzufriedenheit, und viele Generale und Obersten hätten sich mit ihren
Soldaten der Revolution angeschlossen. Der Schatz sei bankerott, und das
Volk selbst fange an, die Revolutionäre zu unterstützen. Juarez werde sich
auch nicht behaupten können. Besonders seine Schwiegersöhne wurden heftig
angeklagt, einer derselben, Delfin Sanchez, wurde sogar verhaftet. Negrete
weilte in Puebla, wo er eine Armee organisirte; General Quiroga, ehemaliger
Anhänger Maximilians, schloß sich den Aufrührern an und commandirte am
Rio Grande; ebenso General Cortina, welcher sich mit seinen Truppen Mata-
moras näherte.

Nach allen diesen Nachrichten stand die Sache der Regierung sehr be¬
denklich und man befürchtete, daß bis Neujahr eine Aenderung der Regierung
erwartet werden könne. Die Feinde derselben verbreiteten dazu noch allge¬
mein, das Land sei noch niemals in solch ungeordneten Verhältnissen gewesen.
Ob hier ein geheimer Einfluß aus der Union mitwirken mochte, ließ sich nach
dem Vorangegangenen wohl vermuthen, aber bis jetzt nicht feststellen; ebenso
ist nicht unmöglich, daß auch die Geistlichkeit, welche dem Präsidenten nichts
weniger als zugethan ist, ihre Hand im Spiele hat. Es ist aber kaum wahr¬
scheinlich, daß sie, mag kommen was da will, dort ihre Zwecke jemals er¬
reichen wird.




Ile Irrfahrt des Aallons "1a Ville ä'0r1viM8."5)

Von allen jenen zahlreichen Luftballons, deren die Pariser sich während
der Blokade durch die Deutschen im letzten Kriege als Postcouriere bedient
haben> hat wohl keiner merkwürdigere Schicksale gehabt, als der Ballon "1a
Vills ä'OM-ins."



Nach Berichten der "Gironde."

Während die letzten Nachrichten, welche über Cuba und Madrid ein¬
gingen, weniger beunruhigend waren, brachten andere über New-Nork die Mit¬
theilung, daß der Congreß nicht mehr so folgsam sei, wie früher, und daß die
Negierung nur auf die Armee rechnen könne. Mehrere der Staaten sind be¬
reits von ihr abgefallen. General Galban erhob sich in Puebla mit der
unter seinen Befehlen stehenden Kavallerie, und General Kempfer erklärte sich
mit der seinigen für Diaz. Porsirio Diaz selbst stand in Oaxaca an der
Spitze einer bedeutenden Armee, gegen welche der General Alatorre gesandt
wurde. Die Staaten Aguascalientes, Durango, Zacatecas, Coahuila erklärten
sich zu Gunsten der Revolutionäre; in mehreren Staaten resignirten die Gou¬
verneure. Die oppositionellen Blätter behaupteten, in der Armee herrsche
große Unzufriedenheit, und viele Generale und Obersten hätten sich mit ihren
Soldaten der Revolution angeschlossen. Der Schatz sei bankerott, und das
Volk selbst fange an, die Revolutionäre zu unterstützen. Juarez werde sich
auch nicht behaupten können. Besonders seine Schwiegersöhne wurden heftig
angeklagt, einer derselben, Delfin Sanchez, wurde sogar verhaftet. Negrete
weilte in Puebla, wo er eine Armee organisirte; General Quiroga, ehemaliger
Anhänger Maximilians, schloß sich den Aufrührern an und commandirte am
Rio Grande; ebenso General Cortina, welcher sich mit seinen Truppen Mata-
moras näherte.

Nach allen diesen Nachrichten stand die Sache der Regierung sehr be¬
denklich und man befürchtete, daß bis Neujahr eine Aenderung der Regierung
erwartet werden könne. Die Feinde derselben verbreiteten dazu noch allge¬
mein, das Land sei noch niemals in solch ungeordneten Verhältnissen gewesen.
Ob hier ein geheimer Einfluß aus der Union mitwirken mochte, ließ sich nach
dem Vorangegangenen wohl vermuthen, aber bis jetzt nicht feststellen; ebenso
ist nicht unmöglich, daß auch die Geistlichkeit, welche dem Präsidenten nichts
weniger als zugethan ist, ihre Hand im Spiele hat. Es ist aber kaum wahr¬
scheinlich, daß sie, mag kommen was da will, dort ihre Zwecke jemals er¬
reichen wird.




Ile Irrfahrt des Aallons „1a Ville ä'0r1viM8."5)

Von allen jenen zahlreichen Luftballons, deren die Pariser sich während
der Blokade durch die Deutschen im letzten Kriege als Postcouriere bedient
haben> hat wohl keiner merkwürdigere Schicksale gehabt, als der Ballon „1a
Vills ä'OM-ins.«



Nach Berichten der „Gironde."
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[0232] Während die letzten Nachrichten, welche über Cuba und Madrid ein¬ gingen, weniger beunruhigend waren, brachten andere über New-Nork die Mit¬ theilung, daß der Congreß nicht mehr so folgsam sei, wie früher, und daß die Negierung nur auf die Armee rechnen könne. Mehrere der Staaten sind be¬ reits von ihr abgefallen. General Galban erhob sich in Puebla mit der unter seinen Befehlen stehenden Kavallerie, und General Kempfer erklärte sich mit der seinigen für Diaz. Porsirio Diaz selbst stand in Oaxaca an der Spitze einer bedeutenden Armee, gegen welche der General Alatorre gesandt wurde. Die Staaten Aguascalientes, Durango, Zacatecas, Coahuila erklärten sich zu Gunsten der Revolutionäre; in mehreren Staaten resignirten die Gou¬ verneure. Die oppositionellen Blätter behaupteten, in der Armee herrsche große Unzufriedenheit, und viele Generale und Obersten hätten sich mit ihren Soldaten der Revolution angeschlossen. Der Schatz sei bankerott, und das Volk selbst fange an, die Revolutionäre zu unterstützen. Juarez werde sich auch nicht behaupten können. Besonders seine Schwiegersöhne wurden heftig angeklagt, einer derselben, Delfin Sanchez, wurde sogar verhaftet. Negrete weilte in Puebla, wo er eine Armee organisirte; General Quiroga, ehemaliger Anhänger Maximilians, schloß sich den Aufrührern an und commandirte am Rio Grande; ebenso General Cortina, welcher sich mit seinen Truppen Mata- moras näherte. Nach allen diesen Nachrichten stand die Sache der Regierung sehr be¬ denklich und man befürchtete, daß bis Neujahr eine Aenderung der Regierung erwartet werden könne. Die Feinde derselben verbreiteten dazu noch allge¬ mein, das Land sei noch niemals in solch ungeordneten Verhältnissen gewesen. Ob hier ein geheimer Einfluß aus der Union mitwirken mochte, ließ sich nach dem Vorangegangenen wohl vermuthen, aber bis jetzt nicht feststellen; ebenso ist nicht unmöglich, daß auch die Geistlichkeit, welche dem Präsidenten nichts weniger als zugethan ist, ihre Hand im Spiele hat. Es ist aber kaum wahr¬ scheinlich, daß sie, mag kommen was da will, dort ihre Zwecke jemals er¬ reichen wird. Ile Irrfahrt des Aallons „1a Ville ä'0r1viM8."5) Von allen jenen zahlreichen Luftballons, deren die Pariser sich während der Blokade durch die Deutschen im letzten Kriege als Postcouriere bedient haben> hat wohl keiner merkwürdigere Schicksale gehabt, als der Ballon „1a Vills ä'OM-ins.« Nach Berichten der „Gironde."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_126853/232>, abgerufen am 07.05.2024.