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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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fuhren über Neustadt Gems in der Jahde nach Varel, woselbst wir fast
ü Stunden warten mußten, ehe wir wieder einen Wagen bekamen. Abends
um 7 Uhr fuhren wir wieder weg über die langen Freher, welches ein
langer und sumpfiger Weg ist. Sobald wir einen Ort erreicht hatten, blieben
wir daselbst die Nacht über. Des nächsten Morgens fuhren wir wieder ab
und kamen durch das fette Budjadinger Land nach Huntebrugge und
dann mit einem Prahu über die Hunde und ließen an der anderen Seite
unsere Sachen aufladen. Wir kamen dann nach Beeren, Bardewisch,
Oldenesch und ließen uns dann über die Weser setzen. Dann fuhren wir '
auf Weihnsen und ließen uns da über die Ocker setzen, worauf wir wohl¬
behalten wieder in Bremen anlangten.




Ausflug von Hamburg nach Lüneburg.

Den 22. July 1707 bin ich mit dem Herrn Mach. dessen Frau Liebste
und Kindern nebst der Frau Wietings ihrer zwei Jungfer Töchter, der Jungfer
Claesen und Melialsius des Abends um 5 Uhr nach Lüneburg gefahren,
da wir nun den besten und gleisantesten Weg zu genießen hatten durch den
Bellwerder bis Eckboom und da über die Elbe nach dem Rethbrook
durch den neuen Gamin auf Kirchwerder und so nach dem Pollen¬
spie ter, wo wir des Abends 10 Uhr arrivirten. Dieser Weg ist überaus
schön und an beiden Seiten sonderlich nahe bei der Stadt liegen die schönsten
Gärten, Alleen, in Summa dieser Weg meritiret blos um des schönen Prospects
und der herrlichen Gegend willen, daß er öfter mag gefahren werden. Der
Pollenspieker wird 4 Meilen von Hamburg gerechnet und gehört nach Ham¬
burg und Lübeck, nebst den Merländern und alterniren beide Städte, wenn der
Amtmann zu Bergedorf gestorben. Zum Pollenspieker liegen continuirlich
10 bis 12 Soldaten und halten Schildwacht; es liegen auch einige Stücke
da, um in Zeiten des Krieges dem Feind den Uebergang über die Elbe zu
disputiren. Die Elbe ist daselbst nur V" Meile breit. Die Ane, welche nach
Lüneburg und weiter hinauf fließet, fällt nicht weit von Wirthen in die Elbe
und ist aus der Landspitze eine kleine Festung, welche nach Lüneburg gehöret.
Zum Hoop wird man wieder vom Prahu ausgesetzet. Bon dannen fährt
man auf Daich nach Winser, welches ein klein Städchen ist. Es ist daselbst
auch ein hübsches aber altes Schloß. Wir kamen dann nach Haudorf und
weil die Jungfer Wietings daselbst Connoissance mit dem Herren Pastoren
hatte, so blieben wir daselbst und speiseten zu Mittag. Nach der Mahlzeit
gingen wir, weil es ziemlich warm war, in die kühle Kirche und ließen uns
von des Herrn Pastoren Schwager auf der Orgel vorspielen, wobei ich das
Amt eines Balkentreters versah. Ich hatte sonst bis dahin wegen der grau-


fuhren über Neustadt Gems in der Jahde nach Varel, woselbst wir fast
ü Stunden warten mußten, ehe wir wieder einen Wagen bekamen. Abends
um 7 Uhr fuhren wir wieder weg über die langen Freher, welches ein
langer und sumpfiger Weg ist. Sobald wir einen Ort erreicht hatten, blieben
wir daselbst die Nacht über. Des nächsten Morgens fuhren wir wieder ab
und kamen durch das fette Budjadinger Land nach Huntebrugge und
dann mit einem Prahu über die Hunde und ließen an der anderen Seite
unsere Sachen aufladen. Wir kamen dann nach Beeren, Bardewisch,
Oldenesch und ließen uns dann über die Weser setzen. Dann fuhren wir '
auf Weihnsen und ließen uns da über die Ocker setzen, worauf wir wohl¬
behalten wieder in Bremen anlangten.




Ausflug von Hamburg nach Lüneburg.

Den 22. July 1707 bin ich mit dem Herrn Mach. dessen Frau Liebste
und Kindern nebst der Frau Wietings ihrer zwei Jungfer Töchter, der Jungfer
Claesen und Melialsius des Abends um 5 Uhr nach Lüneburg gefahren,
da wir nun den besten und gleisantesten Weg zu genießen hatten durch den
Bellwerder bis Eckboom und da über die Elbe nach dem Rethbrook
durch den neuen Gamin auf Kirchwerder und so nach dem Pollen¬
spie ter, wo wir des Abends 10 Uhr arrivirten. Dieser Weg ist überaus
schön und an beiden Seiten sonderlich nahe bei der Stadt liegen die schönsten
Gärten, Alleen, in Summa dieser Weg meritiret blos um des schönen Prospects
und der herrlichen Gegend willen, daß er öfter mag gefahren werden. Der
Pollenspieker wird 4 Meilen von Hamburg gerechnet und gehört nach Ham¬
burg und Lübeck, nebst den Merländern und alterniren beide Städte, wenn der
Amtmann zu Bergedorf gestorben. Zum Pollenspieker liegen continuirlich
10 bis 12 Soldaten und halten Schildwacht; es liegen auch einige Stücke
da, um in Zeiten des Krieges dem Feind den Uebergang über die Elbe zu
disputiren. Die Elbe ist daselbst nur V» Meile breit. Die Ane, welche nach
Lüneburg und weiter hinauf fließet, fällt nicht weit von Wirthen in die Elbe
und ist aus der Landspitze eine kleine Festung, welche nach Lüneburg gehöret.
Zum Hoop wird man wieder vom Prahu ausgesetzet. Bon dannen fährt
man auf Daich nach Winser, welches ein klein Städchen ist. Es ist daselbst
auch ein hübsches aber altes Schloß. Wir kamen dann nach Haudorf und
weil die Jungfer Wietings daselbst Connoissance mit dem Herren Pastoren
hatte, so blieben wir daselbst und speiseten zu Mittag. Nach der Mahlzeit
gingen wir, weil es ziemlich warm war, in die kühle Kirche und ließen uns
von des Herrn Pastoren Schwager auf der Orgel vorspielen, wobei ich das
Amt eines Balkentreters versah. Ich hatte sonst bis dahin wegen der grau-


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[0266] fuhren über Neustadt Gems in der Jahde nach Varel, woselbst wir fast ü Stunden warten mußten, ehe wir wieder einen Wagen bekamen. Abends um 7 Uhr fuhren wir wieder weg über die langen Freher, welches ein langer und sumpfiger Weg ist. Sobald wir einen Ort erreicht hatten, blieben wir daselbst die Nacht über. Des nächsten Morgens fuhren wir wieder ab und kamen durch das fette Budjadinger Land nach Huntebrugge und dann mit einem Prahu über die Hunde und ließen an der anderen Seite unsere Sachen aufladen. Wir kamen dann nach Beeren, Bardewisch, Oldenesch und ließen uns dann über die Weser setzen. Dann fuhren wir ' auf Weihnsen und ließen uns da über die Ocker setzen, worauf wir wohl¬ behalten wieder in Bremen anlangten. Ausflug von Hamburg nach Lüneburg. Den 22. July 1707 bin ich mit dem Herrn Mach. dessen Frau Liebste und Kindern nebst der Frau Wietings ihrer zwei Jungfer Töchter, der Jungfer Claesen und Melialsius des Abends um 5 Uhr nach Lüneburg gefahren, da wir nun den besten und gleisantesten Weg zu genießen hatten durch den Bellwerder bis Eckboom und da über die Elbe nach dem Rethbrook durch den neuen Gamin auf Kirchwerder und so nach dem Pollen¬ spie ter, wo wir des Abends 10 Uhr arrivirten. Dieser Weg ist überaus schön und an beiden Seiten sonderlich nahe bei der Stadt liegen die schönsten Gärten, Alleen, in Summa dieser Weg meritiret blos um des schönen Prospects und der herrlichen Gegend willen, daß er öfter mag gefahren werden. Der Pollenspieker wird 4 Meilen von Hamburg gerechnet und gehört nach Ham¬ burg und Lübeck, nebst den Merländern und alterniren beide Städte, wenn der Amtmann zu Bergedorf gestorben. Zum Pollenspieker liegen continuirlich 10 bis 12 Soldaten und halten Schildwacht; es liegen auch einige Stücke da, um in Zeiten des Krieges dem Feind den Uebergang über die Elbe zu disputiren. Die Elbe ist daselbst nur V» Meile breit. Die Ane, welche nach Lüneburg und weiter hinauf fließet, fällt nicht weit von Wirthen in die Elbe und ist aus der Landspitze eine kleine Festung, welche nach Lüneburg gehöret. Zum Hoop wird man wieder vom Prahu ausgesetzet. Bon dannen fährt man auf Daich nach Winser, welches ein klein Städchen ist. Es ist daselbst auch ein hübsches aber altes Schloß. Wir kamen dann nach Haudorf und weil die Jungfer Wietings daselbst Connoissance mit dem Herren Pastoren hatte, so blieben wir daselbst und speiseten zu Mittag. Nach der Mahlzeit gingen wir, weil es ziemlich warm war, in die kühle Kirche und ließen uns von des Herrn Pastoren Schwager auf der Orgel vorspielen, wobei ich das Amt eines Balkentreters versah. Ich hatte sonst bis dahin wegen der grau-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/266>, abgerufen am 04.05.2024.