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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band.

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in besonderes Gewicht darauf, daß man bei Arbeiter-Wohnhäusern sich damit
begnüge auf das Erdgeschoß nicht mehr als zwei Stockwerke aufzuführen.




2.
Wie veranschaulichte die Weltausstellung die Ansprüche
der öffentlichen Gesundheitspflege an die Nahrungsmittel?

Die Nahrung muß dem Menschen dasjenige Material zuführen, aus
welchem er seine Körpergewebe bildet. Sie muß von entsprechender Menge
und Beschaffenheit sein, damit er im Stande sei die Körpergewebe zu dem
Aufbaue seiner Organe und zu dem Umsätze in diejenigen Kräfte zu ver¬
wenden, welche theils den Stoffwechsel bewirken, theils durch körperliche und
geistige Arbeit sich äußern. Derjenige Theil des Stoffes, welcher bei dem
Umsätze in Kraft verbraucht wird, muß ersetzt werden. Darin, daß die
Nahrung diesen Ersatz leistet, liegt ihre Bedeutung. Die Erhaltung der
Gesundheit, sowie der körperlichen und geistigen Arbeitsfähigkeit ist nur dann
möglich, wenn die Nahrung jenen Ersatz genügend leistet.

Aus dieser Erwägung erklärt sich das Interesse, welches die öffentliche Gesund¬
heitspflege an den Nahrungsmitteln nimmt, und das Gewicht, welches sie darauf
legt, daß dieselben in ausreichender Menge und von guter Beschaffenheit seien.

Die erforderliche Menge eines Nahrungsmittels hängt wesentlich ab von
seinem Nährwerthe, d.h. von dem Werthe, welchen die Bestandtheile
des Nahrungsmittels für die Ernährung haben. In der Unterrichtsgruppe
der Oesterreichischen Abtheilung und in dem Pavillon des österreichischen
landwirthschaftlichen Ministeriums waren auf der Ausstellung die Nähr¬
werthe verschiedener Nahrungsmittel anschaulich gemacht. Es war nämlich
eine Reihe von gleich weiten Glascylindern ausgestellt, von denen jeder ein
Nahrungsmittel enthielt; durch die Höhe der von ihm dargestellten Säule
wurde die Größe seines Nährwerthes bezeichnet, so daß man eine vergleichende
Uebersicht gewinnen konnte Als Maßstab für die Bezeichnung des Nähr¬
werthes hat man den Gehalt der Nahrungsmittel an Stickstoff angenommen
und der Säule in dem Cylinder die dem Stickstoffgehalte entsprechende Höhe
gegeben. Von dem wissenschaftlichen Standpunkte aus muß man diese,
namentlich in England sehr beliebte, Methode der Darstellung des Nähr¬
werthes als eine einseitige bezeichnen, sie gewährt indeß eine annähernde Vor¬
stellung von der Verschiedenheit desselben. Der Kaiser von Oesterreich war
bei dem Anblicke der Glascylinder sehr überrascht durch den niedrigen Nähr¬
werth des Kommisbrotes und bedauerte lebhaft, daß seine Soldaten auf
dasselbe angewiesen seien.

Dem Mangel an manchen Nahrungsmitteln in dieser oder jener Gegend
sucht man dadurch abzuhelfen, daß man dieselben in unverdorbenen Zustande


in besonderes Gewicht darauf, daß man bei Arbeiter-Wohnhäusern sich damit
begnüge auf das Erdgeschoß nicht mehr als zwei Stockwerke aufzuführen.




2.
Wie veranschaulichte die Weltausstellung die Ansprüche
der öffentlichen Gesundheitspflege an die Nahrungsmittel?

Die Nahrung muß dem Menschen dasjenige Material zuführen, aus
welchem er seine Körpergewebe bildet. Sie muß von entsprechender Menge
und Beschaffenheit sein, damit er im Stande sei die Körpergewebe zu dem
Aufbaue seiner Organe und zu dem Umsätze in diejenigen Kräfte zu ver¬
wenden, welche theils den Stoffwechsel bewirken, theils durch körperliche und
geistige Arbeit sich äußern. Derjenige Theil des Stoffes, welcher bei dem
Umsätze in Kraft verbraucht wird, muß ersetzt werden. Darin, daß die
Nahrung diesen Ersatz leistet, liegt ihre Bedeutung. Die Erhaltung der
Gesundheit, sowie der körperlichen und geistigen Arbeitsfähigkeit ist nur dann
möglich, wenn die Nahrung jenen Ersatz genügend leistet.

Aus dieser Erwägung erklärt sich das Interesse, welches die öffentliche Gesund¬
heitspflege an den Nahrungsmitteln nimmt, und das Gewicht, welches sie darauf
legt, daß dieselben in ausreichender Menge und von guter Beschaffenheit seien.

Die erforderliche Menge eines Nahrungsmittels hängt wesentlich ab von
seinem Nährwerthe, d.h. von dem Werthe, welchen die Bestandtheile
des Nahrungsmittels für die Ernährung haben. In der Unterrichtsgruppe
der Oesterreichischen Abtheilung und in dem Pavillon des österreichischen
landwirthschaftlichen Ministeriums waren auf der Ausstellung die Nähr¬
werthe verschiedener Nahrungsmittel anschaulich gemacht. Es war nämlich
eine Reihe von gleich weiten Glascylindern ausgestellt, von denen jeder ein
Nahrungsmittel enthielt; durch die Höhe der von ihm dargestellten Säule
wurde die Größe seines Nährwerthes bezeichnet, so daß man eine vergleichende
Uebersicht gewinnen konnte Als Maßstab für die Bezeichnung des Nähr¬
werthes hat man den Gehalt der Nahrungsmittel an Stickstoff angenommen
und der Säule in dem Cylinder die dem Stickstoffgehalte entsprechende Höhe
gegeben. Von dem wissenschaftlichen Standpunkte aus muß man diese,
namentlich in England sehr beliebte, Methode der Darstellung des Nähr¬
werthes als eine einseitige bezeichnen, sie gewährt indeß eine annähernde Vor¬
stellung von der Verschiedenheit desselben. Der Kaiser von Oesterreich war
bei dem Anblicke der Glascylinder sehr überrascht durch den niedrigen Nähr¬
werth des Kommisbrotes und bedauerte lebhaft, daß seine Soldaten auf
dasselbe angewiesen seien.

Dem Mangel an manchen Nahrungsmitteln in dieser oder jener Gegend
sucht man dadurch abzuhelfen, daß man dieselben in unverdorbenen Zustande


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[0378] in besonderes Gewicht darauf, daß man bei Arbeiter-Wohnhäusern sich damit begnüge auf das Erdgeschoß nicht mehr als zwei Stockwerke aufzuführen. 2. Wie veranschaulichte die Weltausstellung die Ansprüche der öffentlichen Gesundheitspflege an die Nahrungsmittel? Die Nahrung muß dem Menschen dasjenige Material zuführen, aus welchem er seine Körpergewebe bildet. Sie muß von entsprechender Menge und Beschaffenheit sein, damit er im Stande sei die Körpergewebe zu dem Aufbaue seiner Organe und zu dem Umsätze in diejenigen Kräfte zu ver¬ wenden, welche theils den Stoffwechsel bewirken, theils durch körperliche und geistige Arbeit sich äußern. Derjenige Theil des Stoffes, welcher bei dem Umsätze in Kraft verbraucht wird, muß ersetzt werden. Darin, daß die Nahrung diesen Ersatz leistet, liegt ihre Bedeutung. Die Erhaltung der Gesundheit, sowie der körperlichen und geistigen Arbeitsfähigkeit ist nur dann möglich, wenn die Nahrung jenen Ersatz genügend leistet. Aus dieser Erwägung erklärt sich das Interesse, welches die öffentliche Gesund¬ heitspflege an den Nahrungsmitteln nimmt, und das Gewicht, welches sie darauf legt, daß dieselben in ausreichender Menge und von guter Beschaffenheit seien. Die erforderliche Menge eines Nahrungsmittels hängt wesentlich ab von seinem Nährwerthe, d.h. von dem Werthe, welchen die Bestandtheile des Nahrungsmittels für die Ernährung haben. In der Unterrichtsgruppe der Oesterreichischen Abtheilung und in dem Pavillon des österreichischen landwirthschaftlichen Ministeriums waren auf der Ausstellung die Nähr¬ werthe verschiedener Nahrungsmittel anschaulich gemacht. Es war nämlich eine Reihe von gleich weiten Glascylindern ausgestellt, von denen jeder ein Nahrungsmittel enthielt; durch die Höhe der von ihm dargestellten Säule wurde die Größe seines Nährwerthes bezeichnet, so daß man eine vergleichende Uebersicht gewinnen konnte Als Maßstab für die Bezeichnung des Nähr¬ werthes hat man den Gehalt der Nahrungsmittel an Stickstoff angenommen und der Säule in dem Cylinder die dem Stickstoffgehalte entsprechende Höhe gegeben. Von dem wissenschaftlichen Standpunkte aus muß man diese, namentlich in England sehr beliebte, Methode der Darstellung des Nähr¬ werthes als eine einseitige bezeichnen, sie gewährt indeß eine annähernde Vor¬ stellung von der Verschiedenheit desselben. Der Kaiser von Oesterreich war bei dem Anblicke der Glascylinder sehr überrascht durch den niedrigen Nähr¬ werth des Kommisbrotes und bedauerte lebhaft, daß seine Soldaten auf dasselbe angewiesen seien. Dem Mangel an manchen Nahrungsmitteln in dieser oder jener Gegend sucht man dadurch abzuhelfen, daß man dieselben in unverdorbenen Zustande

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_131175/378>, abgerufen am 07.05.2024.