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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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Aas Kauf Sachs-Denkmal zu Uürnöerg.

Hans Sachs wurde am 6. November 1494 als Sohn des Schneiders
Jörg Sachs zu Nürnberg geboren, besuchte, wie er selbst in seinem Gedichte
"Valets" erzählt, zunächst die lateinische Schule seiner Vaterstadt, wo er u.
A. "(Al-aillmatiea und Nusion," lernte, und begann, fünfzehn Jahre alt, die
Erlernung des Schuhmacher-Handwerks. Nach Vollendung seiner zweijäh¬
rigen Lehrzeit begab er sich auf die Wanderschaft, durchzog Franken, Bayern
und die Gegenden des Rheins, bildete sich überall, neben seinem Handwerke vor
Allem im Meistergesang aus. Im Jahre 1516 nach Nürnberg zurückgekehrt,
machte er sein Meisterstück und lebte fortan daselbst der Ausübung seines
Handwerks und der Dichtkunst. Er verheirathete sich mit Kunigunde
Crenzer, mit der er 41 Jahre lang in sehr glücklicher Ehe lebte. Seine sieben
Kinder starben jedoch sämmtlich vor ihm. Als im Jahre 1560 auch seine
Frau gestorben war, vermählte er sich, 66 Jahre alt, zum zweiten Mate und
zwar mit Barbara Hascher, deren Lob er voll Begeisterung gesungen hat.
Hans Sachs starb, nachdem er seine reiche Begabung stets zur Belehrung
und Verbesserung seiner Mitmenschen verwerthet hatte, von seinen Mitbürgern
hoch geehrt, 81 Jahre alt, am 20. Januar 1576 und wurde auf dem Jo-
hannis-Kirchhofe begraben.

Die Bedeutung des Hans Sachs liegt weniger in seinen Meistergesängen,
welche er auch nicht in die Sammlung seiner Werke aufnahm, sondern in
seinen außerhalb der Meisterschule entstandenen Dichtungen, mit welchen er
alle anderen Dichter seiner Zeit weit überragt. Die ersteren kamen eben nur
der Nürnberger Metstcrschule zu gut; mit den letzteren aber wirkte er auf
alle seine Mitbürger, ja auf die ganze deutsche Nation ein: Hans Sachs war
ein musterhafter Bürger und durch und durch ein ächt deutscher Mann; in
ihm vereinigte sich der Gelehrte mit dem Manne des Volks in glücklichster
Weise. Er kannte nicht nur die deutsche Heldensage, sondern auch die Ge¬
schichte und die Mythologie des klassischen Alterthums und verstand es vor-
trefflich, den reichen Schatz seines Wissens für das Volk nutzbar zu machen.
Hans Sachs war überhaupt ein hochgebildeter Mann, stand den Besten seiner
Zeit gleich. Der durch Luther angeregten Bewegung schloß er sich mit vollem
Verständniß und aus tiefer Ueberzeugung an. Luther's Auftreten begrüßte
er im Jahre 1523 durch ein Gedicht "Die Wittenbergische Nachtigall, die
man jetzt höret überall". Dasselbe machte den Dichter zuerst in weiteren
Kreisen bekannt und trug nicht wenig zur Förderung der Reformation in
Nürnberg bei. Als Dichter war Hans Sachs überaus fruchtbar. Die Zahl
seiner Gedichte, welche er in 54 Jahren verfaßt, beträgt über sechstausend.
In seinen alten Tagen faßte er oft den Vorsatz, nun aufzuhören; und doch


Aas Kauf Sachs-Denkmal zu Uürnöerg.

Hans Sachs wurde am 6. November 1494 als Sohn des Schneiders
Jörg Sachs zu Nürnberg geboren, besuchte, wie er selbst in seinem Gedichte
„Valets" erzählt, zunächst die lateinische Schule seiner Vaterstadt, wo er u.
A. „(Al-aillmatiea und Nusion," lernte, und begann, fünfzehn Jahre alt, die
Erlernung des Schuhmacher-Handwerks. Nach Vollendung seiner zweijäh¬
rigen Lehrzeit begab er sich auf die Wanderschaft, durchzog Franken, Bayern
und die Gegenden des Rheins, bildete sich überall, neben seinem Handwerke vor
Allem im Meistergesang aus. Im Jahre 1516 nach Nürnberg zurückgekehrt,
machte er sein Meisterstück und lebte fortan daselbst der Ausübung seines
Handwerks und der Dichtkunst. Er verheirathete sich mit Kunigunde
Crenzer, mit der er 41 Jahre lang in sehr glücklicher Ehe lebte. Seine sieben
Kinder starben jedoch sämmtlich vor ihm. Als im Jahre 1560 auch seine
Frau gestorben war, vermählte er sich, 66 Jahre alt, zum zweiten Mate und
zwar mit Barbara Hascher, deren Lob er voll Begeisterung gesungen hat.
Hans Sachs starb, nachdem er seine reiche Begabung stets zur Belehrung
und Verbesserung seiner Mitmenschen verwerthet hatte, von seinen Mitbürgern
hoch geehrt, 81 Jahre alt, am 20. Januar 1576 und wurde auf dem Jo-
hannis-Kirchhofe begraben.

Die Bedeutung des Hans Sachs liegt weniger in seinen Meistergesängen,
welche er auch nicht in die Sammlung seiner Werke aufnahm, sondern in
seinen außerhalb der Meisterschule entstandenen Dichtungen, mit welchen er
alle anderen Dichter seiner Zeit weit überragt. Die ersteren kamen eben nur
der Nürnberger Metstcrschule zu gut; mit den letzteren aber wirkte er auf
alle seine Mitbürger, ja auf die ganze deutsche Nation ein: Hans Sachs war
ein musterhafter Bürger und durch und durch ein ächt deutscher Mann; in
ihm vereinigte sich der Gelehrte mit dem Manne des Volks in glücklichster
Weise. Er kannte nicht nur die deutsche Heldensage, sondern auch die Ge¬
schichte und die Mythologie des klassischen Alterthums und verstand es vor-
trefflich, den reichen Schatz seines Wissens für das Volk nutzbar zu machen.
Hans Sachs war überhaupt ein hochgebildeter Mann, stand den Besten seiner
Zeit gleich. Der durch Luther angeregten Bewegung schloß er sich mit vollem
Verständniß und aus tiefer Ueberzeugung an. Luther's Auftreten begrüßte
er im Jahre 1523 durch ein Gedicht „Die Wittenbergische Nachtigall, die
man jetzt höret überall". Dasselbe machte den Dichter zuerst in weiteren
Kreisen bekannt und trug nicht wenig zur Förderung der Reformation in
Nürnberg bei. Als Dichter war Hans Sachs überaus fruchtbar. Die Zahl
seiner Gedichte, welche er in 54 Jahren verfaßt, beträgt über sechstausend.
In seinen alten Tagen faßte er oft den Vorsatz, nun aufzuhören; und doch


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[0126] Aas Kauf Sachs-Denkmal zu Uürnöerg. Hans Sachs wurde am 6. November 1494 als Sohn des Schneiders Jörg Sachs zu Nürnberg geboren, besuchte, wie er selbst in seinem Gedichte „Valets" erzählt, zunächst die lateinische Schule seiner Vaterstadt, wo er u. A. „(Al-aillmatiea und Nusion," lernte, und begann, fünfzehn Jahre alt, die Erlernung des Schuhmacher-Handwerks. Nach Vollendung seiner zweijäh¬ rigen Lehrzeit begab er sich auf die Wanderschaft, durchzog Franken, Bayern und die Gegenden des Rheins, bildete sich überall, neben seinem Handwerke vor Allem im Meistergesang aus. Im Jahre 1516 nach Nürnberg zurückgekehrt, machte er sein Meisterstück und lebte fortan daselbst der Ausübung seines Handwerks und der Dichtkunst. Er verheirathete sich mit Kunigunde Crenzer, mit der er 41 Jahre lang in sehr glücklicher Ehe lebte. Seine sieben Kinder starben jedoch sämmtlich vor ihm. Als im Jahre 1560 auch seine Frau gestorben war, vermählte er sich, 66 Jahre alt, zum zweiten Mate und zwar mit Barbara Hascher, deren Lob er voll Begeisterung gesungen hat. Hans Sachs starb, nachdem er seine reiche Begabung stets zur Belehrung und Verbesserung seiner Mitmenschen verwerthet hatte, von seinen Mitbürgern hoch geehrt, 81 Jahre alt, am 20. Januar 1576 und wurde auf dem Jo- hannis-Kirchhofe begraben. Die Bedeutung des Hans Sachs liegt weniger in seinen Meistergesängen, welche er auch nicht in die Sammlung seiner Werke aufnahm, sondern in seinen außerhalb der Meisterschule entstandenen Dichtungen, mit welchen er alle anderen Dichter seiner Zeit weit überragt. Die ersteren kamen eben nur der Nürnberger Metstcrschule zu gut; mit den letzteren aber wirkte er auf alle seine Mitbürger, ja auf die ganze deutsche Nation ein: Hans Sachs war ein musterhafter Bürger und durch und durch ein ächt deutscher Mann; in ihm vereinigte sich der Gelehrte mit dem Manne des Volks in glücklichster Weise. Er kannte nicht nur die deutsche Heldensage, sondern auch die Ge¬ schichte und die Mythologie des klassischen Alterthums und verstand es vor- trefflich, den reichen Schatz seines Wissens für das Volk nutzbar zu machen. Hans Sachs war überhaupt ein hochgebildeter Mann, stand den Besten seiner Zeit gleich. Der durch Luther angeregten Bewegung schloß er sich mit vollem Verständniß und aus tiefer Ueberzeugung an. Luther's Auftreten begrüßte er im Jahre 1523 durch ein Gedicht „Die Wittenbergische Nachtigall, die man jetzt höret überall". Dasselbe machte den Dichter zuerst in weiteren Kreisen bekannt und trug nicht wenig zur Förderung der Reformation in Nürnberg bei. Als Dichter war Hans Sachs überaus fruchtbar. Die Zahl seiner Gedichte, welche er in 54 Jahren verfaßt, beträgt über sechstausend. In seinen alten Tagen faßte er oft den Vorsatz, nun aufzuhören; und doch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/126>, abgerufen am 06.05.2024.