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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Freunde selbst, die den schönen Lebensgenuß in mir fürchterlich hart störten.
Ich suchte außerhalb Athens, im stillen Landleben meinen Geist zu erholen
und zu stärken. Mein Einfluß auf die mich liebenden Freunde hatte indessen
geseegnete Folgen, doch die Geschäfte mit den Marmorn waren in eine äußerst
traurige und für uns nachtheilige Verwicklung gekommen. Mein Herz erholte
sich um so mehr, als nun mein seit ein paar Jahren von mir getrennter
Freund Cockerell zurückkam, und zu mir aufs Land zog, und wir über unsern
Arbeiten den schönen Frieden auf den Sturm theilten.

Von meinen andern Freunden war der liebe Links nach Constantinopel,
der liebe Stackelberg nach dem Peloponnes, und der liebe Gropius nach
Salonichi (Salonika) gegangen. Schwere Sorgen drückten mich, denn ich
war durch eine große Schuldenlast verwickelt, und der Termin ein bedeutendes
Capital absolut heimzahlen zu müssen, näherte heran, ohne daß ich die Folgen
meiner Bemühungen, das Geld zu erhalten, gedeihen sah. --

Doch die härteste Prüfung für mein Herze war mir noch aufbehalten,
auf den. fchröklichen Augenblick, wo mein Cockerell in einer hitzigen Fieber¬
krankheit in meinen Armen mit dem Tode rang. Gott hat mein Gebet für
seine Erhaltung erhört, und sobald es sein Zustand erlaubte, begleitete ich
ihn in die Stadt, wo wir zusammen wohnten. Kurz zuvor gelang es mir
auch jene Schuld zahlen zu können, und somit meinen Credit zu erhalten,
denn auf eine wunderbare Weise kam am Tag vor dem Ausgang des Termins
endlich einmal wieder ein Brief des Kronprinzen an mich, in welchen er sich
für die Annahme meines Antheils an den Phigalienischen Marmorn erklärte,
uni" damit einen Credit schickte, um meine Auslage für die auf diesen Theil
kommende Erwerbs - Unkosten remboussiren zu können, womit ich also jene
Schuld rechtlich tilgen konnte.


Den 8. November 1814.

Im September verlies mich mein Freund Stackelberg, in der Absicht
über Salonika durch Ungarn nach Wien zu reisen. Ich begleitete ihn bis
M dem einige Meilen von Athen gelegenen alten Decelium, wo wir zeich¬
nend noch ein paar Tage schön zusammenlebten. Nachdem ich zu Athen ein
Paar Briefe von dem glücklichen Fortgang seiner Reise erhalten gehabt hatte,
^in ein dritter, der mir und Cockerell die Schilderung seiner schröklichen Lage
w Seeräubers-Händen gab. Sie hatten ihm nach Beraubung von Allem,
unter Drohungen von Martern und Todt, gezwungen an seine Freunde nach
Athen um seine Lösung und um 60,000 türkische Piaster zu schreiben. Der
Räuber. Anführer selbst hatte an Hrn. Faurel geschrieben, daß wenn man
den von ihnen zum Sklaven gemachten Mann nicht mit jener Summa lösen
Würde, er ihn geviertheilt nach Athen Schiller wolle. Alles was wir auf den


Freunde selbst, die den schönen Lebensgenuß in mir fürchterlich hart störten.
Ich suchte außerhalb Athens, im stillen Landleben meinen Geist zu erholen
und zu stärken. Mein Einfluß auf die mich liebenden Freunde hatte indessen
geseegnete Folgen, doch die Geschäfte mit den Marmorn waren in eine äußerst
traurige und für uns nachtheilige Verwicklung gekommen. Mein Herz erholte
sich um so mehr, als nun mein seit ein paar Jahren von mir getrennter
Freund Cockerell zurückkam, und zu mir aufs Land zog, und wir über unsern
Arbeiten den schönen Frieden auf den Sturm theilten.

Von meinen andern Freunden war der liebe Links nach Constantinopel,
der liebe Stackelberg nach dem Peloponnes, und der liebe Gropius nach
Salonichi (Salonika) gegangen. Schwere Sorgen drückten mich, denn ich
war durch eine große Schuldenlast verwickelt, und der Termin ein bedeutendes
Capital absolut heimzahlen zu müssen, näherte heran, ohne daß ich die Folgen
meiner Bemühungen, das Geld zu erhalten, gedeihen sah. —

Doch die härteste Prüfung für mein Herze war mir noch aufbehalten,
auf den. fchröklichen Augenblick, wo mein Cockerell in einer hitzigen Fieber¬
krankheit in meinen Armen mit dem Tode rang. Gott hat mein Gebet für
seine Erhaltung erhört, und sobald es sein Zustand erlaubte, begleitete ich
ihn in die Stadt, wo wir zusammen wohnten. Kurz zuvor gelang es mir
auch jene Schuld zahlen zu können, und somit meinen Credit zu erhalten,
denn auf eine wunderbare Weise kam am Tag vor dem Ausgang des Termins
endlich einmal wieder ein Brief des Kronprinzen an mich, in welchen er sich
für die Annahme meines Antheils an den Phigalienischen Marmorn erklärte,
uni» damit einen Credit schickte, um meine Auslage für die auf diesen Theil
kommende Erwerbs - Unkosten remboussiren zu können, womit ich also jene
Schuld rechtlich tilgen konnte.


Den 8. November 1814.

Im September verlies mich mein Freund Stackelberg, in der Absicht
über Salonika durch Ungarn nach Wien zu reisen. Ich begleitete ihn bis
M dem einige Meilen von Athen gelegenen alten Decelium, wo wir zeich¬
nend noch ein paar Tage schön zusammenlebten. Nachdem ich zu Athen ein
Paar Briefe von dem glücklichen Fortgang seiner Reise erhalten gehabt hatte,
^in ein dritter, der mir und Cockerell die Schilderung seiner schröklichen Lage
w Seeräubers-Händen gab. Sie hatten ihm nach Beraubung von Allem,
unter Drohungen von Martern und Todt, gezwungen an seine Freunde nach
Athen um seine Lösung und um 60,000 türkische Piaster zu schreiben. Der
Räuber. Anführer selbst hatte an Hrn. Faurel geschrieben, daß wenn man
den von ihnen zum Sklaven gemachten Mann nicht mit jener Summa lösen
Würde, er ihn geviertheilt nach Athen Schiller wolle. Alles was wir auf den


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[0271] Freunde selbst, die den schönen Lebensgenuß in mir fürchterlich hart störten. Ich suchte außerhalb Athens, im stillen Landleben meinen Geist zu erholen und zu stärken. Mein Einfluß auf die mich liebenden Freunde hatte indessen geseegnete Folgen, doch die Geschäfte mit den Marmorn waren in eine äußerst traurige und für uns nachtheilige Verwicklung gekommen. Mein Herz erholte sich um so mehr, als nun mein seit ein paar Jahren von mir getrennter Freund Cockerell zurückkam, und zu mir aufs Land zog, und wir über unsern Arbeiten den schönen Frieden auf den Sturm theilten. Von meinen andern Freunden war der liebe Links nach Constantinopel, der liebe Stackelberg nach dem Peloponnes, und der liebe Gropius nach Salonichi (Salonika) gegangen. Schwere Sorgen drückten mich, denn ich war durch eine große Schuldenlast verwickelt, und der Termin ein bedeutendes Capital absolut heimzahlen zu müssen, näherte heran, ohne daß ich die Folgen meiner Bemühungen, das Geld zu erhalten, gedeihen sah. — Doch die härteste Prüfung für mein Herze war mir noch aufbehalten, auf den. fchröklichen Augenblick, wo mein Cockerell in einer hitzigen Fieber¬ krankheit in meinen Armen mit dem Tode rang. Gott hat mein Gebet für seine Erhaltung erhört, und sobald es sein Zustand erlaubte, begleitete ich ihn in die Stadt, wo wir zusammen wohnten. Kurz zuvor gelang es mir auch jene Schuld zahlen zu können, und somit meinen Credit zu erhalten, denn auf eine wunderbare Weise kam am Tag vor dem Ausgang des Termins endlich einmal wieder ein Brief des Kronprinzen an mich, in welchen er sich für die Annahme meines Antheils an den Phigalienischen Marmorn erklärte, uni» damit einen Credit schickte, um meine Auslage für die auf diesen Theil kommende Erwerbs - Unkosten remboussiren zu können, womit ich also jene Schuld rechtlich tilgen konnte. Den 8. November 1814. Im September verlies mich mein Freund Stackelberg, in der Absicht über Salonika durch Ungarn nach Wien zu reisen. Ich begleitete ihn bis M dem einige Meilen von Athen gelegenen alten Decelium, wo wir zeich¬ nend noch ein paar Tage schön zusammenlebten. Nachdem ich zu Athen ein Paar Briefe von dem glücklichen Fortgang seiner Reise erhalten gehabt hatte, ^in ein dritter, der mir und Cockerell die Schilderung seiner schröklichen Lage w Seeräubers-Händen gab. Sie hatten ihm nach Beraubung von Allem, unter Drohungen von Martern und Todt, gezwungen an seine Freunde nach Athen um seine Lösung und um 60,000 türkische Piaster zu schreiben. Der Räuber. Anführer selbst hatte an Hrn. Faurel geschrieben, daß wenn man den von ihnen zum Sklaven gemachten Mann nicht mit jener Summa lösen Würde, er ihn geviertheilt nach Athen Schiller wolle. Alles was wir auf den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/271>, abgerufen am 06.05.2024.