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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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und die politische Macht Englands keinen wesentlichen Einfluß äußern, so¬
lange der überwiegende Theil der Produktion noch durch die Industrie und
den Bergbau gewonnen wird. Allein unaushaltbar naht der Tag heran, wo
die Kohlen- und Eisenschätze -- deren Erschöpfung nach 200 Jahren bevor¬
stehen soll -- so schwierig zu gewinnen sein werden, daß ihr Preis beträcht¬
lich steigt und daß auch den Fabriken- und Hüttenwerken die Concurrenz
mit dem Auslande schwieriger werden wird. Dann wird der Tag kommen,
wo auch die Bergleute und Fabrikarbeiter mehr als bisher von der Auswan¬
derung werden angezogen werden. Genießt Großbritannien durch seine ge¬
schützte Insel-Lage auch den Vortheil, daß es für die Aufrechterhaltung seiner
politischen Macht keines so zahlreichen Heeres bedarf als die Staaten des
Continents, und daß es daher länger dauert, bis seine Wehrkraft durch den
zu großen Wegzug rüstiger Arbeitskräfte geschmälert wird, so ist deren Sinken
und Verfall endlich doch unausbleiblich, wenn es bei der bisherigen Agrar¬
politik verharrt.

Die englische Nation muß entweder eine radicale Reform ihres Grund¬
eigenthumrechts vornehmen, was allerdings nur nach einem erbitterten Kampfe
mit der Aristokratie erreicht werden kann, welche demselben ihre bevorzugte
Stellung und ihren Reichthum verdankt, oder sie muß sich mit dem Gedanken
vertraut machen, daß immermehr der rüstige Theil der arbeitenden Bevölkerung
auswandert, so daß zuletzt die Verminderung der Kopfzahl, von der bis jetzt
nur die Landwirthschaft betroffen ist, sich auf die gesammte Bevölkerung er¬
streckt, daß der Mittelstand vollständig schwindet, und es zuletzt nur noch reiche
Ecipitalisten und Grundherren und arme Dienstboten und Arbeiter giebt und
das stolze Brittenreich von der stolzen Höhe herabsteigt, welche es jetzt noch
mit Mühe behauptet.




Lin neuer Aand der "WneriKanischen Kumoristm"

In diesen Tagen ist der dritte Band der "Amerikanischen Humoristen",
übersetzt von Moritz Busch (im Verlage von Fr. Will). Grunow in Leipzig)
erschienen. Er enthält "die Geschichte eines bösen Buben und drei
andere schöne Historien" von Thomas Bailey Aldrich. --

Als wir im Herbste v. I. ') diesen amerikanischen Dichter bei unsern
Lesern zugleich mit dem ersten Bande der vorliegenden interessanten Sammlung



") Grenzboten 1874, 4. Quartal S. 02.

und die politische Macht Englands keinen wesentlichen Einfluß äußern, so¬
lange der überwiegende Theil der Produktion noch durch die Industrie und
den Bergbau gewonnen wird. Allein unaushaltbar naht der Tag heran, wo
die Kohlen- und Eisenschätze — deren Erschöpfung nach 200 Jahren bevor¬
stehen soll — so schwierig zu gewinnen sein werden, daß ihr Preis beträcht¬
lich steigt und daß auch den Fabriken- und Hüttenwerken die Concurrenz
mit dem Auslande schwieriger werden wird. Dann wird der Tag kommen,
wo auch die Bergleute und Fabrikarbeiter mehr als bisher von der Auswan¬
derung werden angezogen werden. Genießt Großbritannien durch seine ge¬
schützte Insel-Lage auch den Vortheil, daß es für die Aufrechterhaltung seiner
politischen Macht keines so zahlreichen Heeres bedarf als die Staaten des
Continents, und daß es daher länger dauert, bis seine Wehrkraft durch den
zu großen Wegzug rüstiger Arbeitskräfte geschmälert wird, so ist deren Sinken
und Verfall endlich doch unausbleiblich, wenn es bei der bisherigen Agrar¬
politik verharrt.

Die englische Nation muß entweder eine radicale Reform ihres Grund¬
eigenthumrechts vornehmen, was allerdings nur nach einem erbitterten Kampfe
mit der Aristokratie erreicht werden kann, welche demselben ihre bevorzugte
Stellung und ihren Reichthum verdankt, oder sie muß sich mit dem Gedanken
vertraut machen, daß immermehr der rüstige Theil der arbeitenden Bevölkerung
auswandert, so daß zuletzt die Verminderung der Kopfzahl, von der bis jetzt
nur die Landwirthschaft betroffen ist, sich auf die gesammte Bevölkerung er¬
streckt, daß der Mittelstand vollständig schwindet, und es zuletzt nur noch reiche
Ecipitalisten und Grundherren und arme Dienstboten und Arbeiter giebt und
das stolze Brittenreich von der stolzen Höhe herabsteigt, welche es jetzt noch
mit Mühe behauptet.




Lin neuer Aand der „WneriKanischen Kumoristm"

In diesen Tagen ist der dritte Band der „Amerikanischen Humoristen",
übersetzt von Moritz Busch (im Verlage von Fr. Will). Grunow in Leipzig)
erschienen. Er enthält „die Geschichte eines bösen Buben und drei
andere schöne Historien" von Thomas Bailey Aldrich. —

Als wir im Herbste v. I. ') diesen amerikanischen Dichter bei unsern
Lesern zugleich mit dem ersten Bande der vorliegenden interessanten Sammlung



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[0428] und die politische Macht Englands keinen wesentlichen Einfluß äußern, so¬ lange der überwiegende Theil der Produktion noch durch die Industrie und den Bergbau gewonnen wird. Allein unaushaltbar naht der Tag heran, wo die Kohlen- und Eisenschätze — deren Erschöpfung nach 200 Jahren bevor¬ stehen soll — so schwierig zu gewinnen sein werden, daß ihr Preis beträcht¬ lich steigt und daß auch den Fabriken- und Hüttenwerken die Concurrenz mit dem Auslande schwieriger werden wird. Dann wird der Tag kommen, wo auch die Bergleute und Fabrikarbeiter mehr als bisher von der Auswan¬ derung werden angezogen werden. Genießt Großbritannien durch seine ge¬ schützte Insel-Lage auch den Vortheil, daß es für die Aufrechterhaltung seiner politischen Macht keines so zahlreichen Heeres bedarf als die Staaten des Continents, und daß es daher länger dauert, bis seine Wehrkraft durch den zu großen Wegzug rüstiger Arbeitskräfte geschmälert wird, so ist deren Sinken und Verfall endlich doch unausbleiblich, wenn es bei der bisherigen Agrar¬ politik verharrt. Die englische Nation muß entweder eine radicale Reform ihres Grund¬ eigenthumrechts vornehmen, was allerdings nur nach einem erbitterten Kampfe mit der Aristokratie erreicht werden kann, welche demselben ihre bevorzugte Stellung und ihren Reichthum verdankt, oder sie muß sich mit dem Gedanken vertraut machen, daß immermehr der rüstige Theil der arbeitenden Bevölkerung auswandert, so daß zuletzt die Verminderung der Kopfzahl, von der bis jetzt nur die Landwirthschaft betroffen ist, sich auf die gesammte Bevölkerung er¬ streckt, daß der Mittelstand vollständig schwindet, und es zuletzt nur noch reiche Ecipitalisten und Grundherren und arme Dienstboten und Arbeiter giebt und das stolze Brittenreich von der stolzen Höhe herabsteigt, welche es jetzt noch mit Mühe behauptet. Lin neuer Aand der „WneriKanischen Kumoristm" In diesen Tagen ist der dritte Band der „Amerikanischen Humoristen", übersetzt von Moritz Busch (im Verlage von Fr. Will). Grunow in Leipzig) erschienen. Er enthält „die Geschichte eines bösen Buben und drei andere schöne Historien" von Thomas Bailey Aldrich. — Als wir im Herbste v. I. ') diesen amerikanischen Dichter bei unsern Lesern zugleich mit dem ersten Bande der vorliegenden interessanten Sammlung ") Grenzboten 1874, 4. Quartal S. 02.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/428>, abgerufen am 07.05.2024.