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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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nichts anderes als ein gewaltthätiges Machwerk rathender und verrosteter
Gelehrsamkeit, mithin das schnurgerade Gegentheil echter Volkssage."

Im nächsten Artikel werden wir dem interessanten Buche bei der Lösung
einiger weiteren mit der Tellsage verknüpften Fragen folgen, sehen, wie der
Geßler derselben nie eristirt hat, und über ihre Entstehung wettere Auf¬
schlüsse gewinnen.




Line Aeise in Angola.
Von Herman Soyaux.*)

An einem Sonntagmorgen im Monat März des Jahres 187S blickte
die Sonne noch nicht über die nahen Berge, als die deutsche Cassadje-
Expedition in Dondo, einer kleinen Stadt Angolas, ca. 152 engl. Meilen
von der Küste des atlantischen Oceans entfernt, zum Aufbruch in das
Innere Afrikas bereit stand. -- Es war eine recht stattliche Karavane,
die sich dort unter den ersten Waldbäumen nahe der Kipakallabrücke ver¬
sammelt!'; sie bestand aus dem Major von Homeyer, Dr. Pogge und dem
Schreiber dieses, als Mitgliedern der Expedition, Herrn Kapitain Alexanderson,
einem Deutschen aus Dondo, der uns begleitete, und Major Marques,
Chef des Presidios und der Militairgewalt von Dondo.

Zu Trägern des Gepäckes und unserer Hängematten (der Droschken
West-Afrikas) hatten wir ca. 60 Neger und außerdem noch einige Soldaten
als Bedeckung und Zuchtruthe für unsere Träger und die Bewohner der
zu durchziehenden Landstrecken. --

Unser Ziel war M-pungo an Dongo, einer der noch vorhandenen portu-
giesischen Militairposten, ungefähr 210--220 engl. Meilen von den Gestaden
des Atlantic entfernt gelegen. Die portugiesische Colonie Angola besaß in
früherer Blüthezeit des Mutterlandes viele solcher befestigter Plätze im Inneren,
die den Zweck hatten, den Handel zwischen "Weiß und Schwarz" zu schützen
und die quer durch den Afer führenden Wege offen zu halten. Durch die
Bereicherungesucht jedoch und die Grausamkeit der jeweiligen Commandeure
solcher Militairposten wurden Aufstände der Eingeborenen veranlaßt, die



Der Verfasser nahm als Botaniker an der deutschen westafrikanischen Expedition Theil
D. Red. und verweilte zwei Jahre im "schwarzen Erdtheil."

nichts anderes als ein gewaltthätiges Machwerk rathender und verrosteter
Gelehrsamkeit, mithin das schnurgerade Gegentheil echter Volkssage."

Im nächsten Artikel werden wir dem interessanten Buche bei der Lösung
einiger weiteren mit der Tellsage verknüpften Fragen folgen, sehen, wie der
Geßler derselben nie eristirt hat, und über ihre Entstehung wettere Auf¬
schlüsse gewinnen.




Line Aeise in Angola.
Von Herman Soyaux.*)

An einem Sonntagmorgen im Monat März des Jahres 187S blickte
die Sonne noch nicht über die nahen Berge, als die deutsche Cassadje-
Expedition in Dondo, einer kleinen Stadt Angolas, ca. 152 engl. Meilen
von der Küste des atlantischen Oceans entfernt, zum Aufbruch in das
Innere Afrikas bereit stand. — Es war eine recht stattliche Karavane,
die sich dort unter den ersten Waldbäumen nahe der Kipakallabrücke ver¬
sammelt!'; sie bestand aus dem Major von Homeyer, Dr. Pogge und dem
Schreiber dieses, als Mitgliedern der Expedition, Herrn Kapitain Alexanderson,
einem Deutschen aus Dondo, der uns begleitete, und Major Marques,
Chef des Presidios und der Militairgewalt von Dondo.

Zu Trägern des Gepäckes und unserer Hängematten (der Droschken
West-Afrikas) hatten wir ca. 60 Neger und außerdem noch einige Soldaten
als Bedeckung und Zuchtruthe für unsere Träger und die Bewohner der
zu durchziehenden Landstrecken. —

Unser Ziel war M-pungo an Dongo, einer der noch vorhandenen portu-
giesischen Militairposten, ungefähr 210—220 engl. Meilen von den Gestaden
des Atlantic entfernt gelegen. Die portugiesische Colonie Angola besaß in
früherer Blüthezeit des Mutterlandes viele solcher befestigter Plätze im Inneren,
die den Zweck hatten, den Handel zwischen „Weiß und Schwarz" zu schützen
und die quer durch den Afer führenden Wege offen zu halten. Durch die
Bereicherungesucht jedoch und die Grausamkeit der jeweiligen Commandeure
solcher Militairposten wurden Aufstände der Eingeborenen veranlaßt, die



Der Verfasser nahm als Botaniker an der deutschen westafrikanischen Expedition Theil
D. Red. und verweilte zwei Jahre im „schwarzen Erdtheil."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/98>, abgerufen am 29.04.2024.