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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Vier Wochen, nachdem Friedrich I. von Nürnberg aus aufgebrochen war,
kam er mit den Flüchtlingen seines Heeres wieder zurück, nachdem er in Böhmen
12,000 Mann an Todten verloren hatte. Der einzige Erfolg dieses Feldzuges
war, daß bei Geistlichen und Weltlichen in Deutschland sich die Meinung fest¬
setzte: "es sei ein unerforschlicher Rathschluß Gottes, daß die Hussiten durch die
Waffen nicht besiegt werden könnten."




Lin neuer Aand der Amerikanischen Humoristen.

Die in d. Vl. wiederholt angezeigte Sammlung Amerikanischer Humoristen,
die in deutscher Uebersetzung von Moritz Busch im Verlage von F. W. Grnnow
in Leipzig erscheint, ist jüngst um einen neuen Band bereichert worden, welcher
drei Erzählungen von Thomas Bailey Aldrich enthält. Wir haben
unsre Leser bereits zweimal mit diesem Schriftsteller bekannt gemacht, als
wir seinen Aufsehen Erregenden Erstlingsroman Prudenee Palsrey und später
seine "Geschichte eines bösen Buben" besprachen. Wir haben damals die Schreib¬
weise von Bailey Aldrich mit derjenigen von Bret Harte und Mark Twain
verglichen und seine Eigenart festzustellen gesucht. Wir verweisen hier auf
jene Abhandlung und gehen zum Inhalt des neuen Bandes über.

Drei Viertheile des Buches nimmt "die Königin von Saba" in
Anspruch, eine größere Novelle mehr, als ein Roman. Der Held ist Edward
Lynde, der zweite Kassirer und Buchhalter der Nautilusbauk zu Nivermouth
^ jenem reizenden kleinen Seestädtchen zwischen New-Ivrk und Boston, in
welchem der "böse Bube" Bailey seine Jugendjahre verlebte und in dessen
nächster Nähe Prudenee Palfrey ihren Landsitz hatte. Der junge Mann ist
in frühem Knabenalter verwaist; David Lynde, sein Onkel, ein reicher alter
Kaufmann und Junggeselle, hat von da an für Edwards Erziehung gesorgt,
doch glücklicherweise den Neffen nicht uuter eigene Leitung und Aufsicht ge¬
nommen -- denn der alte Lynde ist, wie wir gleich sehen werden, ein när¬
rischer alter Kauz -- und so ist das Tüchtigste aus Edward geworden, trotz
der vielen Taschengelder, die ihm der Onkel in jedem Briefe zusteckt. Die
Briefe des Onkels fangen regelmäßig mit den Worten an: "Dein Werthes
vom Sonnabend, ist mir richtig zu Händen gekommen" und endigen ebenso
unabänderlich mit: "Bitte, suche nach dem Beigeschlossenen." In der Pension
An Flatbush "ut später im Kollege schließt Lynde innige Freundschaft mit


Vier Wochen, nachdem Friedrich I. von Nürnberg aus aufgebrochen war,
kam er mit den Flüchtlingen seines Heeres wieder zurück, nachdem er in Böhmen
12,000 Mann an Todten verloren hatte. Der einzige Erfolg dieses Feldzuges
war, daß bei Geistlichen und Weltlichen in Deutschland sich die Meinung fest¬
setzte: „es sei ein unerforschlicher Rathschluß Gottes, daß die Hussiten durch die
Waffen nicht besiegt werden könnten."




Lin neuer Aand der Amerikanischen Humoristen.

Die in d. Vl. wiederholt angezeigte Sammlung Amerikanischer Humoristen,
die in deutscher Uebersetzung von Moritz Busch im Verlage von F. W. Grnnow
in Leipzig erscheint, ist jüngst um einen neuen Band bereichert worden, welcher
drei Erzählungen von Thomas Bailey Aldrich enthält. Wir haben
unsre Leser bereits zweimal mit diesem Schriftsteller bekannt gemacht, als
wir seinen Aufsehen Erregenden Erstlingsroman Prudenee Palsrey und später
seine „Geschichte eines bösen Buben" besprachen. Wir haben damals die Schreib¬
weise von Bailey Aldrich mit derjenigen von Bret Harte und Mark Twain
verglichen und seine Eigenart festzustellen gesucht. Wir verweisen hier auf
jene Abhandlung und gehen zum Inhalt des neuen Bandes über.

Drei Viertheile des Buches nimmt „die Königin von Saba" in
Anspruch, eine größere Novelle mehr, als ein Roman. Der Held ist Edward
Lynde, der zweite Kassirer und Buchhalter der Nautilusbauk zu Nivermouth
^ jenem reizenden kleinen Seestädtchen zwischen New-Ivrk und Boston, in
welchem der „böse Bube" Bailey seine Jugendjahre verlebte und in dessen
nächster Nähe Prudenee Palfrey ihren Landsitz hatte. Der junge Mann ist
in frühem Knabenalter verwaist; David Lynde, sein Onkel, ein reicher alter
Kaufmann und Junggeselle, hat von da an für Edwards Erziehung gesorgt,
doch glücklicherweise den Neffen nicht uuter eigene Leitung und Aufsicht ge¬
nommen — denn der alte Lynde ist, wie wir gleich sehen werden, ein när¬
rischer alter Kauz — und so ist das Tüchtigste aus Edward geworden, trotz
der vielen Taschengelder, die ihm der Onkel in jedem Briefe zusteckt. Die
Briefe des Onkels fangen regelmäßig mit den Worten an: „Dein Werthes
vom Sonnabend, ist mir richtig zu Händen gekommen" und endigen ebenso
unabänderlich mit: „Bitte, suche nach dem Beigeschlossenen." In der Pension
An Flatbush „ut später im Kollege schließt Lynde innige Freundschaft mit


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[0339] Vier Wochen, nachdem Friedrich I. von Nürnberg aus aufgebrochen war, kam er mit den Flüchtlingen seines Heeres wieder zurück, nachdem er in Böhmen 12,000 Mann an Todten verloren hatte. Der einzige Erfolg dieses Feldzuges war, daß bei Geistlichen und Weltlichen in Deutschland sich die Meinung fest¬ setzte: „es sei ein unerforschlicher Rathschluß Gottes, daß die Hussiten durch die Waffen nicht besiegt werden könnten." Lin neuer Aand der Amerikanischen Humoristen. Die in d. Vl. wiederholt angezeigte Sammlung Amerikanischer Humoristen, die in deutscher Uebersetzung von Moritz Busch im Verlage von F. W. Grnnow in Leipzig erscheint, ist jüngst um einen neuen Band bereichert worden, welcher drei Erzählungen von Thomas Bailey Aldrich enthält. Wir haben unsre Leser bereits zweimal mit diesem Schriftsteller bekannt gemacht, als wir seinen Aufsehen Erregenden Erstlingsroman Prudenee Palsrey und später seine „Geschichte eines bösen Buben" besprachen. Wir haben damals die Schreib¬ weise von Bailey Aldrich mit derjenigen von Bret Harte und Mark Twain verglichen und seine Eigenart festzustellen gesucht. Wir verweisen hier auf jene Abhandlung und gehen zum Inhalt des neuen Bandes über. Drei Viertheile des Buches nimmt „die Königin von Saba" in Anspruch, eine größere Novelle mehr, als ein Roman. Der Held ist Edward Lynde, der zweite Kassirer und Buchhalter der Nautilusbauk zu Nivermouth ^ jenem reizenden kleinen Seestädtchen zwischen New-Ivrk und Boston, in welchem der „böse Bube" Bailey seine Jugendjahre verlebte und in dessen nächster Nähe Prudenee Palfrey ihren Landsitz hatte. Der junge Mann ist in frühem Knabenalter verwaist; David Lynde, sein Onkel, ein reicher alter Kaufmann und Junggeselle, hat von da an für Edwards Erziehung gesorgt, doch glücklicherweise den Neffen nicht uuter eigene Leitung und Aufsicht ge¬ nommen — denn der alte Lynde ist, wie wir gleich sehen werden, ein när¬ rischer alter Kauz — und so ist das Tüchtigste aus Edward geworden, trotz der vielen Taschengelder, die ihm der Onkel in jedem Briefe zusteckt. Die Briefe des Onkels fangen regelmäßig mit den Worten an: „Dein Werthes vom Sonnabend, ist mir richtig zu Händen gekommen" und endigen ebenso unabänderlich mit: „Bitte, suche nach dem Beigeschlossenen." In der Pension An Flatbush „ut später im Kollege schließt Lynde innige Freundschaft mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/339>, abgerufen am 05.05.2024.