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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Die Verfolgung wird meist lau betrieben; ich habe die Gründe dafür
schon angegeben. Ueberdies kommt es den Hellenen weniger darauf an, zu
vernichten, als zu imponiren. Eilig müssen die eigenen Todten feierlich be¬
stattet werden; eilig ist ans den erbeuteten Waffen ein Tropäon zu errichten.
Die Gefallenen des Feindes werden auf dessen nie ausbleibendes Gesuch
an ihn ausgeliefert.*) Die Schlacht ist mehr Ehrensache als Mittel zum
Zweck, zumal, wo Griechen gegen Griechen fechten. Bei Platäa, als man
Barbaren geschlagen hatte, sand allerdings eine ganz energische Verfolgung statt,
und der Sieg wurde nach Kräften ausgebeutet.

Es war untersagt, während der Schlacht die getödteten und verwundeten
Feinde ihrer Waffen zu berauben;**) doch blieb die Bente selbstverständlich
dem Sieger. Sie wurde dem Oberbefehlshaber ausgeliefert und von diesem
nach eigenem Ermessen zum kleineren Theile den Truppen, zum größeren dem
Staate zugewiesen, Weihegeschenke kamen an die verschiedenen Tempel; Einiges
ward wohl auch zu Ehren der Götter verbrannt.***) -- Dem Leichenbegängnisse
der Gefallenen folgten sämmtliche Truppen mit umgekehrten Waffen.s) Ein
Vvllendnngsopfer, zu dem man sich festlich mit Kränzen schmückte, machte den
Beschluß.

Die Gefangenen Pflegte man auszuwechseln oder durch Loskauf in
Freiheit zu setzen; nur diejenigen, welche bei Erstürmung und Schleifung ganzer
Städte in die Hand des Siegers gefallen waren, wurden wohl auch als
Sklaven behandelt, ff)

Ueber das persönliche Verhalten der Einzelnen während des Krieges ent¬
schied ein von Waffengefährten gebildetes Kriegsgericht, fsf) Verrath und
Ueberlciuferei wurden mit dem Leben gebüßt; fast noch eindringlicher ward
Feigheit mit öffentlicher Beschimpfung geahndet. Belohnungen bestanden
für die Befehlshaber in kostbaren, ihnen vom Volke überreichten Rüstungen, in
Denksäulen und in Ehreukränzen von Oliven- oder Eichenlaub oder in metallenen
Stirn reifen.


9. Das Seewesen nach den Perserkriegen.

Gleichen Schritt mit der Entwickelung der Truppeutaktik zu Laude ging
diejenige des hellenischen Seewesens. Seit dem 7. Jahrhundert schon hatte








Thukydides I. 63.
**) Hermann: Stnatsalterthnmer.
***) Böckh: StaatshcwslM der Athener.
f) Nast: Einleitung in die griechischen Kriegsalterthümer.
Hermann! Privatalterthiuner.
fff) Derselbe! Swatsalterthiiincr.

Die Verfolgung wird meist lau betrieben; ich habe die Gründe dafür
schon angegeben. Ueberdies kommt es den Hellenen weniger darauf an, zu
vernichten, als zu imponiren. Eilig müssen die eigenen Todten feierlich be¬
stattet werden; eilig ist ans den erbeuteten Waffen ein Tropäon zu errichten.
Die Gefallenen des Feindes werden auf dessen nie ausbleibendes Gesuch
an ihn ausgeliefert.*) Die Schlacht ist mehr Ehrensache als Mittel zum
Zweck, zumal, wo Griechen gegen Griechen fechten. Bei Platäa, als man
Barbaren geschlagen hatte, sand allerdings eine ganz energische Verfolgung statt,
und der Sieg wurde nach Kräften ausgebeutet.

Es war untersagt, während der Schlacht die getödteten und verwundeten
Feinde ihrer Waffen zu berauben;**) doch blieb die Bente selbstverständlich
dem Sieger. Sie wurde dem Oberbefehlshaber ausgeliefert und von diesem
nach eigenem Ermessen zum kleineren Theile den Truppen, zum größeren dem
Staate zugewiesen, Weihegeschenke kamen an die verschiedenen Tempel; Einiges
ward wohl auch zu Ehren der Götter verbrannt.***) — Dem Leichenbegängnisse
der Gefallenen folgten sämmtliche Truppen mit umgekehrten Waffen.s) Ein
Vvllendnngsopfer, zu dem man sich festlich mit Kränzen schmückte, machte den
Beschluß.

Die Gefangenen Pflegte man auszuwechseln oder durch Loskauf in
Freiheit zu setzen; nur diejenigen, welche bei Erstürmung und Schleifung ganzer
Städte in die Hand des Siegers gefallen waren, wurden wohl auch als
Sklaven behandelt, ff)

Ueber das persönliche Verhalten der Einzelnen während des Krieges ent¬
schied ein von Waffengefährten gebildetes Kriegsgericht, fsf) Verrath und
Ueberlciuferei wurden mit dem Leben gebüßt; fast noch eindringlicher ward
Feigheit mit öffentlicher Beschimpfung geahndet. Belohnungen bestanden
für die Befehlshaber in kostbaren, ihnen vom Volke überreichten Rüstungen, in
Denksäulen und in Ehreukränzen von Oliven- oder Eichenlaub oder in metallenen
Stirn reifen.


9. Das Seewesen nach den Perserkriegen.

Gleichen Schritt mit der Entwickelung der Truppeutaktik zu Laude ging
diejenige des hellenischen Seewesens. Seit dem 7. Jahrhundert schon hatte








Thukydides I. 63.
**) Hermann: Stnatsalterthnmer.
***) Böckh: StaatshcwslM der Athener.
f) Nast: Einleitung in die griechischen Kriegsalterthümer.
Hermann! Privatalterthiuner.
fff) Derselbe! Swatsalterthiiincr.
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[0136] Die Verfolgung wird meist lau betrieben; ich habe die Gründe dafür schon angegeben. Ueberdies kommt es den Hellenen weniger darauf an, zu vernichten, als zu imponiren. Eilig müssen die eigenen Todten feierlich be¬ stattet werden; eilig ist ans den erbeuteten Waffen ein Tropäon zu errichten. Die Gefallenen des Feindes werden auf dessen nie ausbleibendes Gesuch an ihn ausgeliefert.*) Die Schlacht ist mehr Ehrensache als Mittel zum Zweck, zumal, wo Griechen gegen Griechen fechten. Bei Platäa, als man Barbaren geschlagen hatte, sand allerdings eine ganz energische Verfolgung statt, und der Sieg wurde nach Kräften ausgebeutet. Es war untersagt, während der Schlacht die getödteten und verwundeten Feinde ihrer Waffen zu berauben;**) doch blieb die Bente selbstverständlich dem Sieger. Sie wurde dem Oberbefehlshaber ausgeliefert und von diesem nach eigenem Ermessen zum kleineren Theile den Truppen, zum größeren dem Staate zugewiesen, Weihegeschenke kamen an die verschiedenen Tempel; Einiges ward wohl auch zu Ehren der Götter verbrannt.***) — Dem Leichenbegängnisse der Gefallenen folgten sämmtliche Truppen mit umgekehrten Waffen.s) Ein Vvllendnngsopfer, zu dem man sich festlich mit Kränzen schmückte, machte den Beschluß. Die Gefangenen Pflegte man auszuwechseln oder durch Loskauf in Freiheit zu setzen; nur diejenigen, welche bei Erstürmung und Schleifung ganzer Städte in die Hand des Siegers gefallen waren, wurden wohl auch als Sklaven behandelt, ff) Ueber das persönliche Verhalten der Einzelnen während des Krieges ent¬ schied ein von Waffengefährten gebildetes Kriegsgericht, fsf) Verrath und Ueberlciuferei wurden mit dem Leben gebüßt; fast noch eindringlicher ward Feigheit mit öffentlicher Beschimpfung geahndet. Belohnungen bestanden für die Befehlshaber in kostbaren, ihnen vom Volke überreichten Rüstungen, in Denksäulen und in Ehreukränzen von Oliven- oder Eichenlaub oder in metallenen Stirn reifen. 9. Das Seewesen nach den Perserkriegen. Gleichen Schritt mit der Entwickelung der Truppeutaktik zu Laude ging diejenige des hellenischen Seewesens. Seit dem 7. Jahrhundert schon hatte Thukydides I. 63. **) Hermann: Stnatsalterthnmer. ***) Böckh: StaatshcwslM der Athener. f) Nast: Einleitung in die griechischen Kriegsalterthümer. Hermann! Privatalterthiuner. fff) Derselbe! Swatsalterthiiincr.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/136>, abgerufen am 29.04.2024.