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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Me Mpswaljlen der Vergangenheit.
Von Dr. R. Schoener in Rom. I.

Bei den eigenthümlichen Verhältnissen der katholischen Kirche und der ganz
neuen Lage, in welcher das Papstthum gegenüber der italienischen Regierung
in Rom sich befindet, ist es nicht mehr als natürlich, daß die bevorstehende
Papstwahl in hohem Grade das öffentliche Interesse erregt. Besonders Deutsch-
land und Italien, deren Beziehungen zum heiligen Stuhle während der Re-
gierungszeit Pius IX. sich in einer Weise geändert haben, welche dem Aus¬
gange des entbrannten Kampfes mit großer Spannung entgegensehen läßt, müssen
sich mit der eingehenden Erwägung dieser Wahl beschäftigen, welche von ent¬
scheidenden Einflüsse auf den "Kulturkampf" sein muß. Die Fragen, welche
Pläne und Beschlüsse betreffs der Wahl des neuen Papstes vielleicht schon jetzt
im Schooße der römischen Kurie gefaßt worden seien, welche Haltung die
italienische Regierung den: Wahlvorgange und die andern Staaten ihrem Re¬
sultate gegenüber einnehmen werden, welche Einspruchs- und Anerkennungs-
befngnisse eventuell den Regierungen: zustehen, an welche Normen die wählen¬
den Kardinäle gebunden seien, wo und wie das Konklave unter den ganz
veränderten gouvernementalen Bedingungen Roms stattfinden werde' -- alles
dies ist Gegenstand berechtigten Interesses und eingehender Diskussion gewor¬
den. Verschiedene neue Publikationen in Italien wie in Deutschland und
England, haben offenbar durch jenes Interesse ihre Anregung empfangen und
ihrerseits zu seiner Erhöhung beigetragen. Es sei nnr erinnert an das Buch
des Engländers Trollop über die "päpstlichen Konklave", das von Cartwright



*) Das Gegenwärtige ist kurz vor dem inzwischen eingetretenen Tode Pio Nouv's
geschrieben worden.
Grenzboten I- 1S78. 41
Me Mpswaljlen der Vergangenheit.
Von Dr. R. Schoener in Rom. I.

Bei den eigenthümlichen Verhältnissen der katholischen Kirche und der ganz
neuen Lage, in welcher das Papstthum gegenüber der italienischen Regierung
in Rom sich befindet, ist es nicht mehr als natürlich, daß die bevorstehende
Papstwahl in hohem Grade das öffentliche Interesse erregt. Besonders Deutsch-
land und Italien, deren Beziehungen zum heiligen Stuhle während der Re-
gierungszeit Pius IX. sich in einer Weise geändert haben, welche dem Aus¬
gange des entbrannten Kampfes mit großer Spannung entgegensehen läßt, müssen
sich mit der eingehenden Erwägung dieser Wahl beschäftigen, welche von ent¬
scheidenden Einflüsse auf den „Kulturkampf" sein muß. Die Fragen, welche
Pläne und Beschlüsse betreffs der Wahl des neuen Papstes vielleicht schon jetzt
im Schooße der römischen Kurie gefaßt worden seien, welche Haltung die
italienische Regierung den: Wahlvorgange und die andern Staaten ihrem Re¬
sultate gegenüber einnehmen werden, welche Einspruchs- und Anerkennungs-
befngnisse eventuell den Regierungen: zustehen, an welche Normen die wählen¬
den Kardinäle gebunden seien, wo und wie das Konklave unter den ganz
veränderten gouvernementalen Bedingungen Roms stattfinden werde' — alles
dies ist Gegenstand berechtigten Interesses und eingehender Diskussion gewor¬
den. Verschiedene neue Publikationen in Italien wie in Deutschland und
England, haben offenbar durch jenes Interesse ihre Anregung empfangen und
ihrerseits zu seiner Erhöhung beigetragen. Es sei nnr erinnert an das Buch
des Engländers Trollop über die „päpstlichen Konklave", das von Cartwright



*) Das Gegenwärtige ist kurz vor dem inzwischen eingetretenen Tode Pio Nouv's
geschrieben worden.
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[0329] Me Mpswaljlen der Vergangenheit. Von Dr. R. Schoener in Rom. I. Bei den eigenthümlichen Verhältnissen der katholischen Kirche und der ganz neuen Lage, in welcher das Papstthum gegenüber der italienischen Regierung in Rom sich befindet, ist es nicht mehr als natürlich, daß die bevorstehende Papstwahl in hohem Grade das öffentliche Interesse erregt. Besonders Deutsch- land und Italien, deren Beziehungen zum heiligen Stuhle während der Re- gierungszeit Pius IX. sich in einer Weise geändert haben, welche dem Aus¬ gange des entbrannten Kampfes mit großer Spannung entgegensehen läßt, müssen sich mit der eingehenden Erwägung dieser Wahl beschäftigen, welche von ent¬ scheidenden Einflüsse auf den „Kulturkampf" sein muß. Die Fragen, welche Pläne und Beschlüsse betreffs der Wahl des neuen Papstes vielleicht schon jetzt im Schooße der römischen Kurie gefaßt worden seien, welche Haltung die italienische Regierung den: Wahlvorgange und die andern Staaten ihrem Re¬ sultate gegenüber einnehmen werden, welche Einspruchs- und Anerkennungs- befngnisse eventuell den Regierungen: zustehen, an welche Normen die wählen¬ den Kardinäle gebunden seien, wo und wie das Konklave unter den ganz veränderten gouvernementalen Bedingungen Roms stattfinden werde' — alles dies ist Gegenstand berechtigten Interesses und eingehender Diskussion gewor¬ den. Verschiedene neue Publikationen in Italien wie in Deutschland und England, haben offenbar durch jenes Interesse ihre Anregung empfangen und ihrerseits zu seiner Erhöhung beigetragen. Es sei nnr erinnert an das Buch des Engländers Trollop über die „päpstlichen Konklave", das von Cartwright *) Das Gegenwärtige ist kurz vor dem inzwischen eingetretenen Tode Pio Nouv's geschrieben worden. Grenzboten I- 1S78. 41

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/329>, abgerufen am 29.04.2024.