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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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bei; neues Blut und neues Leben führten sie dem sonst in so vielen Stücken
isolirten Lande zu.

Die Erscheinung Schön's bietet der historischen Würdigung sehr verschiedene
Seiten dar; es wird manches zur Sprache gebracht werden müssen, das nicht
ungetheilten oder unbedingten Beifall zuläßt, manches andere, das offenen
Tadel heischt. Das aber scheint mit vollem Rechte ihm nachgerühmt werden
zu dürfen, daß sein Walten der ostpreußischen Landwirthschaft zum Segen
gereicht, -- trotz der Anfeindungen und Angriffe seiner Gegner. Er selbst
hatte Interesse für die landwirthschaftliche Thätigkeit; wie viele der aus seinem
Nachlaß gedruckten Briefe bekunden seinen Eifer und seine Thätigkeit in diesen
Dingen! Mit offenem Auge übersah er die Lage der Provinz und erkannte
ihre Bedürfnisse. Die Vertheilung der Königlichen Retablissementsgelder, die
er auf eigene persönliche Verantwortung geleitet, wurde in seiner Hand ein wirk¬
sames Mittel, die Landwirthschaft in der Provinz Preußen zu heben. Erinnern
wir zuletzt noch daran, daß er um die Gründung des ostpreußischen landwirt¬
schaftlichen Centralvereins 1844 sich die größten Verdienste erworben: als
erster Hauptdirektor stand er noch in hohem Alter, nach seinem Dienstaustritt
1844--1848 demselben vor.


W. Maurenbrecher.


Jahresbericht aus Schwaben.

Die politische Entwickelung Württembergs bot im Lause des vergangenen
Jahres so wenig erfreuliche Gesichtspunkte dar, daß Sie Ihren Berichterstatter
entschuldigen müssen, wenn er, des undankbaren Geschäftes müde, eine Pause
machte, um nach einem größeren Zwischenraum frei von dem unmittelbaren
Eindruck der Ereignisse das Vergangene zu schildern. Die Grenzboten haben
sich stets bezüglich der schwäbischen Verhältnisse eines Realismus beflissen,
welcher ihnen von manchen Seiten Anfechtungen zugezogen hat. Wir werden
anch jetzt mit der Wahrheit nicht zurück halten auf die Gefahr hin, daß die¬
jenigen, welche diese nicht ertragen können, uns mit dem beliebten Vorwurf
der "Herabwürdigung Württembergischer Zustände im Ausland" beehren,
welchem alle verfallen, die es dermalen wagen, schwäbische Verhältnisse außer¬
halb der schwarzrothen Grenzpfähle zu besprechen. Daß die Grenzboten die
wahre Lage in Württemberg stets richtig beurtheilt haben, hat der Erfolg der
letzten Reichstagswahleu bewiesen; lind wie die nationalliberale Partei im


Grenzboten I. 1873. 4

bei; neues Blut und neues Leben führten sie dem sonst in so vielen Stücken
isolirten Lande zu.

Die Erscheinung Schön's bietet der historischen Würdigung sehr verschiedene
Seiten dar; es wird manches zur Sprache gebracht werden müssen, das nicht
ungetheilten oder unbedingten Beifall zuläßt, manches andere, das offenen
Tadel heischt. Das aber scheint mit vollem Rechte ihm nachgerühmt werden
zu dürfen, daß sein Walten der ostpreußischen Landwirthschaft zum Segen
gereicht, — trotz der Anfeindungen und Angriffe seiner Gegner. Er selbst
hatte Interesse für die landwirthschaftliche Thätigkeit; wie viele der aus seinem
Nachlaß gedruckten Briefe bekunden seinen Eifer und seine Thätigkeit in diesen
Dingen! Mit offenem Auge übersah er die Lage der Provinz und erkannte
ihre Bedürfnisse. Die Vertheilung der Königlichen Retablissementsgelder, die
er auf eigene persönliche Verantwortung geleitet, wurde in seiner Hand ein wirk¬
sames Mittel, die Landwirthschaft in der Provinz Preußen zu heben. Erinnern
wir zuletzt noch daran, daß er um die Gründung des ostpreußischen landwirt¬
schaftlichen Centralvereins 1844 sich die größten Verdienste erworben: als
erster Hauptdirektor stand er noch in hohem Alter, nach seinem Dienstaustritt
1844—1848 demselben vor.


W. Maurenbrecher.


Jahresbericht aus Schwaben.

Die politische Entwickelung Württembergs bot im Lause des vergangenen
Jahres so wenig erfreuliche Gesichtspunkte dar, daß Sie Ihren Berichterstatter
entschuldigen müssen, wenn er, des undankbaren Geschäftes müde, eine Pause
machte, um nach einem größeren Zwischenraum frei von dem unmittelbaren
Eindruck der Ereignisse das Vergangene zu schildern. Die Grenzboten haben
sich stets bezüglich der schwäbischen Verhältnisse eines Realismus beflissen,
welcher ihnen von manchen Seiten Anfechtungen zugezogen hat. Wir werden
anch jetzt mit der Wahrheit nicht zurück halten auf die Gefahr hin, daß die¬
jenigen, welche diese nicht ertragen können, uns mit dem beliebten Vorwurf
der „Herabwürdigung Württembergischer Zustände im Ausland" beehren,
welchem alle verfallen, die es dermalen wagen, schwäbische Verhältnisse außer¬
halb der schwarzrothen Grenzpfähle zu besprechen. Daß die Grenzboten die
wahre Lage in Württemberg stets richtig beurtheilt haben, hat der Erfolg der
letzten Reichstagswahleu bewiesen; lind wie die nationalliberale Partei im


Grenzboten I. 1873. 4
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/33>, abgerufen am 28.04.2024.