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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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sen haben müsse, um in den Salons der guten Gesellschaft geistreich plaudern
zu können.

So ist es gekommen, daß Nievo schon fünfzehn Jahre nach seinem Tode
gleichsam von neuem entdeckt, andern Nationen jetzt erst förmlich vorgestellt
werden mußte, während bei uns z. B. die Verfasser sogenannter historischer
Romane gefeiert werden, die in Beziehung auf Geschichtskenntniß und Ge¬
schichtstreue wie in Betreff der künstlerischen Gestaltung des Stoffes mit Nievo
gar keinen Vergleich aushalten.

Es wird dem Folgenden vorbehalten bleiben, den historischen und künst¬
lerischen Gehalt der beiden Romane Nievo's, welche die vorliegende Sammlung
bietet, noch näher darzulegen.




Literatur.
Jakob von Falke, Studien zur Kultur und Kunst. -- Wien, Gerold, 1877.

Es ist in neuerer Zeit in gewissen Kreisen Mode geworden, über die ge¬
druckten Sammlungen vorher zerstreut erschienener Aufsätze tadelnd sich aus-
zusprechen. Das geschieht im Allgemeinen mit Unrecht. Denn Jedermann,
der wissenschaftlich arbeitet oder wissenschaftliche Arbeiten auch nur ernstlich
liest, kennt den durch die unendlich große Zahl von Zeitungen und Zeitschriften
aller Art verursachten Uebelstand, daß es oft sehr schwer ist, einen be¬
stimmten vor längerer Zeit gedruckten Aufsatz, besonders wenn derselbe in einer
Politischen Zeitung (die nur selten gesammelt wird) erschienen ist, zu finden
oder zu erlangen. Wenn daher der Schriftsteller feine im Laufe eiuer Reihe
von Jahren erschienenen, an verschiedenen Orten gedruckten Aufsätze verwandten
Inhalts, in revidirter Form neu erscheinen läßt, so erweist er dadurch nicht
nur seinen Verehrern einen großen Dienst, sondern dringt mit diesen gleichsam
neu erscheinenden Arbeiten auch wieder in neue und weitere Kreise, erleichtert
das Studium seiner Arbeiten und vermehrt den Nutzen, welchen er durch die¬
selben zu stiften gedachte oder schon gestiftet hat, in erheblichem Maße. Ganz
besonders gilt das Gesagte von den guten, wirklich nützlichen Arbeiten; die
andern bleiben ohnedies ungedruckt.

Daher begrüßen wir eine soeben (bei Carl Gerold in Wien) erschienene
Sammlung höchst interessanter Studien des berühmten Kunst- und Kultur¬
historikers Jakob v. Falke, welche bisher zum großen Theil in einer Wiener


sen haben müsse, um in den Salons der guten Gesellschaft geistreich plaudern
zu können.

So ist es gekommen, daß Nievo schon fünfzehn Jahre nach seinem Tode
gleichsam von neuem entdeckt, andern Nationen jetzt erst förmlich vorgestellt
werden mußte, während bei uns z. B. die Verfasser sogenannter historischer
Romane gefeiert werden, die in Beziehung auf Geschichtskenntniß und Ge¬
schichtstreue wie in Betreff der künstlerischen Gestaltung des Stoffes mit Nievo
gar keinen Vergleich aushalten.

Es wird dem Folgenden vorbehalten bleiben, den historischen und künst¬
lerischen Gehalt der beiden Romane Nievo's, welche die vorliegende Sammlung
bietet, noch näher darzulegen.




Literatur.
Jakob von Falke, Studien zur Kultur und Kunst. — Wien, Gerold, 1877.

Es ist in neuerer Zeit in gewissen Kreisen Mode geworden, über die ge¬
druckten Sammlungen vorher zerstreut erschienener Aufsätze tadelnd sich aus-
zusprechen. Das geschieht im Allgemeinen mit Unrecht. Denn Jedermann,
der wissenschaftlich arbeitet oder wissenschaftliche Arbeiten auch nur ernstlich
liest, kennt den durch die unendlich große Zahl von Zeitungen und Zeitschriften
aller Art verursachten Uebelstand, daß es oft sehr schwer ist, einen be¬
stimmten vor längerer Zeit gedruckten Aufsatz, besonders wenn derselbe in einer
Politischen Zeitung (die nur selten gesammelt wird) erschienen ist, zu finden
oder zu erlangen. Wenn daher der Schriftsteller feine im Laufe eiuer Reihe
von Jahren erschienenen, an verschiedenen Orten gedruckten Aufsätze verwandten
Inhalts, in revidirter Form neu erscheinen läßt, so erweist er dadurch nicht
nur seinen Verehrern einen großen Dienst, sondern dringt mit diesen gleichsam
neu erscheinenden Arbeiten auch wieder in neue und weitere Kreise, erleichtert
das Studium seiner Arbeiten und vermehrt den Nutzen, welchen er durch die¬
selben zu stiften gedachte oder schon gestiftet hat, in erheblichem Maße. Ganz
besonders gilt das Gesagte von den guten, wirklich nützlichen Arbeiten; die
andern bleiben ohnedies ungedruckt.

Daher begrüßen wir eine soeben (bei Carl Gerold in Wien) erschienene
Sammlung höchst interessanter Studien des berühmten Kunst- und Kultur¬
historikers Jakob v. Falke, welche bisher zum großen Theil in einer Wiener


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/443>, abgerufen am 29.04.2024.