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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Linie zuzuschreiben. Weil Hayes sich weigerte, seinem Reformprogramm untreu
zu werden, weil er sich weigerte, den Grantrepublikanern auf Gnade und Un¬
gnade sich zu ergeben, darum ließen diese ihn bei der Abstimmung über die
Silberbill im Stiche, indem sie entweder direkt für dieselbe stimmten, oder
doch kein Wort dagegen sagten. Von den 48 Stimmen, die im Bundessenate
für die Silberbill abgegeben wurden, gehörten nicht weniger als 22 den Re¬
publikanern, und von den 21 Stimmen, die dagegen fielen, gehörten 9 den
Demokraten an. Präsident Hayes stellte sich mit seiner Vetobotschaft ent¬
schieden auf die Seite des Rechts, indem er die Gläubiger, die ihr Kapital
auf das Versprechen von Goldzinsen in amerikanischen Bonds angelegt
hatten, nicht durch Zahlung der Zinsen in Silber verlieren lassen wollte,
und somit trügt nicht die Hayesadministration die Schuld daran, daß der
öffentliche Kredit der Vereinigten Staaten Schaden erleidet, sondern die Partei¬
zerfahrenheit, die durch den Egoismus und die Herrschsucht eitler, selbstsüchtiger
Politiker hervorgerufen ward. Die Charakterfestigkeit, mit der Präsident Hayes
den "Blcmditen" entgegentrat, kann, wenn er auch dieses Mal unterlag, das
Vertrauen in seine Administration nur stärken, sie macht den Ausspruch der
"New-Aork Tribüne" zu Schanden, "daß unter der Präsidentschaft des Herrn
Hayes die Union steuerlos auf dem Meere der Politik dahin treibe."


Rud. Doehn.


Am 9. Februar ist der Landtag mit Präsidial-Urlaub in die Ferien ge¬
gangen. Nach Schluß des Reichstags werden die Kommissionen einberufen
werden, vor Allem die Justizkommission, und etwa im Oktober werden die
Kammern wieder zusammentreten. Das in beiden Kammern einstimmig ange¬
nommene Finanzgesetz für die Jahre 1878 und 1879 hat an der ursprüng¬
lichen Regierungsvorlage wenig geändert. Es weist folgende Zahlen auf:
ordentliche Ausgaben für beide Jahre 69,241,970 Mk., außerordentliche
5,836,064 Mk., zusammen: 75,078,034 Mk. Ausgaben. Die ordentlichen Ein¬
nahmen für beide Jahre sind angesetzt mit 68,401,896 Mk., die außerordent¬
lichen mit 360,595 Mk., mithin Einnahmen zusammen: 69,762,491 Mk. Zur
Deckung des hiernach nicht gedeckten Theiles der Ausgaben im Betrag von
6,315,543 Mk. werden den im Betriebsfond angesammelten Ueberschüssen
3,185,707 Mk. entnommen, der Rest mit 3,129,835 Mk. wird durch einen


Linie zuzuschreiben. Weil Hayes sich weigerte, seinem Reformprogramm untreu
zu werden, weil er sich weigerte, den Grantrepublikanern auf Gnade und Un¬
gnade sich zu ergeben, darum ließen diese ihn bei der Abstimmung über die
Silberbill im Stiche, indem sie entweder direkt für dieselbe stimmten, oder
doch kein Wort dagegen sagten. Von den 48 Stimmen, die im Bundessenate
für die Silberbill abgegeben wurden, gehörten nicht weniger als 22 den Re¬
publikanern, und von den 21 Stimmen, die dagegen fielen, gehörten 9 den
Demokraten an. Präsident Hayes stellte sich mit seiner Vetobotschaft ent¬
schieden auf die Seite des Rechts, indem er die Gläubiger, die ihr Kapital
auf das Versprechen von Goldzinsen in amerikanischen Bonds angelegt
hatten, nicht durch Zahlung der Zinsen in Silber verlieren lassen wollte,
und somit trügt nicht die Hayesadministration die Schuld daran, daß der
öffentliche Kredit der Vereinigten Staaten Schaden erleidet, sondern die Partei¬
zerfahrenheit, die durch den Egoismus und die Herrschsucht eitler, selbstsüchtiger
Politiker hervorgerufen ward. Die Charakterfestigkeit, mit der Präsident Hayes
den „Blcmditen" entgegentrat, kann, wenn er auch dieses Mal unterlag, das
Vertrauen in seine Administration nur stärken, sie macht den Ausspruch der
„New-Aork Tribüne" zu Schanden, „daß unter der Präsidentschaft des Herrn
Hayes die Union steuerlos auf dem Meere der Politik dahin treibe."


Rud. Doehn.


Am 9. Februar ist der Landtag mit Präsidial-Urlaub in die Ferien ge¬
gangen. Nach Schluß des Reichstags werden die Kommissionen einberufen
werden, vor Allem die Justizkommission, und etwa im Oktober werden die
Kammern wieder zusammentreten. Das in beiden Kammern einstimmig ange¬
nommene Finanzgesetz für die Jahre 1878 und 1879 hat an der ursprüng¬
lichen Regierungsvorlage wenig geändert. Es weist folgende Zahlen auf:
ordentliche Ausgaben für beide Jahre 69,241,970 Mk., außerordentliche
5,836,064 Mk., zusammen: 75,078,034 Mk. Ausgaben. Die ordentlichen Ein¬
nahmen für beide Jahre sind angesetzt mit 68,401,896 Mk., die außerordent¬
lichen mit 360,595 Mk., mithin Einnahmen zusammen: 69,762,491 Mk. Zur
Deckung des hiernach nicht gedeckten Theiles der Ausgaben im Betrag von
6,315,543 Mk. werden den im Betriebsfond angesammelten Ueberschüssen
3,185,707 Mk. entnommen, der Rest mit 3,129,835 Mk. wird durch einen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/515>, abgerufen am 29.04.2024.