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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Hayes diesen patriotischen Ehrenmännern das ihnen gegebene Wort brechen?
Eine solche Untreue, ein solcher Wankelmuth würde ihn unzweifelhaft in kurzer
Zeit vollständig isolirt und machtlos machen.

Im Repräsentantenhaus des Kongresses, dessen Mitglied Herr Bland,
Vertreter des Staates Missouri, die vielbesprochene Silberbill einbrachte, haben
die Demokraten jetzt die Mehrheit, nahezu ist dies auch im Senate der Fall,
wo sie vom März 1879 ab sehr wahrscheinlich in der Majorität sein werden.
Soll sich der Präsident nun der Partei der Republikaner unbedingt in die
Arme werfen, die von dem amerikanischen Volke bei vielen Staatswahlen
jüngster Zeit verworfen worden ist? Den Grantrepublikanismus hat die
amerikanische Nation zu deutlich verurtheilt, als daß sich Hohes denselben jetzt
wieder zur Richtschnur nehmen könnte. Nur wenn es der Hayesadministration
gelingt, dem amerikanischen Volke zu zeigen, daß der Republikanismus, deu
sie vertritt, vollständig von dem Grant'schen Republikanismus verschieden ist,
wird es ihr möglicherweise gelingen, in den nächstkommenden Kongreßwahlen
den Sieg davon zu tragen; und nur unter dieser ersten und obersten Bedingung
kann die Partei der Republikaner die Hoffnung hegen, bis zum Jahre 1880
das jetzt auch im Norden der Union vielfach gegen sie bestehende Mißtrauen
des Volkes zu beschwichtigen, im Süden wieder mehr Anhänger zu gewinnen
und nicht ganz aussichtslos in den Kampf um die nationale Herrschaft einzu¬
treten. Alles das würde aber vergebliches Hoffen und Mühen sein, wenn die
Administration von ihrem Programm abwiche und wenn Herr Hayes dazu
gebracht würde, sich schwachmüthig der republikanischen Partei zu überliefern,
wie sie durch Politiker von dem Schlage eines Conkling, eines Blaine,
eines Cameron, eines Benjamin F. Butler u. f. w. reprüsentirt wird.
Diese eben genannten Parteiführer sind vielleicht an sich ganz gescheidte Leute
und namentlich geschickte politische Rechner; aber sie können oder wollen nicht
begreifen, daß der von ihnen vertretene Grantismus nicht nur sich selbst un¬
möglich gemacht, sondern auch die ganze republikanische Partei dem Untergange
nahe gebracht hat. Ohne den liberalen Reformflügel wäre diese Partei schon
im Jahre 1876 gründlich geschlagen worden; der Haß gegen den Grantrepu¬
blikanismus war so nachhaltig, daß der Staat Ohio noch im Oktober 1877
den Republikanern verloren ging, von Pennsylvanien und Kalifornien gar
nicht zu reden.

Und doch ist die Schuld daran, daß die Bland'sche Silberbill,
welche trotz der beschlossnen Amendements nichts Anderes als eine Repudiations-
maßregel ist, in beiden Kongreßhäusern über das Veto des Präsidenten Hayes
hinweg mit überwältigender Majorität angenommen worden ist, den frondi-
renden Republikanern, wie Conkling, Blaine, Cameron und Genossen, in erster


Hayes diesen patriotischen Ehrenmännern das ihnen gegebene Wort brechen?
Eine solche Untreue, ein solcher Wankelmuth würde ihn unzweifelhaft in kurzer
Zeit vollständig isolirt und machtlos machen.

Im Repräsentantenhaus des Kongresses, dessen Mitglied Herr Bland,
Vertreter des Staates Missouri, die vielbesprochene Silberbill einbrachte, haben
die Demokraten jetzt die Mehrheit, nahezu ist dies auch im Senate der Fall,
wo sie vom März 1879 ab sehr wahrscheinlich in der Majorität sein werden.
Soll sich der Präsident nun der Partei der Republikaner unbedingt in die
Arme werfen, die von dem amerikanischen Volke bei vielen Staatswahlen
jüngster Zeit verworfen worden ist? Den Grantrepublikanismus hat die
amerikanische Nation zu deutlich verurtheilt, als daß sich Hohes denselben jetzt
wieder zur Richtschnur nehmen könnte. Nur wenn es der Hayesadministration
gelingt, dem amerikanischen Volke zu zeigen, daß der Republikanismus, deu
sie vertritt, vollständig von dem Grant'schen Republikanismus verschieden ist,
wird es ihr möglicherweise gelingen, in den nächstkommenden Kongreßwahlen
den Sieg davon zu tragen; und nur unter dieser ersten und obersten Bedingung
kann die Partei der Republikaner die Hoffnung hegen, bis zum Jahre 1880
das jetzt auch im Norden der Union vielfach gegen sie bestehende Mißtrauen
des Volkes zu beschwichtigen, im Süden wieder mehr Anhänger zu gewinnen
und nicht ganz aussichtslos in den Kampf um die nationale Herrschaft einzu¬
treten. Alles das würde aber vergebliches Hoffen und Mühen sein, wenn die
Administration von ihrem Programm abwiche und wenn Herr Hayes dazu
gebracht würde, sich schwachmüthig der republikanischen Partei zu überliefern,
wie sie durch Politiker von dem Schlage eines Conkling, eines Blaine,
eines Cameron, eines Benjamin F. Butler u. f. w. reprüsentirt wird.
Diese eben genannten Parteiführer sind vielleicht an sich ganz gescheidte Leute
und namentlich geschickte politische Rechner; aber sie können oder wollen nicht
begreifen, daß der von ihnen vertretene Grantismus nicht nur sich selbst un¬
möglich gemacht, sondern auch die ganze republikanische Partei dem Untergange
nahe gebracht hat. Ohne den liberalen Reformflügel wäre diese Partei schon
im Jahre 1876 gründlich geschlagen worden; der Haß gegen den Grantrepu¬
blikanismus war so nachhaltig, daß der Staat Ohio noch im Oktober 1877
den Republikanern verloren ging, von Pennsylvanien und Kalifornien gar
nicht zu reden.

Und doch ist die Schuld daran, daß die Bland'sche Silberbill,
welche trotz der beschlossnen Amendements nichts Anderes als eine Repudiations-
maßregel ist, in beiden Kongreßhäusern über das Veto des Präsidenten Hayes
hinweg mit überwältigender Majorität angenommen worden ist, den frondi-
renden Republikanern, wie Conkling, Blaine, Cameron und Genossen, in erster


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/514>, abgerufen am 14.05.2024.