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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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die einzige Losung der spartanischen Politik. "Weil aber", so sagt Max Duncker,
"die Kraft Spartas nicht ausreichte, sich zum alleinherrschenden Staate in
Hellas zu erheben, so blieb es bei der Eifersucht gegen jeden andern aufstre¬
benden Kanton von gesünderen Grundlagen, Diese Eigenschaften Spartas find
es gewesen, welche dem Leben von Hellas vor der Zeit den Todesstoß gegeben
haben."




Mittelal tertias er Stabes aus ij alt.

Seitdem zuerst Eichhorn einem historischen Verständniß des deutschen
Städtewesens im Mittelalter mit seinen ausgezeichneten Untersuchungen "über
den Ursprung der städtischen Verfassung in Deutschland" die Bahn gebrochen
hat, ist die Verfassungs- und Rechtsgeschichte unserer mittelalterlichen Stadt-
repnblikeu stets der Gegenstand der besonderen Aufmerksamkeit unserer Rechts¬
historiker geblieben. Weniger läßt sich dies von einem andern Gebiet unserer
Städtegeschichte behaupten, trotzdem dasselbe der Beachtung vielleicht noch
würdiger ist, als jene äußere Geschichte der Städteverfassung. Ich meine das
innere Leben der Städte, ihre Verwaltung in finanzieller und polizeilicher
Hinsicht. So wichtig ohne Zweifel die städtische Verfassungsgeschichte für die
Entwicklung unseres späteren Staatsrecht ist, indem unsere modernen staats¬
rechtlichen Gestaltungen in zahlreichen Fällen ihre Muster und Vorbilder in
den Einrichtungen der alten Stadtrepnbliken haben, so ist der Einfluß, welchen
die frühzeitige Bildung eines geregelten Haushalts und einer guten Polizei in
den Städten auf die Entwicklung der Verwaltung der größeren fürstlichen
Territorien ausgeübt hat, jedenfalls ein, wenn schon nicht so offen zu Tage
liegender, so doch intensiverer und weitergreifender gewesen. Es erklärt sich
dies ans dem Umstände, daß, während die Entwicklung der Verfassungs¬
formen eine mehr oder weniger autochthone, aus den besonderen geschichtlichen
Grundlagen heraus sich aufbauende, fremdartigen Einflüssen nnr wenig zugängliche
ist, im Gegentheil aus dem Gebiete der innern Verwaltung eine Herübernahme
und Anpassung fremder Formen weit leichter geschehen kann. Wir sehen
daher, daß kein Staatswesen ohne einen Komplex der mannigfachsten, oft mit
subtilster Feinheit ausgebildeten Verfassungsformen ist, daß aber ebendasselbe
bezüglich seiner administrativen Einrichtungen eine Armuth dokumentirt, die
an den rousseauischen Naturzustand erinnert. Man nehme nnr einmal das


Grenzboten I. 1378, s

die einzige Losung der spartanischen Politik. „Weil aber", so sagt Max Duncker,
„die Kraft Spartas nicht ausreichte, sich zum alleinherrschenden Staate in
Hellas zu erheben, so blieb es bei der Eifersucht gegen jeden andern aufstre¬
benden Kanton von gesünderen Grundlagen, Diese Eigenschaften Spartas find
es gewesen, welche dem Leben von Hellas vor der Zeit den Todesstoß gegeben
haben."




Mittelal tertias er Stabes aus ij alt.

Seitdem zuerst Eichhorn einem historischen Verständniß des deutschen
Städtewesens im Mittelalter mit seinen ausgezeichneten Untersuchungen „über
den Ursprung der städtischen Verfassung in Deutschland" die Bahn gebrochen
hat, ist die Verfassungs- und Rechtsgeschichte unserer mittelalterlichen Stadt-
repnblikeu stets der Gegenstand der besonderen Aufmerksamkeit unserer Rechts¬
historiker geblieben. Weniger läßt sich dies von einem andern Gebiet unserer
Städtegeschichte behaupten, trotzdem dasselbe der Beachtung vielleicht noch
würdiger ist, als jene äußere Geschichte der Städteverfassung. Ich meine das
innere Leben der Städte, ihre Verwaltung in finanzieller und polizeilicher
Hinsicht. So wichtig ohne Zweifel die städtische Verfassungsgeschichte für die
Entwicklung unseres späteren Staatsrecht ist, indem unsere modernen staats¬
rechtlichen Gestaltungen in zahlreichen Fällen ihre Muster und Vorbilder in
den Einrichtungen der alten Stadtrepnbliken haben, so ist der Einfluß, welchen
die frühzeitige Bildung eines geregelten Haushalts und einer guten Polizei in
den Städten auf die Entwicklung der Verwaltung der größeren fürstlichen
Territorien ausgeübt hat, jedenfalls ein, wenn schon nicht so offen zu Tage
liegender, so doch intensiverer und weitergreifender gewesen. Es erklärt sich
dies ans dem Umstände, daß, während die Entwicklung der Verfassungs¬
formen eine mehr oder weniger autochthone, aus den besonderen geschichtlichen
Grundlagen heraus sich aufbauende, fremdartigen Einflüssen nnr wenig zugängliche
ist, im Gegentheil aus dem Gebiete der innern Verwaltung eine Herübernahme
und Anpassung fremder Formen weit leichter geschehen kann. Wir sehen
daher, daß kein Staatswesen ohne einen Komplex der mannigfachsten, oft mit
subtilster Feinheit ausgebildeten Verfassungsformen ist, daß aber ebendasselbe
bezüglich seiner administrativen Einrichtungen eine Armuth dokumentirt, die
an den rousseauischen Naturzustand erinnert. Man nehme nnr einmal das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/65>, abgerufen am 28.04.2024.