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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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Der zweite Band von Stanley's KeisewerK.

Vor kurzem ist der zweite Band der von Professor Böttger bearbeiteten
deutschen Ausgabe des Werkes von Henry M.Stanley "Durch den dunkeln
Welttheil' (Leipzig, F. A. Brockhaus) erschienen. Wir haben aus dem ersten
Baude im 3. Quartal dieses Jahres in d. Bl. einige der interessantesten
Schilderungen unsern Lesern mitgetheilt. Eine erschöpfende Darstellung der darin
enthaltenen Forschungen und Entdeckungen konnte in d. Bl. nicht einmal ver¬
sucht werden, weil hierzu der Raum fehlte. Zu diesem Zwecke hätte die Stan-
ley'sche Forschungsreise, die schon im ersten Bande einen Weg durchmißt, der vom
40. bis zum 30. Grade östlicher Länge in den Aeauatorialgegenden Afrika's sich
erstreckt, verglichen werden müssen mit den Ergebnissen früherer Reisen. Ohne
eine größere Anzahl von Karten hätte sich ein Ueberblick kaum gewinnen lassen.
Und durch die kritische Sonderung der nicht seltenen Stellen, in denen Stanley
die Kombination oder wohl auch einmal die Phantasie an die Stelle unum¬
stößlicher Thatsache" setzt, wo diese nicht zu ermitteln sind, wäre abermals ein
so erheblicher Raum beansprucht worden, wie ihn nur geographische Fach¬
schriften gewähren können. Deshalb begnügten wir uns bei Besprechung des
ersten Bandes zunächst mit einer Skizze, welche die Ergebnisse der bisherigen
Afrckaforschuug in jenen Gebieten zusammenfaßte und die Verdienste Stanley's,
insbesondere seiner letzten gewaltigen Entdeckungsreise, in wenigen Strichen an¬
deutete; in den folgenden Artikeln gaben wir das Jnteressanteste über seiue
Reisevorbereitungen, Anschaffungen und Werbungen, seine Abreise und die
ersten Märsche auf dem Festlande. Wir berichten zur Anknüpfung der nach¬
stehenden Blätter an diese früheren Schilderungen nur, daß Stanley am Ende
des ersten Bandes in Udschidschi am Tanganika-See angekommen war, sich also
immer noch auf einem durch Livingstone u. A. der geographischen Wissen¬
schaft leidlich erschlossenen Gebiete befand.

Die Verdienste, welche sich Stanley um die Erforschung der Gestade und
Grenzen, der Entstehung und des Abflusses dieses großen Sees erworben hat,
erhellen nun aus den ersten Kapiteln des zweiten Bandes seines Reisewerkes.
Nach einer Seereise an Bord des trefflichen Bootes "Lady Allee", welche in
51 Tagen etwa 240 geographische Meilen der Gestade des Tanganika-Sees
bestrick) und die Gestalt und sonstige Beschaffenheit der Seeufer genau feststellte,
die Hydrographie des Sees und die Legenden der Eingeborenen zum ersten
Mal Europa vermittelte, kehrte Stanley nach Udschidschi zurück. Fesselnd und
farbenreich schildert er die mannichfachen Abenteuer und Reize der Seefahrt,
das wunderbare Völker-, Sprachen- und Waarengewimmel des großen Handels-


Der zweite Band von Stanley's KeisewerK.

Vor kurzem ist der zweite Band der von Professor Böttger bearbeiteten
deutschen Ausgabe des Werkes von Henry M.Stanley „Durch den dunkeln
Welttheil' (Leipzig, F. A. Brockhaus) erschienen. Wir haben aus dem ersten
Baude im 3. Quartal dieses Jahres in d. Bl. einige der interessantesten
Schilderungen unsern Lesern mitgetheilt. Eine erschöpfende Darstellung der darin
enthaltenen Forschungen und Entdeckungen konnte in d. Bl. nicht einmal ver¬
sucht werden, weil hierzu der Raum fehlte. Zu diesem Zwecke hätte die Stan-
ley'sche Forschungsreise, die schon im ersten Bande einen Weg durchmißt, der vom
40. bis zum 30. Grade östlicher Länge in den Aeauatorialgegenden Afrika's sich
erstreckt, verglichen werden müssen mit den Ergebnissen früherer Reisen. Ohne
eine größere Anzahl von Karten hätte sich ein Ueberblick kaum gewinnen lassen.
Und durch die kritische Sonderung der nicht seltenen Stellen, in denen Stanley
die Kombination oder wohl auch einmal die Phantasie an die Stelle unum¬
stößlicher Thatsache» setzt, wo diese nicht zu ermitteln sind, wäre abermals ein
so erheblicher Raum beansprucht worden, wie ihn nur geographische Fach¬
schriften gewähren können. Deshalb begnügten wir uns bei Besprechung des
ersten Bandes zunächst mit einer Skizze, welche die Ergebnisse der bisherigen
Afrckaforschuug in jenen Gebieten zusammenfaßte und die Verdienste Stanley's,
insbesondere seiner letzten gewaltigen Entdeckungsreise, in wenigen Strichen an¬
deutete; in den folgenden Artikeln gaben wir das Jnteressanteste über seiue
Reisevorbereitungen, Anschaffungen und Werbungen, seine Abreise und die
ersten Märsche auf dem Festlande. Wir berichten zur Anknüpfung der nach¬
stehenden Blätter an diese früheren Schilderungen nur, daß Stanley am Ende
des ersten Bandes in Udschidschi am Tanganika-See angekommen war, sich also
immer noch auf einem durch Livingstone u. A. der geographischen Wissen¬
schaft leidlich erschlossenen Gebiete befand.

Die Verdienste, welche sich Stanley um die Erforschung der Gestade und
Grenzen, der Entstehung und des Abflusses dieses großen Sees erworben hat,
erhellen nun aus den ersten Kapiteln des zweiten Bandes seines Reisewerkes.
Nach einer Seereise an Bord des trefflichen Bootes „Lady Allee", welche in
51 Tagen etwa 240 geographische Meilen der Gestade des Tanganika-Sees
bestrick) und die Gestalt und sonstige Beschaffenheit der Seeufer genau feststellte,
die Hydrographie des Sees und die Legenden der Eingeborenen zum ersten
Mal Europa vermittelte, kehrte Stanley nach Udschidschi zurück. Fesselnd und
farbenreich schildert er die mannichfachen Abenteuer und Reize der Seefahrt,
das wunderbare Völker-, Sprachen- und Waarengewimmel des großen Handels-


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[0302] Der zweite Band von Stanley's KeisewerK. Vor kurzem ist der zweite Band der von Professor Böttger bearbeiteten deutschen Ausgabe des Werkes von Henry M.Stanley „Durch den dunkeln Welttheil' (Leipzig, F. A. Brockhaus) erschienen. Wir haben aus dem ersten Baude im 3. Quartal dieses Jahres in d. Bl. einige der interessantesten Schilderungen unsern Lesern mitgetheilt. Eine erschöpfende Darstellung der darin enthaltenen Forschungen und Entdeckungen konnte in d. Bl. nicht einmal ver¬ sucht werden, weil hierzu der Raum fehlte. Zu diesem Zwecke hätte die Stan- ley'sche Forschungsreise, die schon im ersten Bande einen Weg durchmißt, der vom 40. bis zum 30. Grade östlicher Länge in den Aeauatorialgegenden Afrika's sich erstreckt, verglichen werden müssen mit den Ergebnissen früherer Reisen. Ohne eine größere Anzahl von Karten hätte sich ein Ueberblick kaum gewinnen lassen. Und durch die kritische Sonderung der nicht seltenen Stellen, in denen Stanley die Kombination oder wohl auch einmal die Phantasie an die Stelle unum¬ stößlicher Thatsache» setzt, wo diese nicht zu ermitteln sind, wäre abermals ein so erheblicher Raum beansprucht worden, wie ihn nur geographische Fach¬ schriften gewähren können. Deshalb begnügten wir uns bei Besprechung des ersten Bandes zunächst mit einer Skizze, welche die Ergebnisse der bisherigen Afrckaforschuug in jenen Gebieten zusammenfaßte und die Verdienste Stanley's, insbesondere seiner letzten gewaltigen Entdeckungsreise, in wenigen Strichen an¬ deutete; in den folgenden Artikeln gaben wir das Jnteressanteste über seiue Reisevorbereitungen, Anschaffungen und Werbungen, seine Abreise und die ersten Märsche auf dem Festlande. Wir berichten zur Anknüpfung der nach¬ stehenden Blätter an diese früheren Schilderungen nur, daß Stanley am Ende des ersten Bandes in Udschidschi am Tanganika-See angekommen war, sich also immer noch auf einem durch Livingstone u. A. der geographischen Wissen¬ schaft leidlich erschlossenen Gebiete befand. Die Verdienste, welche sich Stanley um die Erforschung der Gestade und Grenzen, der Entstehung und des Abflusses dieses großen Sees erworben hat, erhellen nun aus den ersten Kapiteln des zweiten Bandes seines Reisewerkes. Nach einer Seereise an Bord des trefflichen Bootes „Lady Allee", welche in 51 Tagen etwa 240 geographische Meilen der Gestade des Tanganika-Sees bestrick) und die Gestalt und sonstige Beschaffenheit der Seeufer genau feststellte, die Hydrographie des Sees und die Legenden der Eingeborenen zum ersten Mal Europa vermittelte, kehrte Stanley nach Udschidschi zurück. Fesselnd und farbenreich schildert er die mannichfachen Abenteuer und Reize der Seefahrt, das wunderbare Völker-, Sprachen- und Waarengewimmel des großen Handels-

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Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

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Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/302>, abgerufen am 29.04.2024.