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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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vielleicht ein Beweis, wie wenig Pardon gegeben oder genommen wurde. Außer¬
dem fielen 303 Geschütze in die Hände der Sieger. Den Russen hatte der
Sturm nur 488 Todte (einschließlich 6 Offiziere) und 1785 (dabei 59 Offiziere)
Verwundete gekostet.

Die Einnahme von Kars am 18. November besiegelte endgiltig den
Triumph der Russen ans dem Kriegsschauplatz in Asien; die Widerstandskraft
der Türken im freien Felde war ja durch die Schlachten vom 15. Oktober
und 4. November schon vorher gebrochen. Die Einnahme von Erzerum konnte
bei den jetzt frei gewordenen Kräften nur eine Frage der Zeit sein, die man
sich anch nahm, ohne dort zu neuen gewaltsamen Versuchen zu schreiten. Batna,
dem man bisher nicht nahen konnte, war nnn wenigstens auf der Landseite
völlig einzuschließen, und nur zur See blieb ihm noch ein immerhin beschränkter
Verkehr.

Von der russischen Armee in Kars rückte eine Division nach Erzerum ab,
welches nach deren Ankunft enger eingeschlossen und von seinen Verbindungen
mit Trapesunt und mit dem Innern Kleinasien's abgeschnitten wurde. Es
hielt jedoch die Blokade aus, bis der Waffenstillstand vom 30. Januar 1878
den Feindseligkeiten ein Ende machte.

Eine starke Abtheilung unter General Komarow ging von Kars nach
Ardahan, um später von da gegen Batna zu operiren. Allein erst im Dezember
geschahen hierzu die einleitenden Schritte dnrch Vorschieben von Abtheilungen
bis Ardanutsch. Derwisch Pascha hatte indeß schon am 27. November alle
vorgeschobenen Stellungen räumen lassen; das Rion-Korps traf am 28. bei
Chutzubcmi nur auf Vorposten, die eilig hinter den Kintrischi flohen. Aber
auch gegen Batna unterließen die Russen bis zum Ende des Feldzuges jede
weitere ernstliche Unternehmung.




Die Samoa-Inseln und der Konflikt mit Deutschland.

Mit der Ausbreitung unserer maritimen Beziehungen und des deutschen
Handels über alle Länder nehmen naturgemäß auch die Konflikte zü, denen eine
große handeltreibende Nation in überseeischen Ländern nicht entgehen kann.
Kaum ist der Streit mit Nicaragua durch die Dazwischenkunft deutscher Kriegs¬
schiffe beigelegt, so hören wir schon wieder von einem Eingreifen unserer Flotte
auf den Samoa-Inseln in der Südsee. Am 16. und 17. Juli dieses Jahres
wurden zwei Häfen Falealili und Salnafata auf der zu Samoa gehörigen


vielleicht ein Beweis, wie wenig Pardon gegeben oder genommen wurde. Außer¬
dem fielen 303 Geschütze in die Hände der Sieger. Den Russen hatte der
Sturm nur 488 Todte (einschließlich 6 Offiziere) und 1785 (dabei 59 Offiziere)
Verwundete gekostet.

Die Einnahme von Kars am 18. November besiegelte endgiltig den
Triumph der Russen ans dem Kriegsschauplatz in Asien; die Widerstandskraft
der Türken im freien Felde war ja durch die Schlachten vom 15. Oktober
und 4. November schon vorher gebrochen. Die Einnahme von Erzerum konnte
bei den jetzt frei gewordenen Kräften nur eine Frage der Zeit sein, die man
sich anch nahm, ohne dort zu neuen gewaltsamen Versuchen zu schreiten. Batna,
dem man bisher nicht nahen konnte, war nnn wenigstens auf der Landseite
völlig einzuschließen, und nur zur See blieb ihm noch ein immerhin beschränkter
Verkehr.

Von der russischen Armee in Kars rückte eine Division nach Erzerum ab,
welches nach deren Ankunft enger eingeschlossen und von seinen Verbindungen
mit Trapesunt und mit dem Innern Kleinasien's abgeschnitten wurde. Es
hielt jedoch die Blokade aus, bis der Waffenstillstand vom 30. Januar 1878
den Feindseligkeiten ein Ende machte.

Eine starke Abtheilung unter General Komarow ging von Kars nach
Ardahan, um später von da gegen Batna zu operiren. Allein erst im Dezember
geschahen hierzu die einleitenden Schritte dnrch Vorschieben von Abtheilungen
bis Ardanutsch. Derwisch Pascha hatte indeß schon am 27. November alle
vorgeschobenen Stellungen räumen lassen; das Rion-Korps traf am 28. bei
Chutzubcmi nur auf Vorposten, die eilig hinter den Kintrischi flohen. Aber
auch gegen Batna unterließen die Russen bis zum Ende des Feldzuges jede
weitere ernstliche Unternehmung.




Die Samoa-Inseln und der Konflikt mit Deutschland.

Mit der Ausbreitung unserer maritimen Beziehungen und des deutschen
Handels über alle Länder nehmen naturgemäß auch die Konflikte zü, denen eine
große handeltreibende Nation in überseeischen Ländern nicht entgehen kann.
Kaum ist der Streit mit Nicaragua durch die Dazwischenkunft deutscher Kriegs¬
schiffe beigelegt, so hören wir schon wieder von einem Eingreifen unserer Flotte
auf den Samoa-Inseln in der Südsee. Am 16. und 17. Juli dieses Jahres
wurden zwei Häfen Falealili und Salnafata auf der zu Samoa gehörigen


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[0337] vielleicht ein Beweis, wie wenig Pardon gegeben oder genommen wurde. Außer¬ dem fielen 303 Geschütze in die Hände der Sieger. Den Russen hatte der Sturm nur 488 Todte (einschließlich 6 Offiziere) und 1785 (dabei 59 Offiziere) Verwundete gekostet. Die Einnahme von Kars am 18. November besiegelte endgiltig den Triumph der Russen ans dem Kriegsschauplatz in Asien; die Widerstandskraft der Türken im freien Felde war ja durch die Schlachten vom 15. Oktober und 4. November schon vorher gebrochen. Die Einnahme von Erzerum konnte bei den jetzt frei gewordenen Kräften nur eine Frage der Zeit sein, die man sich anch nahm, ohne dort zu neuen gewaltsamen Versuchen zu schreiten. Batna, dem man bisher nicht nahen konnte, war nnn wenigstens auf der Landseite völlig einzuschließen, und nur zur See blieb ihm noch ein immerhin beschränkter Verkehr. Von der russischen Armee in Kars rückte eine Division nach Erzerum ab, welches nach deren Ankunft enger eingeschlossen und von seinen Verbindungen mit Trapesunt und mit dem Innern Kleinasien's abgeschnitten wurde. Es hielt jedoch die Blokade aus, bis der Waffenstillstand vom 30. Januar 1878 den Feindseligkeiten ein Ende machte. Eine starke Abtheilung unter General Komarow ging von Kars nach Ardahan, um später von da gegen Batna zu operiren. Allein erst im Dezember geschahen hierzu die einleitenden Schritte dnrch Vorschieben von Abtheilungen bis Ardanutsch. Derwisch Pascha hatte indeß schon am 27. November alle vorgeschobenen Stellungen räumen lassen; das Rion-Korps traf am 28. bei Chutzubcmi nur auf Vorposten, die eilig hinter den Kintrischi flohen. Aber auch gegen Batna unterließen die Russen bis zum Ende des Feldzuges jede weitere ernstliche Unternehmung. Die Samoa-Inseln und der Konflikt mit Deutschland. Mit der Ausbreitung unserer maritimen Beziehungen und des deutschen Handels über alle Länder nehmen naturgemäß auch die Konflikte zü, denen eine große handeltreibende Nation in überseeischen Ländern nicht entgehen kann. Kaum ist der Streit mit Nicaragua durch die Dazwischenkunft deutscher Kriegs¬ schiffe beigelegt, so hören wir schon wieder von einem Eingreifen unserer Flotte auf den Samoa-Inseln in der Südsee. Am 16. und 17. Juli dieses Jahres wurden zwei Häfen Falealili und Salnafata auf der zu Samoa gehörigen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/337>, abgerufen am 29.04.2024.