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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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das Gewerbemuseum von Gropius und Schmieden, dessen Fayade uns in
einem plastischen Modell vor Augen geführt wird. Von hervorragenden Pri¬
vatbauten ist das riesige Eisenbahnhotel an einem Haupthciltepuukt der in der
Ausführung befindlichen Stadtbahn von Hennicke und van d.er Hute zu
nennen, dessen Kosten ans drei Millionen Mark veranschlagt sind, und ein
palastähnliches Haus für die Lebensversicherungsgesellschaft Germania, das,
wie der Entwurf zeigt, von den Architekten Kayser und v. Groß heim in den
Formen der deutschen Renaissance ganz aus hannöver'sehen Sandstein aufge¬
führt werden soll.




Hoethe's Kedichte in Frankreich.

Was neulich in diesen Blättern über die Lessingbiographie des Engländer's
Sine gesagt wurde, gilt auch von einem vor kurzem erschienenen französischen
Werke über Goethe's Gedichte: Wir können uns und dem Auslande Glück
dazu wünschen, ja wir könnten das Ausland fast darum beneiden.*) Ernst
Lichtenberger, jedenfalls ein Elsasser, -- sein Buch ist in Paris verlegt, aber
in Straßburg gedruckt -- hat einen Beitrag zur Goetheliteratur geliefert, wie
wir Deutschen mit unsrer schwerfälligerem Gründlichkeit ihn nun einmal nicht
schaffen können oder wollen. Man wende nicht ein, daß der Verfasser im
Grunde vielleicht auch ein Deutscher sei, deutsch mindestens in seinem Namen,
in seinen Anschauungen, in der Richtung seiner Studien, wenn sein Bildungs¬
gang anch vielleicht ein französischer gewesen, denn solches Französisch wie er
schreibt kein Deutscher. Wir würden dann eben nur auf literarischem Gebiete
dieselbe Erfahrung machen, die die Pariser Ausstellung auf dem Gebiete der
Kunst und des Gewerbes so vielfach wieder ergeben hat: daß der Deutsche in
Frankreich dem Deutschen in Deutschland oft an Geschicklichkeit überlegen ist.
Wenn ein deutsches Talent für den Franzosen arbeitet, so ist es, als ob ein
Fisch in frisches Wasser gesetzt wllrde. Der deutsche Musterzeichner, der für
seine Anlagen und Kenntnisse bei uns keine Verwendung finden kann, geht
nach Paris und arbeitet für französische Geschäfte. Dann kommt seine Arbeit
nach Deutschland, und wir machen sie mühselig nach. Hätte Lichtenberger sein
Buch deutsch geschrieben, was er wahrscheinlich im Stande gewesen wäre, so



*) Ütrläs srir ig" xoöslss 1z?ri<irw8 as KoeUie xs,r IZrnvst IiivKtsnIisi'Ler,
HÄeKetts Ä 0is., 1378.

das Gewerbemuseum von Gropius und Schmieden, dessen Fayade uns in
einem plastischen Modell vor Augen geführt wird. Von hervorragenden Pri¬
vatbauten ist das riesige Eisenbahnhotel an einem Haupthciltepuukt der in der
Ausführung befindlichen Stadtbahn von Hennicke und van d.er Hute zu
nennen, dessen Kosten ans drei Millionen Mark veranschlagt sind, und ein
palastähnliches Haus für die Lebensversicherungsgesellschaft Germania, das,
wie der Entwurf zeigt, von den Architekten Kayser und v. Groß heim in den
Formen der deutschen Renaissance ganz aus hannöver'sehen Sandstein aufge¬
führt werden soll.




Hoethe's Kedichte in Frankreich.

Was neulich in diesen Blättern über die Lessingbiographie des Engländer's
Sine gesagt wurde, gilt auch von einem vor kurzem erschienenen französischen
Werke über Goethe's Gedichte: Wir können uns und dem Auslande Glück
dazu wünschen, ja wir könnten das Ausland fast darum beneiden.*) Ernst
Lichtenberger, jedenfalls ein Elsasser, — sein Buch ist in Paris verlegt, aber
in Straßburg gedruckt — hat einen Beitrag zur Goetheliteratur geliefert, wie
wir Deutschen mit unsrer schwerfälligerem Gründlichkeit ihn nun einmal nicht
schaffen können oder wollen. Man wende nicht ein, daß der Verfasser im
Grunde vielleicht auch ein Deutscher sei, deutsch mindestens in seinem Namen,
in seinen Anschauungen, in der Richtung seiner Studien, wenn sein Bildungs¬
gang anch vielleicht ein französischer gewesen, denn solches Französisch wie er
schreibt kein Deutscher. Wir würden dann eben nur auf literarischem Gebiete
dieselbe Erfahrung machen, die die Pariser Ausstellung auf dem Gebiete der
Kunst und des Gewerbes so vielfach wieder ergeben hat: daß der Deutsche in
Frankreich dem Deutschen in Deutschland oft an Geschicklichkeit überlegen ist.
Wenn ein deutsches Talent für den Franzosen arbeitet, so ist es, als ob ein
Fisch in frisches Wasser gesetzt wllrde. Der deutsche Musterzeichner, der für
seine Anlagen und Kenntnisse bei uns keine Verwendung finden kann, geht
nach Paris und arbeitet für französische Geschäfte. Dann kommt seine Arbeit
nach Deutschland, und wir machen sie mühselig nach. Hätte Lichtenberger sein
Buch deutsch geschrieben, was er wahrscheinlich im Stande gewesen wäre, so



*) Ütrläs srir ig» xoöslss 1z?ri<irw8 as KoeUie xs,r IZrnvst IiivKtsnIisi'Ler,
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[0096] das Gewerbemuseum von Gropius und Schmieden, dessen Fayade uns in einem plastischen Modell vor Augen geführt wird. Von hervorragenden Pri¬ vatbauten ist das riesige Eisenbahnhotel an einem Haupthciltepuukt der in der Ausführung befindlichen Stadtbahn von Hennicke und van d.er Hute zu nennen, dessen Kosten ans drei Millionen Mark veranschlagt sind, und ein palastähnliches Haus für die Lebensversicherungsgesellschaft Germania, das, wie der Entwurf zeigt, von den Architekten Kayser und v. Groß heim in den Formen der deutschen Renaissance ganz aus hannöver'sehen Sandstein aufge¬ führt werden soll. Hoethe's Kedichte in Frankreich. Was neulich in diesen Blättern über die Lessingbiographie des Engländer's Sine gesagt wurde, gilt auch von einem vor kurzem erschienenen französischen Werke über Goethe's Gedichte: Wir können uns und dem Auslande Glück dazu wünschen, ja wir könnten das Ausland fast darum beneiden.*) Ernst Lichtenberger, jedenfalls ein Elsasser, — sein Buch ist in Paris verlegt, aber in Straßburg gedruckt — hat einen Beitrag zur Goetheliteratur geliefert, wie wir Deutschen mit unsrer schwerfälligerem Gründlichkeit ihn nun einmal nicht schaffen können oder wollen. Man wende nicht ein, daß der Verfasser im Grunde vielleicht auch ein Deutscher sei, deutsch mindestens in seinem Namen, in seinen Anschauungen, in der Richtung seiner Studien, wenn sein Bildungs¬ gang anch vielleicht ein französischer gewesen, denn solches Französisch wie er schreibt kein Deutscher. Wir würden dann eben nur auf literarischem Gebiete dieselbe Erfahrung machen, die die Pariser Ausstellung auf dem Gebiete der Kunst und des Gewerbes so vielfach wieder ergeben hat: daß der Deutsche in Frankreich dem Deutschen in Deutschland oft an Geschicklichkeit überlegen ist. Wenn ein deutsches Talent für den Franzosen arbeitet, so ist es, als ob ein Fisch in frisches Wasser gesetzt wllrde. Der deutsche Musterzeichner, der für seine Anlagen und Kenntnisse bei uns keine Verwendung finden kann, geht nach Paris und arbeitet für französische Geschäfte. Dann kommt seine Arbeit nach Deutschland, und wir machen sie mühselig nach. Hätte Lichtenberger sein Buch deutsch geschrieben, was er wahrscheinlich im Stande gewesen wäre, so *) Ütrläs srir ig» xoöslss 1z?ri<irw8 as KoeUie xs,r IZrnvst IiivKtsnIisi'Ler, HÄeKetts Ä 0is., 1378.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/96>, abgerufen am 29.04.2024.