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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band.

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ristisches Talent besonders in effektvoller Beleuchtung durch die Sonne be¬
kundet. Aehnliche kühne Probleme, wie Ueberhand, hat sich Albert Hertel in
Berlin gestellt; aber er hat sie auch glücklich gelöst. Sein "nahender Sturm
an der genuesischen Küste" und ein Blick auf das Cap von Portofino bei
Genna sind zwei Bilder von feinster koloristischer Wirkung, die besten italieni¬
schen Landschaften der Ausstellung.

Bernewitz von Lösen, der Claude Lorrain der Mark Brandenburg, und
Karl Scherres wetteifern mit einander, der mit Unrecht verschrieenen Streu¬
sandbüchse des römischen Reiches immer neue malerische Motive abzugewinnen.
Beide haben einen stark melancholischen Zug gemeinsam, der ihren Bildern
einen fesselnden poetischen Reiz verleiht. Wir erwähnen noch im Fluge die
heroische" Landschaften von Kanoldt, die trefflichen Ansichten von der Insel
Rügen von dem Karlsruher Bracht, dessen Terrainbehandlung in der ganzen
deutschen Malerei nicht ihres Gleichen findet, die großartigen Alpenbilder von
Kameke, um mit Paul Meyerheim, der sich auf einer Landschaft aus den
bairischen Alpen als ein ebenso großer Thier- wie Landschaftsmaler gezeigt
hat, unsere Uebersicht über die Malerei zu schließen.

Auf dem Kupferstich lastet die Noth der Zeit am schwersten. Die Aus¬
stellung enthält auch nicht eine Reproduktion eines klassischen Werkes von Be¬
deutung. Von modernen Sachen ist nur ein Stich nach Kraus, die Gratu¬
lantin von Ludy, zu erwähnen. Als geistreicher Radirer hat sich der Land¬
schaftsmaler Baron von Gleichen-Rußwurm in Weimar, ein Enkel Schiller's,
rühmlich hervorgethan.

Fast eben so dürftig fällt das Resultat einer Umschau in der Plastik aus.
Streng genommen enthält die plastische Abtheilung nur ein hervorragendes
Werk: das Gipsmodell für das Kölner Bismarckdenkmal von Fritz sah aper, eine
Schöpfung von großer, monumentaler Wirkung. schlicht, echt wie der Fürst im
Leben aufzutreten pflegt, hat ihn auch der Künstler dargestellt: unbedeckten
Hauptes, im Jnterimsrock der Kürassieroffiziere, die Hand auf den Pallasch
gestützt, und gerade durch diesen Verzicht auf jeglichen Prunk, auf jede Dekoration
ist der mächtige Eindruck erzielt worden. Wie in der Malerei das Porträt
eine bedeutsame Rolle spielt, so überwiegt in der Plastik die Büste. Aber
das Resultat ist dort wie hier das Gleiche: wenig gute Büsten, viel mittel¬
mäßige und schlechte. R. Begas, Donndorf und Keil haben das geringe
Kontingent der ersteren gestellt.

Seit einem Jahre wird auch die Architektur zur akademischen
Kunstausstellung zugelassen. Die Betheiligung war in diesem Jahre im
Hinblick auf die ungünstigen Zeitverhältnisse eine ziemlich rege. Von großen
Monumentalbauten ist gegenwärtig nur einer in Berlin im Ban begriffen:


ristisches Talent besonders in effektvoller Beleuchtung durch die Sonne be¬
kundet. Aehnliche kühne Probleme, wie Ueberhand, hat sich Albert Hertel in
Berlin gestellt; aber er hat sie auch glücklich gelöst. Sein „nahender Sturm
an der genuesischen Küste" und ein Blick auf das Cap von Portofino bei
Genna sind zwei Bilder von feinster koloristischer Wirkung, die besten italieni¬
schen Landschaften der Ausstellung.

Bernewitz von Lösen, der Claude Lorrain der Mark Brandenburg, und
Karl Scherres wetteifern mit einander, der mit Unrecht verschrieenen Streu¬
sandbüchse des römischen Reiches immer neue malerische Motive abzugewinnen.
Beide haben einen stark melancholischen Zug gemeinsam, der ihren Bildern
einen fesselnden poetischen Reiz verleiht. Wir erwähnen noch im Fluge die
heroische» Landschaften von Kanoldt, die trefflichen Ansichten von der Insel
Rügen von dem Karlsruher Bracht, dessen Terrainbehandlung in der ganzen
deutschen Malerei nicht ihres Gleichen findet, die großartigen Alpenbilder von
Kameke, um mit Paul Meyerheim, der sich auf einer Landschaft aus den
bairischen Alpen als ein ebenso großer Thier- wie Landschaftsmaler gezeigt
hat, unsere Uebersicht über die Malerei zu schließen.

Auf dem Kupferstich lastet die Noth der Zeit am schwersten. Die Aus¬
stellung enthält auch nicht eine Reproduktion eines klassischen Werkes von Be¬
deutung. Von modernen Sachen ist nur ein Stich nach Kraus, die Gratu¬
lantin von Ludy, zu erwähnen. Als geistreicher Radirer hat sich der Land¬
schaftsmaler Baron von Gleichen-Rußwurm in Weimar, ein Enkel Schiller's,
rühmlich hervorgethan.

Fast eben so dürftig fällt das Resultat einer Umschau in der Plastik aus.
Streng genommen enthält die plastische Abtheilung nur ein hervorragendes
Werk: das Gipsmodell für das Kölner Bismarckdenkmal von Fritz sah aper, eine
Schöpfung von großer, monumentaler Wirkung. schlicht, echt wie der Fürst im
Leben aufzutreten pflegt, hat ihn auch der Künstler dargestellt: unbedeckten
Hauptes, im Jnterimsrock der Kürassieroffiziere, die Hand auf den Pallasch
gestützt, und gerade durch diesen Verzicht auf jeglichen Prunk, auf jede Dekoration
ist der mächtige Eindruck erzielt worden. Wie in der Malerei das Porträt
eine bedeutsame Rolle spielt, so überwiegt in der Plastik die Büste. Aber
das Resultat ist dort wie hier das Gleiche: wenig gute Büsten, viel mittel¬
mäßige und schlechte. R. Begas, Donndorf und Keil haben das geringe
Kontingent der ersteren gestellt.

Seit einem Jahre wird auch die Architektur zur akademischen
Kunstausstellung zugelassen. Die Betheiligung war in diesem Jahre im
Hinblick auf die ungünstigen Zeitverhältnisse eine ziemlich rege. Von großen
Monumentalbauten ist gegenwärtig nur einer in Berlin im Ban begriffen:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157670/95>, abgerufen am 15.05.2024.