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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Charakteristik der damaligen Führer des preußischen Heeres. Allerdings fehlen
darin viele von den Koryphäen des siebenjährigen Krieges, wie der Dessauer,
Zieten, Schwerin, Keith, Winterfeldt und Fouqui; doch begegnen wir noch
Männern wie Prinz Heinrich, Seydlitz, Anhalt, Ramin, dem Jnfanteriegeneral,
den der König "^ärairabls" nennt, Wunsch, der sich im siebenjährigen Kriege
mehrmals bei selbständigen Unternehmungen ausgezeichnet hatte, Wolffersdorff,
dem tapferen Vertheidiger von Torgau, dem Generalmajor v. Dalwig, einem
Reiterführer, von dem der König außerordentlich viel hielt, obwohl ihm sein
absprechendes Wesen nicht gefiel, und mehreren Anderen, namentlich den Husaren¬
generalen v. Losfau und v. Werner; der letztere entsetzte 1760 durch seine Energie
das von den Russen hart bedrängte Colberg.

Das Testament ist in französischer Sprache abgefaßt. Der deutsch ge¬
schriebene Kommentar dazu war nöthig, denn das dort Gesagte ist erstens vom
rein praktischen Standpunkte aus und nicht zum Zwecke geschichtlicher Darstel¬
lung niedergeschrieben. Der, für welchen die Arbeit bestimmt war, der dama¬
lige Prinz von Preußen, war mit dem Leben der Armee völlig vertraut und
verstand somit leicht jede Andeutung; bei dem heutigen Leser wird dies nicht
der Fall sein. Auch war es nicht überflüssig, gelegentlich auf den Unterschied
zwischen damals und jetzt hinzuweisen, namentlich aber wird man dem Her¬
ausgeber dafür dankbar sein, daß er wiederholt auf die vielen für alle Zeiten
Geltung behaltenden Wahrheiten aufmerksam gemacht hat, die von dem großen
König auch in dieser Arbeit niedergelegt worden sind.




Die Anfänge des Befreiungskrieges im Jahre 1813.

Wir stehen im September 1812. Ein eherner Druck liegt auf unserm
Lande. Bis zum Rhein, seit 1810 bis Lübeck reicht die Grenze des französi¬
schen Empire; von dem, was noch Deutschland heißen darf, umfassen die
Gebiete der Rheinbundsfürsten die gute Hälfte; Preußen ist bis auf vier
Provinzen zusammengebrochen, in denen eine verarmte Bevölkerung von nicht
5 Millionen wohnt; der österreichische Südosten gehört einem Reiche, das eine
deutsche Politik nicht führen kann und jetzt am wenigsten führen will, und
im Osten umklammert die preußische Grenze das napoleonische Herzogthum
Warschau, das Schattenbild eines Polenstaates. Wenige Monate erst sind
vergangen, da haben sich durch das nördliche Deutschland die ungeheueren


Charakteristik der damaligen Führer des preußischen Heeres. Allerdings fehlen
darin viele von den Koryphäen des siebenjährigen Krieges, wie der Dessauer,
Zieten, Schwerin, Keith, Winterfeldt und Fouqui; doch begegnen wir noch
Männern wie Prinz Heinrich, Seydlitz, Anhalt, Ramin, dem Jnfanteriegeneral,
den der König „^ärairabls" nennt, Wunsch, der sich im siebenjährigen Kriege
mehrmals bei selbständigen Unternehmungen ausgezeichnet hatte, Wolffersdorff,
dem tapferen Vertheidiger von Torgau, dem Generalmajor v. Dalwig, einem
Reiterführer, von dem der König außerordentlich viel hielt, obwohl ihm sein
absprechendes Wesen nicht gefiel, und mehreren Anderen, namentlich den Husaren¬
generalen v. Losfau und v. Werner; der letztere entsetzte 1760 durch seine Energie
das von den Russen hart bedrängte Colberg.

Das Testament ist in französischer Sprache abgefaßt. Der deutsch ge¬
schriebene Kommentar dazu war nöthig, denn das dort Gesagte ist erstens vom
rein praktischen Standpunkte aus und nicht zum Zwecke geschichtlicher Darstel¬
lung niedergeschrieben. Der, für welchen die Arbeit bestimmt war, der dama¬
lige Prinz von Preußen, war mit dem Leben der Armee völlig vertraut und
verstand somit leicht jede Andeutung; bei dem heutigen Leser wird dies nicht
der Fall sein. Auch war es nicht überflüssig, gelegentlich auf den Unterschied
zwischen damals und jetzt hinzuweisen, namentlich aber wird man dem Her¬
ausgeber dafür dankbar sein, daß er wiederholt auf die vielen für alle Zeiten
Geltung behaltenden Wahrheiten aufmerksam gemacht hat, die von dem großen
König auch in dieser Arbeit niedergelegt worden sind.




Die Anfänge des Befreiungskrieges im Jahre 1813.

Wir stehen im September 1812. Ein eherner Druck liegt auf unserm
Lande. Bis zum Rhein, seit 1810 bis Lübeck reicht die Grenze des französi¬
schen Empire; von dem, was noch Deutschland heißen darf, umfassen die
Gebiete der Rheinbundsfürsten die gute Hälfte; Preußen ist bis auf vier
Provinzen zusammengebrochen, in denen eine verarmte Bevölkerung von nicht
5 Millionen wohnt; der österreichische Südosten gehört einem Reiche, das eine
deutsche Politik nicht führen kann und jetzt am wenigsten führen will, und
im Osten umklammert die preußische Grenze das napoleonische Herzogthum
Warschau, das Schattenbild eines Polenstaates. Wenige Monate erst sind
vergangen, da haben sich durch das nördliche Deutschland die ungeheueren


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[0211] Charakteristik der damaligen Führer des preußischen Heeres. Allerdings fehlen darin viele von den Koryphäen des siebenjährigen Krieges, wie der Dessauer, Zieten, Schwerin, Keith, Winterfeldt und Fouqui; doch begegnen wir noch Männern wie Prinz Heinrich, Seydlitz, Anhalt, Ramin, dem Jnfanteriegeneral, den der König „^ärairabls" nennt, Wunsch, der sich im siebenjährigen Kriege mehrmals bei selbständigen Unternehmungen ausgezeichnet hatte, Wolffersdorff, dem tapferen Vertheidiger von Torgau, dem Generalmajor v. Dalwig, einem Reiterführer, von dem der König außerordentlich viel hielt, obwohl ihm sein absprechendes Wesen nicht gefiel, und mehreren Anderen, namentlich den Husaren¬ generalen v. Losfau und v. Werner; der letztere entsetzte 1760 durch seine Energie das von den Russen hart bedrängte Colberg. Das Testament ist in französischer Sprache abgefaßt. Der deutsch ge¬ schriebene Kommentar dazu war nöthig, denn das dort Gesagte ist erstens vom rein praktischen Standpunkte aus und nicht zum Zwecke geschichtlicher Darstel¬ lung niedergeschrieben. Der, für welchen die Arbeit bestimmt war, der dama¬ lige Prinz von Preußen, war mit dem Leben der Armee völlig vertraut und verstand somit leicht jede Andeutung; bei dem heutigen Leser wird dies nicht der Fall sein. Auch war es nicht überflüssig, gelegentlich auf den Unterschied zwischen damals und jetzt hinzuweisen, namentlich aber wird man dem Her¬ ausgeber dafür dankbar sein, daß er wiederholt auf die vielen für alle Zeiten Geltung behaltenden Wahrheiten aufmerksam gemacht hat, die von dem großen König auch in dieser Arbeit niedergelegt worden sind. Die Anfänge des Befreiungskrieges im Jahre 1813. Wir stehen im September 1812. Ein eherner Druck liegt auf unserm Lande. Bis zum Rhein, seit 1810 bis Lübeck reicht die Grenze des französi¬ schen Empire; von dem, was noch Deutschland heißen darf, umfassen die Gebiete der Rheinbundsfürsten die gute Hälfte; Preußen ist bis auf vier Provinzen zusammengebrochen, in denen eine verarmte Bevölkerung von nicht 5 Millionen wohnt; der österreichische Südosten gehört einem Reiche, das eine deutsche Politik nicht führen kann und jetzt am wenigsten führen will, und im Osten umklammert die preußische Grenze das napoleonische Herzogthum Warschau, das Schattenbild eines Polenstaates. Wenige Monate erst sind vergangen, da haben sich durch das nördliche Deutschland die ungeheueren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/211>, abgerufen am 01.05.2024.