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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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Woche zu leisten." Während man sich aber fast wundern möchte, unsern
"moquanten" Kritiker nicht im Karzerbuche zu entdecken, und es wenigstens
nicht allzu auffällig finden wird, daß der zahme Satiriker Raben er einmal
wegen Betheiligung bei einem ziemlich tendenziösen Weinschmause ins Kärzer
geschickt worden ist, so wird es gewiß Jedermann befremden, auch den frommen
Moralisten Gellert unter dessen Insassen erwähnt zu sehen. Es war eine
unbotmäßige Aufwallung seines Ehrgefühls, welche ihm dies Schicksal zuzog.
Die sekundärer hatten nach alter Sitte das Weinschenkenamt. Da aber bei
Ausübung desselben mancherlei Unordnungen vorgekommen waren, so wurde
es von dem inspizirenden Lehrer im Einverständniß mit der Konferenz bei der
nächsten Gelegenheit Tertianern übertragen. Hierüber empört, entriß Gellert
dem, welcher seinen Tisch versorgen sollte, die Weinlaune, bediente sich selbst
und goß den Rest weg, was natürlich nicht ungeahndet bleiben konnte. --

Wir schließen unsern kurzen Auszug aus Flathes inhaltsreichem Buche
mit den wärmsten Wünschen für die weitere Blüthe der altberühmten Schule
auch in ihrem neuen Heim. An der Erfüllung wird es diesen Wünschen ge¬
wiß nicht fehlen. Hat doch die Fiirstenschule in ihrer geringeren Schülerzahl,
ihrer strengen Zeiteintheilung und der frühzeitigen Gewöhnung ihrer Zöglinge
an Privatfleiß drei unschätzbare Vortheile vor allen ihren Mitschwestern voraus,
Vortheile, die denn auch Flathe selbst in seiner bescheidenen und begonnenen
Würdigung des günstigen Rufes der Fürstenschulen scharf hervorhebt.




Kachttgals Aeise nach Jornu.

Wir haben in einer früheren Nummer dieser Blätter an der Hand des
eben erschienenen ersten Theiles von Nachtigals im Jahre 1869 angetretener afrika¬
nischen Reise*) über den Aufenthalt Nachtigals in FezM und Tibesti berichtet,
mit dem Versprechen, gelegentlich auf die Fortsetzung der Reise zurückzukommen.
Im Folgenden lösen wir das gegebene Wort ein, indem wir unsern Lands¬
mann nach dem eigentlichen Ziele seiner Reise, nach Kuka, der Hauptstadt von
Bornu, begleiten.

Am 8. Oktober 1869 war Nachtigal nach Mursuk zurückgekehrt und hatte
die nächste Zeit der Wiederherstellung seiner stark angegriffenen Gesundheit und



*) Sahara und Süd-in, Ergebnisse sechsjähriger Reisen in Afrika von Dr. Nach¬
tigal. Berlin, 1879. Weiduiannsche Buchhandlung. Wieg-inde, Hempel Le Parey,
Greuzvotcn IV. 1879. Ls

Woche zu leisten." Während man sich aber fast wundern möchte, unsern
„moquanten" Kritiker nicht im Karzerbuche zu entdecken, und es wenigstens
nicht allzu auffällig finden wird, daß der zahme Satiriker Raben er einmal
wegen Betheiligung bei einem ziemlich tendenziösen Weinschmause ins Kärzer
geschickt worden ist, so wird es gewiß Jedermann befremden, auch den frommen
Moralisten Gellert unter dessen Insassen erwähnt zu sehen. Es war eine
unbotmäßige Aufwallung seines Ehrgefühls, welche ihm dies Schicksal zuzog.
Die sekundärer hatten nach alter Sitte das Weinschenkenamt. Da aber bei
Ausübung desselben mancherlei Unordnungen vorgekommen waren, so wurde
es von dem inspizirenden Lehrer im Einverständniß mit der Konferenz bei der
nächsten Gelegenheit Tertianern übertragen. Hierüber empört, entriß Gellert
dem, welcher seinen Tisch versorgen sollte, die Weinlaune, bediente sich selbst
und goß den Rest weg, was natürlich nicht ungeahndet bleiben konnte. —

Wir schließen unsern kurzen Auszug aus Flathes inhaltsreichem Buche
mit den wärmsten Wünschen für die weitere Blüthe der altberühmten Schule
auch in ihrem neuen Heim. An der Erfüllung wird es diesen Wünschen ge¬
wiß nicht fehlen. Hat doch die Fiirstenschule in ihrer geringeren Schülerzahl,
ihrer strengen Zeiteintheilung und der frühzeitigen Gewöhnung ihrer Zöglinge
an Privatfleiß drei unschätzbare Vortheile vor allen ihren Mitschwestern voraus,
Vortheile, die denn auch Flathe selbst in seiner bescheidenen und begonnenen
Würdigung des günstigen Rufes der Fürstenschulen scharf hervorhebt.




Kachttgals Aeise nach Jornu.

Wir haben in einer früheren Nummer dieser Blätter an der Hand des
eben erschienenen ersten Theiles von Nachtigals im Jahre 1869 angetretener afrika¬
nischen Reise*) über den Aufenthalt Nachtigals in FezM und Tibesti berichtet,
mit dem Versprechen, gelegentlich auf die Fortsetzung der Reise zurückzukommen.
Im Folgenden lösen wir das gegebene Wort ein, indem wir unsern Lands¬
mann nach dem eigentlichen Ziele seiner Reise, nach Kuka, der Hauptstadt von
Bornu, begleiten.

Am 8. Oktober 1869 war Nachtigal nach Mursuk zurückgekehrt und hatte
die nächste Zeit der Wiederherstellung seiner stark angegriffenen Gesundheit und



*) Sahara und Süd-in, Ergebnisse sechsjähriger Reisen in Afrika von Dr. Nach¬
tigal. Berlin, 1879. Weiduiannsche Buchhandlung. Wieg-inde, Hempel Le Parey,
Greuzvotcn IV. 1879. Ls
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/201>, abgerufen am 06.05.2024.