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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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Unterscheidungszoll gegen die Einfuhr ans den Zvllausschlüssen in ganz gleicher
Weise anwenden, wie gegen das Ausland, in völliger Uebereinstimmung mit
der Anwendung des Zolltarifs, der die Zollexelaven ebenfalls als Ausland be¬
handelt."

Die Reichsverfassung hat den beiden Hansestädten der Nordseeküste das
Recht gewährt, allein darüber zu entscheide", ob die großen Vortheile, welche
der Uuterscheiduugszvll bei ihrem Eintritt in die Zollgrenze auch ihnen bietet,
und ob die schweren Nachtheile, welche nach Einführung dieses Zolls das fer¬
nere Verbleiben in ihrer eximirten Stellung sowohl dem gesammtdentschen als
ihrem Partienlaren Interesse zufügen würde, sie veranlassen müssen, ihre
Sonderstellung aufzugeben, oder ob sie trotz alledem Freihafen bleiben können.
Lassen sie es zu der oben vom Verfasser unserer Schrift angedeuteten Ma߬
regel kommen, so wird man ja sehen, wer die Sache länger aufhält, sie oder
das Reich.




In russischer Gefangenschaft.^)
(Ans den Aufzeichnungen eines thüringischen Schulmeisters.)
Alitgctheilt von Robert Reil.
1.
Ausmarsch. Bis nach Tilsit.

Man nahm mich beim Militär an, und ehe ich es mir versah, war der
Schulmeister in einen Soldaten umgewandelt. Nach drei Tagen wurde ich,
der ich drei Jahre lang neben dem Privatschullehrer auch Vice-Fourier gewesen
war, als Sergeant-Fourier mit auf den verhängnißvollen Marsch nach Rußland
gesetzt (1812). Zwar war das Weimarische Bataillon schon ausgerückt, aber
es mußte", da es nicht vollständig war, noch 300 Mann gestellt werden. Ihnen,
die größtenteils vom Lande schnell zum Militärdienste ausgerufen und über
Hals und Kopf in das Kriegsgewand gekleidet worden waren, fehlte außer der
erforderlichen äußeren Politur auch das Exercitium; diesem mußten daher fast
alle auf dem Marsche erst von mir unterworfen werden. So war ich durch
die Umstände doch wieder in einen meiner früheren Thätigkeit ähnlichen Wir-



*) Vgl. die Einleitung im vorigen Hefte.

Unterscheidungszoll gegen die Einfuhr ans den Zvllausschlüssen in ganz gleicher
Weise anwenden, wie gegen das Ausland, in völliger Uebereinstimmung mit
der Anwendung des Zolltarifs, der die Zollexelaven ebenfalls als Ausland be¬
handelt."

Die Reichsverfassung hat den beiden Hansestädten der Nordseeküste das
Recht gewährt, allein darüber zu entscheide», ob die großen Vortheile, welche
der Uuterscheiduugszvll bei ihrem Eintritt in die Zollgrenze auch ihnen bietet,
und ob die schweren Nachtheile, welche nach Einführung dieses Zolls das fer¬
nere Verbleiben in ihrer eximirten Stellung sowohl dem gesammtdentschen als
ihrem Partienlaren Interesse zufügen würde, sie veranlassen müssen, ihre
Sonderstellung aufzugeben, oder ob sie trotz alledem Freihafen bleiben können.
Lassen sie es zu der oben vom Verfasser unserer Schrift angedeuteten Ma߬
regel kommen, so wird man ja sehen, wer die Sache länger aufhält, sie oder
das Reich.




In russischer Gefangenschaft.^)
(Ans den Aufzeichnungen eines thüringischen Schulmeisters.)
Alitgctheilt von Robert Reil.
1.
Ausmarsch. Bis nach Tilsit.

Man nahm mich beim Militär an, und ehe ich es mir versah, war der
Schulmeister in einen Soldaten umgewandelt. Nach drei Tagen wurde ich,
der ich drei Jahre lang neben dem Privatschullehrer auch Vice-Fourier gewesen
war, als Sergeant-Fourier mit auf den verhängnißvollen Marsch nach Rußland
gesetzt (1812). Zwar war das Weimarische Bataillon schon ausgerückt, aber
es mußte«, da es nicht vollständig war, noch 300 Mann gestellt werden. Ihnen,
die größtenteils vom Lande schnell zum Militärdienste ausgerufen und über
Hals und Kopf in das Kriegsgewand gekleidet worden waren, fehlte außer der
erforderlichen äußeren Politur auch das Exercitium; diesem mußten daher fast
alle auf dem Marsche erst von mir unterworfen werden. So war ich durch
die Umstände doch wieder in einen meiner früheren Thätigkeit ähnlichen Wir-



*) Vgl. die Einleitung im vorigen Hefte.
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[0314] Unterscheidungszoll gegen die Einfuhr ans den Zvllausschlüssen in ganz gleicher Weise anwenden, wie gegen das Ausland, in völliger Uebereinstimmung mit der Anwendung des Zolltarifs, der die Zollexelaven ebenfalls als Ausland be¬ handelt." Die Reichsverfassung hat den beiden Hansestädten der Nordseeküste das Recht gewährt, allein darüber zu entscheide», ob die großen Vortheile, welche der Uuterscheiduugszvll bei ihrem Eintritt in die Zollgrenze auch ihnen bietet, und ob die schweren Nachtheile, welche nach Einführung dieses Zolls das fer¬ nere Verbleiben in ihrer eximirten Stellung sowohl dem gesammtdentschen als ihrem Partienlaren Interesse zufügen würde, sie veranlassen müssen, ihre Sonderstellung aufzugeben, oder ob sie trotz alledem Freihafen bleiben können. Lassen sie es zu der oben vom Verfasser unserer Schrift angedeuteten Ma߬ regel kommen, so wird man ja sehen, wer die Sache länger aufhält, sie oder das Reich. In russischer Gefangenschaft.^) (Ans den Aufzeichnungen eines thüringischen Schulmeisters.) Alitgctheilt von Robert Reil. 1. Ausmarsch. Bis nach Tilsit. Man nahm mich beim Militär an, und ehe ich es mir versah, war der Schulmeister in einen Soldaten umgewandelt. Nach drei Tagen wurde ich, der ich drei Jahre lang neben dem Privatschullehrer auch Vice-Fourier gewesen war, als Sergeant-Fourier mit auf den verhängnißvollen Marsch nach Rußland gesetzt (1812). Zwar war das Weimarische Bataillon schon ausgerückt, aber es mußte«, da es nicht vollständig war, noch 300 Mann gestellt werden. Ihnen, die größtenteils vom Lande schnell zum Militärdienste ausgerufen und über Hals und Kopf in das Kriegsgewand gekleidet worden waren, fehlte außer der erforderlichen äußeren Politur auch das Exercitium; diesem mußten daher fast alle auf dem Marsche erst von mir unterworfen werden. So war ich durch die Umstände doch wieder in einen meiner früheren Thätigkeit ähnlichen Wir- *) Vgl. die Einleitung im vorigen Hefte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/314>, abgerufen am 30.04.2024.