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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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Neuere Militärliteratur.
(Schluß.)
Die A l am annensch lacht bei Straßburg (35? n. Chr.). Ein Studie
von Felix Dahn. Braunschweig, Georg Weftermnnn, 1880.

Der gelehrte Verfasser des "Prokop von Caesarea" und der "Könige der
Germanen", der Phantasie- und geistvolle Dichter des "Kampfs um Rom" will
in dieser kleinen, elegant ausgestatteten Brvschiire ein Bild jener Alamannen-
schlacht entwerfen, die als letzter großer Erfolg Roms gegen die Germanen und
nicht minder wegen der Persönlichkeit des Siegers, des Apostaten ^nUan, so
merkwürdig ist. 'Anscheinend war die Schrift ursprünglich ein Vortrag; dies
würde wenigstens manche Eigenthümlichkeit ihrer Form erklären: so wie ste
vorliegt, macht sie einen nicht ganz befriedigenden Eindruck. Die Aufstellung
der Heere und der Gang des Kampfes werden nicht klar und überzeugend ge¬
nug dargestellt und geben umsoweniger ein völlig deutliches Bild der Schlacht,
als der 'Verfasser sich vielfach zu erklärenden Ercnrsen veranlaßt sieht, die den
inneren Zusammenhang stören. Auch die mit ungenügenden typographischen
Mitteln gegebenen Planchen tragen kaum zur Erläuterung bei. Es versteht sich
von selbst, daß bei einem so vortrefflichen Kritiker wie Dahn die materielle
Grundlage, welche er aus der Darstellung Ammians gewonnen hat, an und
für sich höchst schätzbar ist; aber es will uus doch erscheinen, als wenn der
auf dieser Grundlage errichtete Bau vom Gerüste befreit wordeu wäre, bevor
er, namentlich auch seiner künstlerischen Erscheinung nach, ganz vollendet war.


^es c>t pur 1o FÜQÜrlü bu-ron (Z o vltra.1 s. Zrnxvllks vt
I^ipAA, 1878. I^idralris V. Nruiuarckt.
I^of kvroos n-zrioii aloL par 1o lisutoirant FÜirvM baron oil.ii avr
SwiLson. lZruxolliZs et I^oix^, 1880. I^iwNiio v. NulMirdt.

Beide vorstehende Schriften behandeln die NotlMndigkeit von Reformen
we belgischen Wehrwesen. Der patriotische Angstruf, der namentlich seit 1870
in Wort und Schrift, in den Unterhaltungen der belgischen Offiziere wie in den
Aeiißeriingen der periodische" Presse so mannigfach erklang, tönt auch aus diese"
beiden Schriften wieder, und selten hat der Gedanke der Reform so bedeutende
Vertreter gefunden wie hier.

Der aus dem Heere bereits ausgeschiedene General Goethals giebt, wie er
sagt, hier sein militärisches Vermächtnis;. Er erörtert eingehend die VerMchtmigeu,
welche die völkerrechtlich garantirte Neutralität Belgien auferlegt, und behan¬
delt dann in getrennten Capiteln die Einführung der allgemeinen Nehrpsllcht,
die Reorganisation des Generalstabes, die Nachtheile der bestehenden Centrali¬
sation der Verwaltung und die Grundlagen einer neuen Organisation des Heeres.
Belgien hatte von 1830-- 1839 bei nnr vier Millionen Einwohnern über
WO 000 Mann unter den Waffen, 1839 sogar 120000 Mann; 1870 dagegen
bei 5V-. Million Einwohnern und einem'Controllstande von (1861 --1870)
durchschnittlich 104000 Mann, verfügte Belgien über nur 72613 Mann, und
1878 gab eine officielle Erklärung des Ministeriums in der Kammer 90000
Mann als vorhanden und für die Aufrechterhaltung der Neutralität ausreichend


Neuere Militärliteratur.
(Schluß.)
Die A l am annensch lacht bei Straßburg (35? n. Chr.). Ein Studie
von Felix Dahn. Braunschweig, Georg Weftermnnn, 1880.

Der gelehrte Verfasser des „Prokop von Caesarea" und der „Könige der
Germanen", der Phantasie- und geistvolle Dichter des „Kampfs um Rom" will
in dieser kleinen, elegant ausgestatteten Brvschiire ein Bild jener Alamannen-
schlacht entwerfen, die als letzter großer Erfolg Roms gegen die Germanen und
nicht minder wegen der Persönlichkeit des Siegers, des Apostaten ^nUan, so
merkwürdig ist. 'Anscheinend war die Schrift ursprünglich ein Vortrag; dies
würde wenigstens manche Eigenthümlichkeit ihrer Form erklären: so wie ste
vorliegt, macht sie einen nicht ganz befriedigenden Eindruck. Die Aufstellung
der Heere und der Gang des Kampfes werden nicht klar und überzeugend ge¬
nug dargestellt und geben umsoweniger ein völlig deutliches Bild der Schlacht,
als der 'Verfasser sich vielfach zu erklärenden Ercnrsen veranlaßt sieht, die den
inneren Zusammenhang stören. Auch die mit ungenügenden typographischen
Mitteln gegebenen Planchen tragen kaum zur Erläuterung bei. Es versteht sich
von selbst, daß bei einem so vortrefflichen Kritiker wie Dahn die materielle
Grundlage, welche er aus der Darstellung Ammians gewonnen hat, an und
für sich höchst schätzbar ist; aber es will uus doch erscheinen, als wenn der
auf dieser Grundlage errichtete Bau vom Gerüste befreit wordeu wäre, bevor
er, namentlich auch seiner künstlerischen Erscheinung nach, ganz vollendet war.


^es c>t pur 1o FÜQÜrlü bu-ron (Z o vltra.1 s. Zrnxvllks vt
I^ipAA, 1878. I^idralris V. Nruiuarckt.
I^of kvroos n-zrioii aloL par 1o lisutoirant FÜirvM baron oil.ii avr
SwiLson. lZruxolliZs et I^oix^, 1880. I^iwNiio v. NulMirdt.

Beide vorstehende Schriften behandeln die NotlMndigkeit von Reformen
we belgischen Wehrwesen. Der patriotische Angstruf, der namentlich seit 1870
in Wort und Schrift, in den Unterhaltungen der belgischen Offiziere wie in den
Aeiißeriingen der periodische« Presse so mannigfach erklang, tönt auch aus diese»
beiden Schriften wieder, und selten hat der Gedanke der Reform so bedeutende
Vertreter gefunden wie hier.

Der aus dem Heere bereits ausgeschiedene General Goethals giebt, wie er
sagt, hier sein militärisches Vermächtnis;. Er erörtert eingehend die VerMchtmigeu,
welche die völkerrechtlich garantirte Neutralität Belgien auferlegt, und behan¬
delt dann in getrennten Capiteln die Einführung der allgemeinen Nehrpsllcht,
die Reorganisation des Generalstabes, die Nachtheile der bestehenden Centrali¬
sation der Verwaltung und die Grundlagen einer neuen Organisation des Heeres.
Belgien hatte von 1830— 1839 bei nnr vier Millionen Einwohnern über
WO 000 Mann unter den Waffen, 1839 sogar 120000 Mann; 1870 dagegen
bei 5V-. Million Einwohnern und einem'Controllstande von (1861 —1870)
durchschnittlich 104000 Mann, verfügte Belgien über nur 72613 Mann, und
1878 gab eine officielle Erklärung des Ministeriums in der Kammer 90000
Mann als vorhanden und für die Aufrechterhaltung der Neutralität ausreichend


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[0346] Neuere Militärliteratur. (Schluß.) Die A l am annensch lacht bei Straßburg (35? n. Chr.). Ein Studie von Felix Dahn. Braunschweig, Georg Weftermnnn, 1880. Der gelehrte Verfasser des „Prokop von Caesarea" und der „Könige der Germanen", der Phantasie- und geistvolle Dichter des „Kampfs um Rom" will in dieser kleinen, elegant ausgestatteten Brvschiire ein Bild jener Alamannen- schlacht entwerfen, die als letzter großer Erfolg Roms gegen die Germanen und nicht minder wegen der Persönlichkeit des Siegers, des Apostaten ^nUan, so merkwürdig ist. 'Anscheinend war die Schrift ursprünglich ein Vortrag; dies würde wenigstens manche Eigenthümlichkeit ihrer Form erklären: so wie ste vorliegt, macht sie einen nicht ganz befriedigenden Eindruck. Die Aufstellung der Heere und der Gang des Kampfes werden nicht klar und überzeugend ge¬ nug dargestellt und geben umsoweniger ein völlig deutliches Bild der Schlacht, als der 'Verfasser sich vielfach zu erklärenden Ercnrsen veranlaßt sieht, die den inneren Zusammenhang stören. Auch die mit ungenügenden typographischen Mitteln gegebenen Planchen tragen kaum zur Erläuterung bei. Es versteht sich von selbst, daß bei einem so vortrefflichen Kritiker wie Dahn die materielle Grundlage, welche er aus der Darstellung Ammians gewonnen hat, an und für sich höchst schätzbar ist; aber es will uus doch erscheinen, als wenn der auf dieser Grundlage errichtete Bau vom Gerüste befreit wordeu wäre, bevor er, namentlich auch seiner künstlerischen Erscheinung nach, ganz vollendet war. ^es c>t pur 1o FÜQÜrlü bu-ron (Z o vltra.1 s. Zrnxvllks vt I^ipAA, 1878. I^idralris V. Nruiuarckt. I^of kvroos n-zrioii aloL par 1o lisutoirant FÜirvM baron oil.ii avr SwiLson. lZruxolliZs et I^oix^, 1880. I^iwNiio v. NulMirdt. Beide vorstehende Schriften behandeln die NotlMndigkeit von Reformen we belgischen Wehrwesen. Der patriotische Angstruf, der namentlich seit 1870 in Wort und Schrift, in den Unterhaltungen der belgischen Offiziere wie in den Aeiißeriingen der periodische« Presse so mannigfach erklang, tönt auch aus diese» beiden Schriften wieder, und selten hat der Gedanke der Reform so bedeutende Vertreter gefunden wie hier. Der aus dem Heere bereits ausgeschiedene General Goethals giebt, wie er sagt, hier sein militärisches Vermächtnis;. Er erörtert eingehend die VerMchtmigeu, welche die völkerrechtlich garantirte Neutralität Belgien auferlegt, und behan¬ delt dann in getrennten Capiteln die Einführung der allgemeinen Nehrpsllcht, die Reorganisation des Generalstabes, die Nachtheile der bestehenden Centrali¬ sation der Verwaltung und die Grundlagen einer neuen Organisation des Heeres. Belgien hatte von 1830— 1839 bei nnr vier Millionen Einwohnern über WO 000 Mann unter den Waffen, 1839 sogar 120000 Mann; 1870 dagegen bei 5V-. Million Einwohnern und einem'Controllstande von (1861 —1870) durchschnittlich 104000 Mann, verfügte Belgien über nur 72613 Mann, und 1878 gab eine officielle Erklärung des Ministeriums in der Kammer 90000 Mann als vorhanden und für die Aufrechterhaltung der Neutralität ausreichend

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/346>, abgerufen am 30.04.2024.