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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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einer Walze ähnlich -- der Heimat zu, welcher mein Herz je näher, je mehr
mit der heißesten Sehnsucht entgegenschlug. Um meinen frommen Vater, einen
siebzigjährigen Greis und noch immer Schullehrer in Thalbürgeln, sowie meine
gute Mutter, meine Geschwister, meine übrigen Verwandten und Freunde, die
mich längst todt glaubten, wiederzusehen, verließ ich in Gera die Militärstraße
und wandte mich nach Thalbnrgeln. Wenige Stunden später lag ich hocherfreut
in den Armen meiner Lieben.

Schon am dritten Tage nach meiner Ankunft in Weimar zog ich mit dem
zweiten Landwehrbataillvn (das erste war bereits ausgerückt) wieder als Fourier
nach Frankreich. ?ost rmdilg. kdoodris! Wie ein heiterer Sommermorgen nach
einer finsteren, schwülen, grauenerregender Gewitternacht neues Leben und Er¬
quickung über die Natur ausgießt, so erquickend war für mich der Marsch nach
und in Frankreich nach den in Rußland erfahrenen Schrecknissen. Mit jedem
Tage fühlte ich mich gestärkter und heiterer. Der Zug in das Land der Franken
erschien mir im Vergleich mit dein russischen Kriege trotz mancher damit ver¬
bundenen Beschwerde fast einer Belustigungs- und Erholungsreise ähnlich. Es
war in der That eine Art Spaziergang, auf welchem man der Annehmlichkeiten
gar viele fand. Mit besonderer Freude benutzte ich jede Gelegenheit, die Dank¬
gefühle zu bestätigen, welche ich gegen die braven französischen Soldaten, die
im Hospitale zu Pleskow meine Engel gewesen waren, in meinem Herzen trage.
Gefangenen Franzosen, welche ich mit zu transportiren hatte, reichte ich mit
Freuden mein Brod und beeilte mich, nach meinen Kräften Unglücklichen eines
Landes zu helfen, dessen Krieger ich im Zustande der größten Hilflosigkeit als
Freunde in der Noth kennen gelernt hatte.

Mit innigem Danke für sie und für das gütige Geschick, welches mich in
Rußland trotz Hunger und Durst, trotz Blöße und Kälte, trotz Lanze, Schwert
und Kugel erhalten hat, lege ich meine Feder nieder.




Die künstliche Kälteerzeugung und ihre Bedeutung
für die Volksernährung.
Eduard Braun. von

Temperatureruiedriguug bis auf deu Eispuukt ist das einzige, aber auch
das nie versagende Mittel, um thierische Nahrungsmittel auf unbegrenzt lange


einer Walze ähnlich — der Heimat zu, welcher mein Herz je näher, je mehr
mit der heißesten Sehnsucht entgegenschlug. Um meinen frommen Vater, einen
siebzigjährigen Greis und noch immer Schullehrer in Thalbürgeln, sowie meine
gute Mutter, meine Geschwister, meine übrigen Verwandten und Freunde, die
mich längst todt glaubten, wiederzusehen, verließ ich in Gera die Militärstraße
und wandte mich nach Thalbnrgeln. Wenige Stunden später lag ich hocherfreut
in den Armen meiner Lieben.

Schon am dritten Tage nach meiner Ankunft in Weimar zog ich mit dem
zweiten Landwehrbataillvn (das erste war bereits ausgerückt) wieder als Fourier
nach Frankreich. ?ost rmdilg. kdoodris! Wie ein heiterer Sommermorgen nach
einer finsteren, schwülen, grauenerregender Gewitternacht neues Leben und Er¬
quickung über die Natur ausgießt, so erquickend war für mich der Marsch nach
und in Frankreich nach den in Rußland erfahrenen Schrecknissen. Mit jedem
Tage fühlte ich mich gestärkter und heiterer. Der Zug in das Land der Franken
erschien mir im Vergleich mit dein russischen Kriege trotz mancher damit ver¬
bundenen Beschwerde fast einer Belustigungs- und Erholungsreise ähnlich. Es
war in der That eine Art Spaziergang, auf welchem man der Annehmlichkeiten
gar viele fand. Mit besonderer Freude benutzte ich jede Gelegenheit, die Dank¬
gefühle zu bestätigen, welche ich gegen die braven französischen Soldaten, die
im Hospitale zu Pleskow meine Engel gewesen waren, in meinem Herzen trage.
Gefangenen Franzosen, welche ich mit zu transportiren hatte, reichte ich mit
Freuden mein Brod und beeilte mich, nach meinen Kräften Unglücklichen eines
Landes zu helfen, dessen Krieger ich im Zustande der größten Hilflosigkeit als
Freunde in der Noth kennen gelernt hatte.

Mit innigem Danke für sie und für das gütige Geschick, welches mich in
Rußland trotz Hunger und Durst, trotz Blöße und Kälte, trotz Lanze, Schwert
und Kugel erhalten hat, lege ich meine Feder nieder.




Die künstliche Kälteerzeugung und ihre Bedeutung
für die Volksernährung.
Eduard Braun. von

Temperatureruiedriguug bis auf deu Eispuukt ist das einzige, aber auch
das nie versagende Mittel, um thierische Nahrungsmittel auf unbegrenzt lange


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[0488] einer Walze ähnlich — der Heimat zu, welcher mein Herz je näher, je mehr mit der heißesten Sehnsucht entgegenschlug. Um meinen frommen Vater, einen siebzigjährigen Greis und noch immer Schullehrer in Thalbürgeln, sowie meine gute Mutter, meine Geschwister, meine übrigen Verwandten und Freunde, die mich längst todt glaubten, wiederzusehen, verließ ich in Gera die Militärstraße und wandte mich nach Thalbnrgeln. Wenige Stunden später lag ich hocherfreut in den Armen meiner Lieben. Schon am dritten Tage nach meiner Ankunft in Weimar zog ich mit dem zweiten Landwehrbataillvn (das erste war bereits ausgerückt) wieder als Fourier nach Frankreich. ?ost rmdilg. kdoodris! Wie ein heiterer Sommermorgen nach einer finsteren, schwülen, grauenerregender Gewitternacht neues Leben und Er¬ quickung über die Natur ausgießt, so erquickend war für mich der Marsch nach und in Frankreich nach den in Rußland erfahrenen Schrecknissen. Mit jedem Tage fühlte ich mich gestärkter und heiterer. Der Zug in das Land der Franken erschien mir im Vergleich mit dein russischen Kriege trotz mancher damit ver¬ bundenen Beschwerde fast einer Belustigungs- und Erholungsreise ähnlich. Es war in der That eine Art Spaziergang, auf welchem man der Annehmlichkeiten gar viele fand. Mit besonderer Freude benutzte ich jede Gelegenheit, die Dank¬ gefühle zu bestätigen, welche ich gegen die braven französischen Soldaten, die im Hospitale zu Pleskow meine Engel gewesen waren, in meinem Herzen trage. Gefangenen Franzosen, welche ich mit zu transportiren hatte, reichte ich mit Freuden mein Brod und beeilte mich, nach meinen Kräften Unglücklichen eines Landes zu helfen, dessen Krieger ich im Zustande der größten Hilflosigkeit als Freunde in der Noth kennen gelernt hatte. Mit innigem Danke für sie und für das gütige Geschick, welches mich in Rußland trotz Hunger und Durst, trotz Blöße und Kälte, trotz Lanze, Schwert und Kugel erhalten hat, lege ich meine Feder nieder. Die künstliche Kälteerzeugung und ihre Bedeutung für die Volksernährung. Eduard Braun. von Temperatureruiedriguug bis auf deu Eispuukt ist das einzige, aber auch das nie versagende Mittel, um thierische Nahrungsmittel auf unbegrenzt lange

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/488>, abgerufen am 30.04.2024.