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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal.

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die Oesterreicher dadurch in den Besitz des DefWs von Katschanik, des Wardar-
Thales und der Straße nach dem Aegeischen Meere gelangen würden, Italien,
weil dadurch das österreichische Küstenland an der Adria beträchtlich weiter
nach Süden ausgedehnt würde, Montenegro, weil es dann ganz von der öster¬
reichisch-ungarischen Monarchie umschlossen sein würde, und Geld zu dem Zwecke,
für die .Czernagorzen die Kastanien aus dem Feuer zu hole", wird vom Wiener
Reichstag sicher nicht bewilligt werden. Italien hat Sympathien für die Alba¬
nien kund gegeben, es hat etwa 100000 Stammgenossen derselben bereits
innerhalb seiner südlichen Grenzen, es eroberte sich gewiß sehr gern noch ein paar¬
mal hunderttausend dazu, aber stelbstverständlich könnte Oesterreich-Ungarn in
solch ein Unternehmen, auch wenn es vorerst in verhüllter Gestalt, als vor¬
übergehende Occupation aufträte, nicht willigen. Ein Versuch der Regierung in
Rom, die Italie irrsclentg. in eine rväönta. zu verwandeln, ist wohl nnr eine Frage
der Zeit, und in diesem Falle würde eine in Albanien stehende italienische Armee,
selbst wenn sie vorher mit Zustimmung des Wiener Cabinets dahin gelangt wäre,
von vornherein verloren sein; denn die Ueberlegenheit der österreichischen Flotte
über die italienische, die sich in der Seeschlacht bei Lissa bewährte, wird schwerlich
jemals dem Gegentheil Platz machen. Daß die Engländer oder die Franzosen
den Montenegrinern mit Waffengewalt zu ihrem Rechte verhelfen werden, ist
kaum denkbar. Wir glauben daher, daß die Mächte sich entschließen werden,
die Lösung der Frage den Montenegrinern und Albanesen zu überlassen. Daraus
wird sich zwar wahrscheinlich ein Krieg zwischen diesen beiden entwickeln, aber
derselbe wird localisirt bleiben, selbst wenn die Griechen sich mit den Czernagorzen
zu gleichzeitigem gemeinsamen Handeln verständigen, um Besitz von Unteralba¬
nien zu nehmen. Indem sich die Mächte darauf beschränkten, die Ausbreitung
der Kriegsflamme zu verhüten, würden sie zuletzt uur die Modifikationen des
Berliner Vertrages bestätigen, welche die Erfolge dieses kleinen Krieges, nachdem
die Interessenten desselben müde geworden, erforderlich machen würden.




politische Briefe.
1,5. Der Ausgang der kirchenpolitischen Verhandlungen.

Von den elf Artikeln des Regiernngsentwnrfs zur Abänderung der kirchen¬
politischen Gesetze hat das Abgeordnetenhaus fünf abgelehnt, von den sechs ge¬
bliebenen hat es den einen wesentlich abgeändert und außerdem einen neuen
hinzugefügt, der für drei Artikel das Erlöschen mit dem 1. Januar l882 fest-


die Oesterreicher dadurch in den Besitz des DefWs von Katschanik, des Wardar-
Thales und der Straße nach dem Aegeischen Meere gelangen würden, Italien,
weil dadurch das österreichische Küstenland an der Adria beträchtlich weiter
nach Süden ausgedehnt würde, Montenegro, weil es dann ganz von der öster¬
reichisch-ungarischen Monarchie umschlossen sein würde, und Geld zu dem Zwecke,
für die .Czernagorzen die Kastanien aus dem Feuer zu hole«, wird vom Wiener
Reichstag sicher nicht bewilligt werden. Italien hat Sympathien für die Alba¬
nien kund gegeben, es hat etwa 100000 Stammgenossen derselben bereits
innerhalb seiner südlichen Grenzen, es eroberte sich gewiß sehr gern noch ein paar¬
mal hunderttausend dazu, aber stelbstverständlich könnte Oesterreich-Ungarn in
solch ein Unternehmen, auch wenn es vorerst in verhüllter Gestalt, als vor¬
übergehende Occupation aufträte, nicht willigen. Ein Versuch der Regierung in
Rom, die Italie irrsclentg. in eine rväönta. zu verwandeln, ist wohl nnr eine Frage
der Zeit, und in diesem Falle würde eine in Albanien stehende italienische Armee,
selbst wenn sie vorher mit Zustimmung des Wiener Cabinets dahin gelangt wäre,
von vornherein verloren sein; denn die Ueberlegenheit der österreichischen Flotte
über die italienische, die sich in der Seeschlacht bei Lissa bewährte, wird schwerlich
jemals dem Gegentheil Platz machen. Daß die Engländer oder die Franzosen
den Montenegrinern mit Waffengewalt zu ihrem Rechte verhelfen werden, ist
kaum denkbar. Wir glauben daher, daß die Mächte sich entschließen werden,
die Lösung der Frage den Montenegrinern und Albanesen zu überlassen. Daraus
wird sich zwar wahrscheinlich ein Krieg zwischen diesen beiden entwickeln, aber
derselbe wird localisirt bleiben, selbst wenn die Griechen sich mit den Czernagorzen
zu gleichzeitigem gemeinsamen Handeln verständigen, um Besitz von Unteralba¬
nien zu nehmen. Indem sich die Mächte darauf beschränkten, die Ausbreitung
der Kriegsflamme zu verhüten, würden sie zuletzt uur die Modifikationen des
Berliner Vertrages bestätigen, welche die Erfolge dieses kleinen Krieges, nachdem
die Interessenten desselben müde geworden, erforderlich machen würden.




politische Briefe.
1,5. Der Ausgang der kirchenpolitischen Verhandlungen.

Von den elf Artikeln des Regiernngsentwnrfs zur Abänderung der kirchen¬
politischen Gesetze hat das Abgeordnetenhaus fünf abgelehnt, von den sechs ge¬
bliebenen hat es den einen wesentlich abgeändert und außerdem einen neuen
hinzugefügt, der für drei Artikel das Erlöschen mit dem 1. Januar l882 fest-


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[0087] die Oesterreicher dadurch in den Besitz des DefWs von Katschanik, des Wardar- Thales und der Straße nach dem Aegeischen Meere gelangen würden, Italien, weil dadurch das österreichische Küstenland an der Adria beträchtlich weiter nach Süden ausgedehnt würde, Montenegro, weil es dann ganz von der öster¬ reichisch-ungarischen Monarchie umschlossen sein würde, und Geld zu dem Zwecke, für die .Czernagorzen die Kastanien aus dem Feuer zu hole«, wird vom Wiener Reichstag sicher nicht bewilligt werden. Italien hat Sympathien für die Alba¬ nien kund gegeben, es hat etwa 100000 Stammgenossen derselben bereits innerhalb seiner südlichen Grenzen, es eroberte sich gewiß sehr gern noch ein paar¬ mal hunderttausend dazu, aber stelbstverständlich könnte Oesterreich-Ungarn in solch ein Unternehmen, auch wenn es vorerst in verhüllter Gestalt, als vor¬ übergehende Occupation aufträte, nicht willigen. Ein Versuch der Regierung in Rom, die Italie irrsclentg. in eine rväönta. zu verwandeln, ist wohl nnr eine Frage der Zeit, und in diesem Falle würde eine in Albanien stehende italienische Armee, selbst wenn sie vorher mit Zustimmung des Wiener Cabinets dahin gelangt wäre, von vornherein verloren sein; denn die Ueberlegenheit der österreichischen Flotte über die italienische, die sich in der Seeschlacht bei Lissa bewährte, wird schwerlich jemals dem Gegentheil Platz machen. Daß die Engländer oder die Franzosen den Montenegrinern mit Waffengewalt zu ihrem Rechte verhelfen werden, ist kaum denkbar. Wir glauben daher, daß die Mächte sich entschließen werden, die Lösung der Frage den Montenegrinern und Albanesen zu überlassen. Daraus wird sich zwar wahrscheinlich ein Krieg zwischen diesen beiden entwickeln, aber derselbe wird localisirt bleiben, selbst wenn die Griechen sich mit den Czernagorzen zu gleichzeitigem gemeinsamen Handeln verständigen, um Besitz von Unteralba¬ nien zu nehmen. Indem sich die Mächte darauf beschränkten, die Ausbreitung der Kriegsflamme zu verhüten, würden sie zuletzt uur die Modifikationen des Berliner Vertrages bestätigen, welche die Erfolge dieses kleinen Krieges, nachdem die Interessenten desselben müde geworden, erforderlich machen würden. politische Briefe. 1,5. Der Ausgang der kirchenpolitischen Verhandlungen. Von den elf Artikeln des Regiernngsentwnrfs zur Abänderung der kirchen¬ politischen Gesetze hat das Abgeordnetenhaus fünf abgelehnt, von den sechs ge¬ bliebenen hat es den einen wesentlich abgeändert und außerdem einen neuen hinzugefügt, der für drei Artikel das Erlöschen mit dem 1. Januar l882 fest-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157693/87>, abgerufen am 30.04.2024.