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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal.

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Literatur.

Route als Wasserstraße den Vortheil der billigern Beförderung von Waaren
über die Eisenbahn habe. Herr Defrees antwortet hierauf- "Dieser Unterschied
ist sehr gering, wenn er überhaupt existirt, sobald mau die Zollgebühren und die
Zeit in Anrechnung bringt. Ein Thcehäudler z. B. in New-Iork, welcher eine
Sendung vou Houg-Kong via Nördliche Pacific-Eisenbahn beordert, würde die¬
selbe empfangen und verkaufen, ehe eine solche Sendung Panama erreichen könnte,
wenn sie mit Benutzung dieser Route beordert wäre. Die Zeit ist in unserm
eilig vorwärts strebenden Zeitalter ein wichtiger Punkt in der Berechnung."

Die Bedenken des Herrn Defrees gegen die Bedeutung des Panama-Canals
für den Welthandel mögen vielleicht nicht in alleil Punkten stichhaltig sein;
den Eindrnck aber dürften sie doch auf den unbefangnen Beurtheiler der Sache
macheu, daß die von dem genannten Canal für den Handel der gesammten Welt
erträumte" Vortheile keine ganz reale Basis haben. Anders und günstiger aller¬
dings liegen die Dinge für die Küstenstaaten der nordamerikanischen Union in
B R. D. etreff des Nicaragua-Canals.




Literatur.
Geschichte der Völkerwanderung von Eduard von Wietersheim. Zweite
vollständig umgearbeitete Anfluge, besorgt von Felix Dudu. Erster Band. Mit einer
Karte von H. Kiepert. Leipzig, T. O. Weigel, 1830.

Zwanzig Jahre sind verflossen, seitdem Wietersheims "Geschichte der Völker¬
wanderung" zum ersten Male erschien, und noch ist das verdienstvolle Buch durch
keinen ebenbürtigen Genossen verdrängt worden. Zwar der Einwendungen sind genug
dagegen erhoben worden. Es fehlte dem Buche an allem Zusammenhange. Vieles
gehörte gar nicht hinein, und was hinein gehörte, war wenig übersichtlich geordnet.
Dazu mußte natürlich bei den außerordentlichen Fortschritten, welche in den letzten
Jahren auf dem Gebiete der ältern deutschen Geschichte gemacht wurden, das Werk
immermehr veralten. Dennoch hatte die "Geschichte der Völkerwanderung" auch ihre
unleugbaren Vorzüge, so daß wir es mit Dank anerkennen müssen, daß der Heraus¬
geber, nachdem die erste Auflage vergriffen ist, eine zweite, vollständig umgearbeitete
Ausgabe veranstaltet hat. Felix Dahn, wie kein andrer auf diesem Gebiete der
Geschichte bewährt, hat sich der in vieler Hinsicht undankbaren Aufgabe, das alte
Werk zu sichten, zu überarbeiten und mit den Forderungen der heutigen Wissen¬
schaft in Einklang zu bringen, mit großem Geschick unterzogen.

Was die äußern Veränderungen betrifft, so hat Dahn die ersten drei Bände
des Wietershcimschen Buches in einen Band zusammengezogen. Dies ist ihm dadurch
möglich geworden, daß er den ganzen großen Excurs über die ältere römische Ge-


Literatur.

Route als Wasserstraße den Vortheil der billigern Beförderung von Waaren
über die Eisenbahn habe. Herr Defrees antwortet hierauf- „Dieser Unterschied
ist sehr gering, wenn er überhaupt existirt, sobald mau die Zollgebühren und die
Zeit in Anrechnung bringt. Ein Thcehäudler z. B. in New-Iork, welcher eine
Sendung vou Houg-Kong via Nördliche Pacific-Eisenbahn beordert, würde die¬
selbe empfangen und verkaufen, ehe eine solche Sendung Panama erreichen könnte,
wenn sie mit Benutzung dieser Route beordert wäre. Die Zeit ist in unserm
eilig vorwärts strebenden Zeitalter ein wichtiger Punkt in der Berechnung."

Die Bedenken des Herrn Defrees gegen die Bedeutung des Panama-Canals
für den Welthandel mögen vielleicht nicht in alleil Punkten stichhaltig sein;
den Eindrnck aber dürften sie doch auf den unbefangnen Beurtheiler der Sache
macheu, daß die von dem genannten Canal für den Handel der gesammten Welt
erträumte» Vortheile keine ganz reale Basis haben. Anders und günstiger aller¬
dings liegen die Dinge für die Küstenstaaten der nordamerikanischen Union in
B R. D. etreff des Nicaragua-Canals.




Literatur.
Geschichte der Völkerwanderung von Eduard von Wietersheim. Zweite
vollständig umgearbeitete Anfluge, besorgt von Felix Dudu. Erster Band. Mit einer
Karte von H. Kiepert. Leipzig, T. O. Weigel, 1830.

Zwanzig Jahre sind verflossen, seitdem Wietersheims „Geschichte der Völker¬
wanderung" zum ersten Male erschien, und noch ist das verdienstvolle Buch durch
keinen ebenbürtigen Genossen verdrängt worden. Zwar der Einwendungen sind genug
dagegen erhoben worden. Es fehlte dem Buche an allem Zusammenhange. Vieles
gehörte gar nicht hinein, und was hinein gehörte, war wenig übersichtlich geordnet.
Dazu mußte natürlich bei den außerordentlichen Fortschritten, welche in den letzten
Jahren auf dem Gebiete der ältern deutschen Geschichte gemacht wurden, das Werk
immermehr veralten. Dennoch hatte die „Geschichte der Völkerwanderung" auch ihre
unleugbaren Vorzüge, so daß wir es mit Dank anerkennen müssen, daß der Heraus¬
geber, nachdem die erste Auflage vergriffen ist, eine zweite, vollständig umgearbeitete
Ausgabe veranstaltet hat. Felix Dahn, wie kein andrer auf diesem Gebiete der
Geschichte bewährt, hat sich der in vieler Hinsicht undankbaren Aufgabe, das alte
Werk zu sichten, zu überarbeiten und mit den Forderungen der heutigen Wissen¬
schaft in Einklang zu bringen, mit großem Geschick unterzogen.

Was die äußern Veränderungen betrifft, so hat Dahn die ersten drei Bände
des Wietershcimschen Buches in einen Band zusammengezogen. Dies ist ihm dadurch
möglich geworden, daß er den ganzen großen Excurs über die ältere römische Ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157697/457>, abgerufen am 28.04.2024.