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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Universitätsferien.

Um volle sechzehn Jahre hat Freifrau von Bunsen ihren Mann
überlebt. Ihre zahlreichen Briefe aus der langen Zeit ihres Wittwenthnms
beweisen ihr reges Interesse für die großen politischen Bewegungen der letzten
Jahrzehnte, ihre treue Freundschaft für alle, die ihr nahe getreten waren, und
ihre aufopfernde Liebe für ihre Kinder und Enkel, in denen sie das Glück ihres
Lebens sah.

Möchten diese Briefe, von denen wir hier nur wenige Bruchstücke anführen
konnten, recht viele Leser finden! Die Lauterkeit und Hoheit des Geistes und
Herzens der Verfasserin, die aus jeder Zeile spricht, wird die Lectüre derselben
zu einer im besten Sinne des Wortes genußreichen, erquickenden und erhebenden
machen.




Universitätsserien/''')

le Klage über die lange Dauer der Universitätsserien ist in neuester
Zeit so oft laut geworden, daß es kaum zulässig erscheint, sie noch
länger unbeachtet zu lassen. Unerörtert ist die Frage nicht ge¬
blieben. Die öffentliche Stimme hat sich zu entschieden gegen das
Uebermaß akademischer Vacanzen ausgesprochen, als daß ihr nicht
aus Universitätskreisen Antworten hätten zu Theil werden sollen. Diese Ant¬
worten hatten sämmtlich ein eigenthümlich übereinstimmendes Gepräge, da sie
^en aus Universitätskreisen kamen. Sie gipfelten darin, daß das bisherige
^naß der Freiheit von Geschäften den Docenten aus geistigen und leiblichen
Gründen nicht verkümmert werden dürfe. In der Motivirung dieser Ansicht
Zuige" die Meinungen auseinander, im Resultate stimmten sie überein. Als
^wichtigster Grund für Beibehaltung der langen Ferien wurde stets angeführt:
>e den Docenten nothwendige Muße für wissenschaftliche Forschungen und schrift¬
stellerische Arbeiten.

Ganz entgegengesetzter Ansicht als die Lehrenden sind die Lernenden (wir
^den natürlich nur von solchen, denen das Lernen wirklich der Endzweck des
Univcrsitätsbesuches ist) und deren Angehörige. Diese können sich nun einmal
'"ehe zu der Ueberzeugung aufschwingen, daß fast die Hälfte der Studienzeit
^ Erholung, dem Nichtsthun und der Langeweile gewidmet sein müsse. Sie



Vorstehendem Artikel haben wir die Aufnahme in diese Blätter nicht verweigern
sollen, gleichzeitig jedoch dafür gesorgt, daß auch die entgegengesetzte Ansicht zu Gehör
ko D, Red. mme.
Universitätsferien.

Um volle sechzehn Jahre hat Freifrau von Bunsen ihren Mann
überlebt. Ihre zahlreichen Briefe aus der langen Zeit ihres Wittwenthnms
beweisen ihr reges Interesse für die großen politischen Bewegungen der letzten
Jahrzehnte, ihre treue Freundschaft für alle, die ihr nahe getreten waren, und
ihre aufopfernde Liebe für ihre Kinder und Enkel, in denen sie das Glück ihres
Lebens sah.

Möchten diese Briefe, von denen wir hier nur wenige Bruchstücke anführen
konnten, recht viele Leser finden! Die Lauterkeit und Hoheit des Geistes und
Herzens der Verfasserin, die aus jeder Zeile spricht, wird die Lectüre derselben
zu einer im besten Sinne des Wortes genußreichen, erquickenden und erhebenden
machen.




Universitätsserien/''')

le Klage über die lange Dauer der Universitätsserien ist in neuester
Zeit so oft laut geworden, daß es kaum zulässig erscheint, sie noch
länger unbeachtet zu lassen. Unerörtert ist die Frage nicht ge¬
blieben. Die öffentliche Stimme hat sich zu entschieden gegen das
Uebermaß akademischer Vacanzen ausgesprochen, als daß ihr nicht
aus Universitätskreisen Antworten hätten zu Theil werden sollen. Diese Ant¬
worten hatten sämmtlich ein eigenthümlich übereinstimmendes Gepräge, da sie
^en aus Universitätskreisen kamen. Sie gipfelten darin, daß das bisherige
^naß der Freiheit von Geschäften den Docenten aus geistigen und leiblichen
Gründen nicht verkümmert werden dürfe. In der Motivirung dieser Ansicht
Zuige» die Meinungen auseinander, im Resultate stimmten sie überein. Als
^wichtigster Grund für Beibehaltung der langen Ferien wurde stets angeführt:
>e den Docenten nothwendige Muße für wissenschaftliche Forschungen und schrift¬
stellerische Arbeiten.

Ganz entgegengesetzter Ansicht als die Lehrenden sind die Lernenden (wir
^den natürlich nur von solchen, denen das Lernen wirklich der Endzweck des
Univcrsitätsbesuches ist) und deren Angehörige. Diese können sich nun einmal
'"ehe zu der Ueberzeugung aufschwingen, daß fast die Hälfte der Studienzeit
^ Erholung, dem Nichtsthun und der Langeweile gewidmet sein müsse. Sie



Vorstehendem Artikel haben wir die Aufnahme in diese Blätter nicht verweigern
sollen, gleichzeitig jedoch dafür gesorgt, daß auch die entgegengesetzte Ansicht zu Gehör
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[0125] Universitätsferien. Um volle sechzehn Jahre hat Freifrau von Bunsen ihren Mann überlebt. Ihre zahlreichen Briefe aus der langen Zeit ihres Wittwenthnms beweisen ihr reges Interesse für die großen politischen Bewegungen der letzten Jahrzehnte, ihre treue Freundschaft für alle, die ihr nahe getreten waren, und ihre aufopfernde Liebe für ihre Kinder und Enkel, in denen sie das Glück ihres Lebens sah. Möchten diese Briefe, von denen wir hier nur wenige Bruchstücke anführen konnten, recht viele Leser finden! Die Lauterkeit und Hoheit des Geistes und Herzens der Verfasserin, die aus jeder Zeile spricht, wird die Lectüre derselben zu einer im besten Sinne des Wortes genußreichen, erquickenden und erhebenden machen. Universitätsserien/''') le Klage über die lange Dauer der Universitätsserien ist in neuester Zeit so oft laut geworden, daß es kaum zulässig erscheint, sie noch länger unbeachtet zu lassen. Unerörtert ist die Frage nicht ge¬ blieben. Die öffentliche Stimme hat sich zu entschieden gegen das Uebermaß akademischer Vacanzen ausgesprochen, als daß ihr nicht aus Universitätskreisen Antworten hätten zu Theil werden sollen. Diese Ant¬ worten hatten sämmtlich ein eigenthümlich übereinstimmendes Gepräge, da sie ^en aus Universitätskreisen kamen. Sie gipfelten darin, daß das bisherige ^naß der Freiheit von Geschäften den Docenten aus geistigen und leiblichen Gründen nicht verkümmert werden dürfe. In der Motivirung dieser Ansicht Zuige» die Meinungen auseinander, im Resultate stimmten sie überein. Als ^wichtigster Grund für Beibehaltung der langen Ferien wurde stets angeführt: >e den Docenten nothwendige Muße für wissenschaftliche Forschungen und schrift¬ stellerische Arbeiten. Ganz entgegengesetzter Ansicht als die Lehrenden sind die Lernenden (wir ^den natürlich nur von solchen, denen das Lernen wirklich der Endzweck des Univcrsitätsbesuches ist) und deren Angehörige. Diese können sich nun einmal '"ehe zu der Ueberzeugung aufschwingen, daß fast die Hälfte der Studienzeit ^ Erholung, dem Nichtsthun und der Langeweile gewidmet sein müsse. Sie Vorstehendem Artikel haben wir die Aufnahme in diese Blätter nicht verweigern sollen, gleichzeitig jedoch dafür gesorgt, daß auch die entgegengesetzte Ansicht zu Gehör ko D, Red. mme.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/125>, abgerufen am 29.04.2024.