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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Univol-sitätsfenen,

Würden die jährlichen Ferien auf drei Monate beschränken und somit einen er¬
heblichen Zeitgewinn bewirken, der, auf drei bis vier Studienjahre ausgedehnt,
schon schwer in die Wage fallen dürfte. Seitens der Studirenden würde diese
Ferienordnung gewiß auf keinen Widerspruch stoßen, selbst nicht bei denen, die
sich auf Universitäten nur "Studirens halber aufhalten/' Aber auch von den
Docenten dürften mir diejenigen, welche der Ansicht huldigen, daß die Lehrstühle
ihretwegen und nicht im Interesse der Studirenden vom Staate unterhalten
werde",' sich über Beeinträchtigung ihrer Ferieumuße beklagen, während die große
Mehrzahl derjenigen Universitätslehrer, denen in erster Linie die Heranbildung
tüchtiger Schüler am Herzen liegt, gewiß jede Neuerung billigen werden, welche
sie in diesem Streben unterstützt, selbst wenn sie dabei einen kleinen Theil der
ihnen reichlich bemessenen Muße zum Opfer bringen müßten.

Rütteln wir daher an Zuständen, welche nicht mehr für unsre Zeit passen,
so lange bis sie fallen und bessere" Platz macheu, und bedenken wir, daß für
die Jngend Zeit in ehr als Geld ist. Vielleicht bringen wir es doch noch dahin,
daß die Antwort des deutschen Studenten ans die Frage, was ein Semester sei,
nicht mehr zu lauten brauche: "Eine kurze Unterbrechung der Ferien,"


Replik.

Die Redaction der Grenzboten glaubte, daß in Bezug auf den vorstehenden
Schmerzensschrei aus einer süddeutschen Universitätsstadt man auch dem ^ucliatur
^ Ätsri" p^-s Rechnung tragen müsse. Ich gestehe, daß ich anfänglich
Wenig Lust hatte zu rcplieire", die ganze Angelegenheit kam mir so vor wie
eine harmlose Uebung auf dem Fechtboden; Arm und Kopf ist geschützt, rechts
und links bekrittelt die Corona jeden geführten Hieb, das Resultat ist für beide
Theile ein gleiches, d. h. Null, Doch wie es so geht! Beim Lesen kam mir
unwillkürlich die Lust zu antworten, und schließlich hatte ich die Feder in der
Hand, Dennoch meine ich, daß Sie, Verehrtester, und ich hier unter dem
Schutze der grünen Hefte nnr einen Gang nach Studentensitte ausfechten werden
und daß auf beiden Seiten nicht einmal eine kleine Abfuhr zu erzielen sein wird.
Doch zur Sache!

Der deutsche Uuiversitätsdveent muß in erster Linie allerdings Lehrer sein.
Aber sollte es nicht wesentlich darauf ankommen, wie das Lehren seinerseits
aufgefaßt wird? Er soll die Wissenschaft, die er erwühlt, in eignem, selbstän¬
digem Studium durchdrungen haben, er soll, was seine Vorgänger geleistet
haben, nach Werth und Unwerth genau geprüft haben, er soll dann kurz und
bündig aus Eignen und Fremdem das Facit ziehen. Und wenn er dann auf
dem Katheder steht, wo sich die Studenten, die doch meistentheils der Meinung
sind, daß man das, was man schwarz auf weiß besitzt, auch getrost nach Hanse
tragen könne, die wirklich nachschreiben, "als dictirt' ihnen der heilige Geist,"


Univol-sitätsfenen,

Würden die jährlichen Ferien auf drei Monate beschränken und somit einen er¬
heblichen Zeitgewinn bewirken, der, auf drei bis vier Studienjahre ausgedehnt,
schon schwer in die Wage fallen dürfte. Seitens der Studirenden würde diese
Ferienordnung gewiß auf keinen Widerspruch stoßen, selbst nicht bei denen, die
sich auf Universitäten nur „Studirens halber aufhalten/' Aber auch von den
Docenten dürften mir diejenigen, welche der Ansicht huldigen, daß die Lehrstühle
ihretwegen und nicht im Interesse der Studirenden vom Staate unterhalten
werde»,' sich über Beeinträchtigung ihrer Ferieumuße beklagen, während die große
Mehrzahl derjenigen Universitätslehrer, denen in erster Linie die Heranbildung
tüchtiger Schüler am Herzen liegt, gewiß jede Neuerung billigen werden, welche
sie in diesem Streben unterstützt, selbst wenn sie dabei einen kleinen Theil der
ihnen reichlich bemessenen Muße zum Opfer bringen müßten.

Rütteln wir daher an Zuständen, welche nicht mehr für unsre Zeit passen,
so lange bis sie fallen und bessere» Platz macheu, und bedenken wir, daß für
die Jngend Zeit in ehr als Geld ist. Vielleicht bringen wir es doch noch dahin,
daß die Antwort des deutschen Studenten ans die Frage, was ein Semester sei,
nicht mehr zu lauten brauche: „Eine kurze Unterbrechung der Ferien,"


Replik.

Die Redaction der Grenzboten glaubte, daß in Bezug auf den vorstehenden
Schmerzensschrei aus einer süddeutschen Universitätsstadt man auch dem ^ucliatur
^ Ätsri» p^-s Rechnung tragen müsse. Ich gestehe, daß ich anfänglich
Wenig Lust hatte zu rcplieire», die ganze Angelegenheit kam mir so vor wie
eine harmlose Uebung auf dem Fechtboden; Arm und Kopf ist geschützt, rechts
und links bekrittelt die Corona jeden geführten Hieb, das Resultat ist für beide
Theile ein gleiches, d. h. Null, Doch wie es so geht! Beim Lesen kam mir
unwillkürlich die Lust zu antworten, und schließlich hatte ich die Feder in der
Hand, Dennoch meine ich, daß Sie, Verehrtester, und ich hier unter dem
Schutze der grünen Hefte nnr einen Gang nach Studentensitte ausfechten werden
und daß auf beiden Seiten nicht einmal eine kleine Abfuhr zu erzielen sein wird.
Doch zur Sache!

Der deutsche Uuiversitätsdveent muß in erster Linie allerdings Lehrer sein.
Aber sollte es nicht wesentlich darauf ankommen, wie das Lehren seinerseits
aufgefaßt wird? Er soll die Wissenschaft, die er erwühlt, in eignem, selbstän¬
digem Studium durchdrungen haben, er soll, was seine Vorgänger geleistet
haben, nach Werth und Unwerth genau geprüft haben, er soll dann kurz und
bündig aus Eignen und Fremdem das Facit ziehen. Und wenn er dann auf
dem Katheder steht, wo sich die Studenten, die doch meistentheils der Meinung
sind, daß man das, was man schwarz auf weiß besitzt, auch getrost nach Hanse
tragen könne, die wirklich nachschreiben, „als dictirt' ihnen der heilige Geist,"


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[0129] Univol-sitätsfenen, Würden die jährlichen Ferien auf drei Monate beschränken und somit einen er¬ heblichen Zeitgewinn bewirken, der, auf drei bis vier Studienjahre ausgedehnt, schon schwer in die Wage fallen dürfte. Seitens der Studirenden würde diese Ferienordnung gewiß auf keinen Widerspruch stoßen, selbst nicht bei denen, die sich auf Universitäten nur „Studirens halber aufhalten/' Aber auch von den Docenten dürften mir diejenigen, welche der Ansicht huldigen, daß die Lehrstühle ihretwegen und nicht im Interesse der Studirenden vom Staate unterhalten werde»,' sich über Beeinträchtigung ihrer Ferieumuße beklagen, während die große Mehrzahl derjenigen Universitätslehrer, denen in erster Linie die Heranbildung tüchtiger Schüler am Herzen liegt, gewiß jede Neuerung billigen werden, welche sie in diesem Streben unterstützt, selbst wenn sie dabei einen kleinen Theil der ihnen reichlich bemessenen Muße zum Opfer bringen müßten. Rütteln wir daher an Zuständen, welche nicht mehr für unsre Zeit passen, so lange bis sie fallen und bessere» Platz macheu, und bedenken wir, daß für die Jngend Zeit in ehr als Geld ist. Vielleicht bringen wir es doch noch dahin, daß die Antwort des deutschen Studenten ans die Frage, was ein Semester sei, nicht mehr zu lauten brauche: „Eine kurze Unterbrechung der Ferien," Replik. Die Redaction der Grenzboten glaubte, daß in Bezug auf den vorstehenden Schmerzensschrei aus einer süddeutschen Universitätsstadt man auch dem ^ucliatur ^ Ätsri» p^-s Rechnung tragen müsse. Ich gestehe, daß ich anfänglich Wenig Lust hatte zu rcplieire», die ganze Angelegenheit kam mir so vor wie eine harmlose Uebung auf dem Fechtboden; Arm und Kopf ist geschützt, rechts und links bekrittelt die Corona jeden geführten Hieb, das Resultat ist für beide Theile ein gleiches, d. h. Null, Doch wie es so geht! Beim Lesen kam mir unwillkürlich die Lust zu antworten, und schließlich hatte ich die Feder in der Hand, Dennoch meine ich, daß Sie, Verehrtester, und ich hier unter dem Schutze der grünen Hefte nnr einen Gang nach Studentensitte ausfechten werden und daß auf beiden Seiten nicht einmal eine kleine Abfuhr zu erzielen sein wird. Doch zur Sache! Der deutsche Uuiversitätsdveent muß in erster Linie allerdings Lehrer sein. Aber sollte es nicht wesentlich darauf ankommen, wie das Lehren seinerseits aufgefaßt wird? Er soll die Wissenschaft, die er erwühlt, in eignem, selbstän¬ digem Studium durchdrungen haben, er soll, was seine Vorgänger geleistet haben, nach Werth und Unwerth genau geprüft haben, er soll dann kurz und bündig aus Eignen und Fremdem das Facit ziehen. Und wenn er dann auf dem Katheder steht, wo sich die Studenten, die doch meistentheils der Meinung sind, daß man das, was man schwarz auf weiß besitzt, auch getrost nach Hanse tragen könne, die wirklich nachschreiben, „als dictirt' ihnen der heilige Geist,"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/129>, abgerufen am 28.04.2024.