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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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<Lin englisches Actenstiick über den deutschen Schulgesang.

Zopf schwindet und das freie Haar in schlichter Anordnung sein Recht wieder
erhält, diese ganze Zeit ist durch die Bildnisse Graffs vertreten.

Als Mensch war Graff von größter Einfachheit und Bedürfnißlosigkeit.
Als er 1766 nach Dresden kam, miethete er eine Wohnung am Altmarkt (heute
Ur. 20), die aus einem einzigen großen, zweifenstrigen Zimmer bestand. Mit
diesem Raume hat er sich begnügt bis wenige Wochen vor seinem Tode, wo er
gezwungen wurde, ihn zu verlassen. Wohl ehe Gustchcu Sulzer 1771 als junge
Frau Graff in Dresden ihren Einzug hielt, war das Zimmer seiner Länge nach
durch eine spanische Wand getheilt worden, und nun bildete die eine Hälfte des
Künstlers Werkstatt, die andre war Wohn-, Eß- und Schlafzimmer, und so
blieb es, auch als die Familie sich vermehrte. Heutzutage miethet einer außer
seiner Wohnung ein besondres Atelier, stattet es aus mit "Rcnaissancemöbeln,"
Teppichen und Fellen, Bildern und Büsten, Schaugefäßen, Waffenstücken und
exotischen Pflanzen, und dann -- ? Nun, geht nur hin und laßt euch von
ihm malen!




Ein englisches Actenstück über den deutschen Schul¬
gesang.

le Zahl der Musiker, welche für eine Verbesserung des Gesang¬
unterrichts in den deutschen Volksschulen eintreten, hat sich in den
letzten Jahren entschieden vermehrt. Aber sie haben bis jetzt weder
bei den Behörden etwas durchgesetzt, noch haben sie bei den College"
oder dem Publicum eine nennenswerthe Unterstützung gefunden.
Die Gründe, weshalb die Unterrichtsministerien die eingebrachten Vorschläge
ignoriren, sind uns unbekannt; die Musiker als solche haben noch nicht begriffen,
wie sehr die Sache sie angeht, und das Publieum weiß nichts von den Mängeln,
welche vorliegen.

Die Art, wie in den Volksschulen Deutschlands der Gesangunterricht er¬
theilt wird, variirt vielfach nach den Ländern und Städten, um die es sich handelt,
ja auch in denselben Gemeinden und an denselben Unterrichtsanstalten je nach
der Qualification des Lehrers, welcher die Disciplin vertritt. Im allgemeinen
aber geht der Brauch durch, daß jede Schulklasse zwei Stunden wöchentliche Sing¬
übungen hat und daß in denselben eine bestimmte Reihe von Chorälen und leichten
Liedern eingeübt wird, und zwar vorwiegend nach dem Gehör eingeübt wird. Es ist
nicht selten, daß die Kinder mit den Noten bekannt gemacht werden, sie lernen


<Lin englisches Actenstiick über den deutschen Schulgesang.

Zopf schwindet und das freie Haar in schlichter Anordnung sein Recht wieder
erhält, diese ganze Zeit ist durch die Bildnisse Graffs vertreten.

Als Mensch war Graff von größter Einfachheit und Bedürfnißlosigkeit.
Als er 1766 nach Dresden kam, miethete er eine Wohnung am Altmarkt (heute
Ur. 20), die aus einem einzigen großen, zweifenstrigen Zimmer bestand. Mit
diesem Raume hat er sich begnügt bis wenige Wochen vor seinem Tode, wo er
gezwungen wurde, ihn zu verlassen. Wohl ehe Gustchcu Sulzer 1771 als junge
Frau Graff in Dresden ihren Einzug hielt, war das Zimmer seiner Länge nach
durch eine spanische Wand getheilt worden, und nun bildete die eine Hälfte des
Künstlers Werkstatt, die andre war Wohn-, Eß- und Schlafzimmer, und so
blieb es, auch als die Familie sich vermehrte. Heutzutage miethet einer außer
seiner Wohnung ein besondres Atelier, stattet es aus mit „Rcnaissancemöbeln,"
Teppichen und Fellen, Bildern und Büsten, Schaugefäßen, Waffenstücken und
exotischen Pflanzen, und dann — ? Nun, geht nur hin und laßt euch von
ihm malen!




Ein englisches Actenstück über den deutschen Schul¬
gesang.

le Zahl der Musiker, welche für eine Verbesserung des Gesang¬
unterrichts in den deutschen Volksschulen eintreten, hat sich in den
letzten Jahren entschieden vermehrt. Aber sie haben bis jetzt weder
bei den Behörden etwas durchgesetzt, noch haben sie bei den College«
oder dem Publicum eine nennenswerthe Unterstützung gefunden.
Die Gründe, weshalb die Unterrichtsministerien die eingebrachten Vorschläge
ignoriren, sind uns unbekannt; die Musiker als solche haben noch nicht begriffen,
wie sehr die Sache sie angeht, und das Publieum weiß nichts von den Mängeln,
welche vorliegen.

Die Art, wie in den Volksschulen Deutschlands der Gesangunterricht er¬
theilt wird, variirt vielfach nach den Ländern und Städten, um die es sich handelt,
ja auch in denselben Gemeinden und an denselben Unterrichtsanstalten je nach
der Qualification des Lehrers, welcher die Disciplin vertritt. Im allgemeinen
aber geht der Brauch durch, daß jede Schulklasse zwei Stunden wöchentliche Sing¬
übungen hat und daß in denselben eine bestimmte Reihe von Chorälen und leichten
Liedern eingeübt wird, und zwar vorwiegend nach dem Gehör eingeübt wird. Es ist
nicht selten, daß die Kinder mit den Noten bekannt gemacht werden, sie lernen


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[0168] <Lin englisches Actenstiick über den deutschen Schulgesang. Zopf schwindet und das freie Haar in schlichter Anordnung sein Recht wieder erhält, diese ganze Zeit ist durch die Bildnisse Graffs vertreten. Als Mensch war Graff von größter Einfachheit und Bedürfnißlosigkeit. Als er 1766 nach Dresden kam, miethete er eine Wohnung am Altmarkt (heute Ur. 20), die aus einem einzigen großen, zweifenstrigen Zimmer bestand. Mit diesem Raume hat er sich begnügt bis wenige Wochen vor seinem Tode, wo er gezwungen wurde, ihn zu verlassen. Wohl ehe Gustchcu Sulzer 1771 als junge Frau Graff in Dresden ihren Einzug hielt, war das Zimmer seiner Länge nach durch eine spanische Wand getheilt worden, und nun bildete die eine Hälfte des Künstlers Werkstatt, die andre war Wohn-, Eß- und Schlafzimmer, und so blieb es, auch als die Familie sich vermehrte. Heutzutage miethet einer außer seiner Wohnung ein besondres Atelier, stattet es aus mit „Rcnaissancemöbeln," Teppichen und Fellen, Bildern und Büsten, Schaugefäßen, Waffenstücken und exotischen Pflanzen, und dann — ? Nun, geht nur hin und laßt euch von ihm malen! Ein englisches Actenstück über den deutschen Schul¬ gesang. le Zahl der Musiker, welche für eine Verbesserung des Gesang¬ unterrichts in den deutschen Volksschulen eintreten, hat sich in den letzten Jahren entschieden vermehrt. Aber sie haben bis jetzt weder bei den Behörden etwas durchgesetzt, noch haben sie bei den College« oder dem Publicum eine nennenswerthe Unterstützung gefunden. Die Gründe, weshalb die Unterrichtsministerien die eingebrachten Vorschläge ignoriren, sind uns unbekannt; die Musiker als solche haben noch nicht begriffen, wie sehr die Sache sie angeht, und das Publieum weiß nichts von den Mängeln, welche vorliegen. Die Art, wie in den Volksschulen Deutschlands der Gesangunterricht er¬ theilt wird, variirt vielfach nach den Ländern und Städten, um die es sich handelt, ja auch in denselben Gemeinden und an denselben Unterrichtsanstalten je nach der Qualification des Lehrers, welcher die Disciplin vertritt. Im allgemeinen aber geht der Brauch durch, daß jede Schulklasse zwei Stunden wöchentliche Sing¬ übungen hat und daß in denselben eine bestimmte Reihe von Chorälen und leichten Liedern eingeübt wird, und zwar vorwiegend nach dem Gehör eingeübt wird. Es ist nicht selten, daß die Kinder mit den Noten bekannt gemacht werden, sie lernen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/168>, abgerufen am 28.04.2024.