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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Deutsche Palästinafahrte>l.

Die "Kritik der reinen Vernunft" löst nicht selbst alle Probleme, die uns
verwirren und beängstigen; dazu gehört eine fortgesetzte Arbeit. Aber sie schafft
wenigstens den sichern Boden, auf dem sich weiter bauen läßt. Es ist wahrlich
ein Großes, einen Compaß auf dem Meere der Erfahrungen zu haben, einen
Weg zu kennen, den man weiter gehen kann, und die Irrwege vermeiden zu
können, die uns in Abgründe locken. Das leistet sie aber für den, der sie ganz
und vollkommen versteht. Dies Verständniß in möglichst weiten Kreisen zu
fördern war die Absicht, welche Krause bei seiner Bearbeitung geleitet hat. Die
wesentlichsten grundlegenden Abschnitte sind sehr ausführlich, ähnlich wie in den
Vorlesungen, die der Verfasser jahrelang in Hamburg gehalten hat, bearbeitet;
die dialektischen und polemischen Capitel, die für unsre Zeit nicht mehr die
frühere Bedeutung haben, sind abgekürzt. Es kann sich nun zeigen, ob unser
Volk im ganzen noch jugendkräftig genug ist, um die gewaltige Gedankenarbeit
Kants zu seinem eignen Heile aufzunehmen und fruchtbar zu machen.


Aug. Classen.


Deutsche palästinafahrten.
Bis nach Venedig.

me höchst dankenswerthe Bereicherung unsrer Kenntniß mittel¬
alterlichen Culturlebens ist uns jüngst durch eine Publication ge¬
worden, die wir der gemeinsamen Arbeit zweier Berliner Ge¬
lehrten, N. Röhricht und H. Meisner, zu verdanken haben.*) Es
ist eine Sammlung von 23 Schriften, welche deutsche Pilger in
dem Zeitraume von 1346 bis 1587 über ihre Palästinafahrten aufgezeichnet
haben. Fürsten, Grafen und Ritter, Geistliche, Gelehrte und einfache Bürgers¬
leute sind unter den Pilgern vertreten.

Am interessantesten sind ohne Zweifel diejenigen Schriften, welche neben
der eigentlichen Reisebeschreibung Instructionen enthalten, nach denen man im
vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert solche Pilgerreisen am besten ausführen
konnte. Es sind breite, in gemüthlichem Plaudertonc erzählende "Bädeker," bei denen
der geschäftsmäßige, knappe Ausdruck unsrer Reisehandbücher noch nicht zu finden



*) Deutsche Pilgerreise" nach dem heiligen Lande, herausgegeben und erläutert
von Reinhold Röhricht und Heinrich Meisner. Berlin, Weidmann, 1880. sWie
wir hören ist von dem höchst interessanten Buche bereits eine zweite Auflage in Vorbe¬
,
D. Red. > reitung.
Deutsche Palästinafahrte>l.

Die „Kritik der reinen Vernunft" löst nicht selbst alle Probleme, die uns
verwirren und beängstigen; dazu gehört eine fortgesetzte Arbeit. Aber sie schafft
wenigstens den sichern Boden, auf dem sich weiter bauen läßt. Es ist wahrlich
ein Großes, einen Compaß auf dem Meere der Erfahrungen zu haben, einen
Weg zu kennen, den man weiter gehen kann, und die Irrwege vermeiden zu
können, die uns in Abgründe locken. Das leistet sie aber für den, der sie ganz
und vollkommen versteht. Dies Verständniß in möglichst weiten Kreisen zu
fördern war die Absicht, welche Krause bei seiner Bearbeitung geleitet hat. Die
wesentlichsten grundlegenden Abschnitte sind sehr ausführlich, ähnlich wie in den
Vorlesungen, die der Verfasser jahrelang in Hamburg gehalten hat, bearbeitet;
die dialektischen und polemischen Capitel, die für unsre Zeit nicht mehr die
frühere Bedeutung haben, sind abgekürzt. Es kann sich nun zeigen, ob unser
Volk im ganzen noch jugendkräftig genug ist, um die gewaltige Gedankenarbeit
Kants zu seinem eignen Heile aufzunehmen und fruchtbar zu machen.


Aug. Classen.


Deutsche palästinafahrten.
Bis nach Venedig.

me höchst dankenswerthe Bereicherung unsrer Kenntniß mittel¬
alterlichen Culturlebens ist uns jüngst durch eine Publication ge¬
worden, die wir der gemeinsamen Arbeit zweier Berliner Ge¬
lehrten, N. Röhricht und H. Meisner, zu verdanken haben.*) Es
ist eine Sammlung von 23 Schriften, welche deutsche Pilger in
dem Zeitraume von 1346 bis 1587 über ihre Palästinafahrten aufgezeichnet
haben. Fürsten, Grafen und Ritter, Geistliche, Gelehrte und einfache Bürgers¬
leute sind unter den Pilgern vertreten.

Am interessantesten sind ohne Zweifel diejenigen Schriften, welche neben
der eigentlichen Reisebeschreibung Instructionen enthalten, nach denen man im
vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert solche Pilgerreisen am besten ausführen
konnte. Es sind breite, in gemüthlichem Plaudertonc erzählende „Bädeker," bei denen
der geschäftsmäßige, knappe Ausdruck unsrer Reisehandbücher noch nicht zu finden



*) Deutsche Pilgerreise» nach dem heiligen Lande, herausgegeben und erläutert
von Reinhold Röhricht und Heinrich Meisner. Berlin, Weidmann, 1880. sWie
wir hören ist von dem höchst interessanten Buche bereits eine zweite Auflage in Vorbe¬
,
D. Red. > reitung.
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[0242] Deutsche Palästinafahrte>l. Die „Kritik der reinen Vernunft" löst nicht selbst alle Probleme, die uns verwirren und beängstigen; dazu gehört eine fortgesetzte Arbeit. Aber sie schafft wenigstens den sichern Boden, auf dem sich weiter bauen läßt. Es ist wahrlich ein Großes, einen Compaß auf dem Meere der Erfahrungen zu haben, einen Weg zu kennen, den man weiter gehen kann, und die Irrwege vermeiden zu können, die uns in Abgründe locken. Das leistet sie aber für den, der sie ganz und vollkommen versteht. Dies Verständniß in möglichst weiten Kreisen zu fördern war die Absicht, welche Krause bei seiner Bearbeitung geleitet hat. Die wesentlichsten grundlegenden Abschnitte sind sehr ausführlich, ähnlich wie in den Vorlesungen, die der Verfasser jahrelang in Hamburg gehalten hat, bearbeitet; die dialektischen und polemischen Capitel, die für unsre Zeit nicht mehr die frühere Bedeutung haben, sind abgekürzt. Es kann sich nun zeigen, ob unser Volk im ganzen noch jugendkräftig genug ist, um die gewaltige Gedankenarbeit Kants zu seinem eignen Heile aufzunehmen und fruchtbar zu machen. Aug. Classen. Deutsche palästinafahrten. Bis nach Venedig. me höchst dankenswerthe Bereicherung unsrer Kenntniß mittel¬ alterlichen Culturlebens ist uns jüngst durch eine Publication ge¬ worden, die wir der gemeinsamen Arbeit zweier Berliner Ge¬ lehrten, N. Röhricht und H. Meisner, zu verdanken haben.*) Es ist eine Sammlung von 23 Schriften, welche deutsche Pilger in dem Zeitraume von 1346 bis 1587 über ihre Palästinafahrten aufgezeichnet haben. Fürsten, Grafen und Ritter, Geistliche, Gelehrte und einfache Bürgers¬ leute sind unter den Pilgern vertreten. Am interessantesten sind ohne Zweifel diejenigen Schriften, welche neben der eigentlichen Reisebeschreibung Instructionen enthalten, nach denen man im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert solche Pilgerreisen am besten ausführen konnte. Es sind breite, in gemüthlichem Plaudertonc erzählende „Bädeker," bei denen der geschäftsmäßige, knappe Ausdruck unsrer Reisehandbücher noch nicht zu finden *) Deutsche Pilgerreise» nach dem heiligen Lande, herausgegeben und erläutert von Reinhold Röhricht und Heinrich Meisner. Berlin, Weidmann, 1880. sWie wir hören ist von dem höchst interessanten Buche bereits eine zweite Auflage in Vorbe¬ , D. Red. > reitung.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/242>, abgerufen am 29.04.2024.