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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Ein nationales Vühnenspiel.

nsre Lust am Jubilüenfeiern treibt mitunter wundersame Blüten.
Da hat zur Feier von Lessings hundertjährigem Todestage die
Burschenschaft "Arminia" in Czernowitz einem Herrn Franz Kenn
den Auftrag ertheilt, "für diesen Festtag ein nationales Bühnen¬
spiel zu schaffen, das zugleich auch die Gelegenheit der gleichzeitigen
Gründungsfeier dieses akademischen Vereins verherrlichen" sollte,*) Diese Auffor¬
derung traf Herrn Keim so zu sagen in der zwölften Stunde, Dennoch gelang
der Wurf, und -- nun, der Dichter mag'uns die Geschichte seiner Dichtung
selbst erzählen, denn er schreibt ein zu allerliebstes Deutsch, und es wäre schade
um jede Wendung, die davon verloren ginge. Also: "Die erste Skizze war unter
sechs Tagen vollendet. Frisch aus dem ersten Gusse ging das Lustspiel am
16- Februar 1881 mit durchgreifenden Erfolge über die Bretter des deutschen
Theaters zu Czernowitz. Es sollte aber bei diesem allerersten Entwürfe nicht
bleiben. Bei der ganzen Arbeit hatte mich ein freier, unabhängiger Humor ge¬
tragen. Der Wille, kein Gelegenheitsstück, fondern eine selbständige, bühnenge¬
rechte Komödie zu erschaffen, wuchs unter der Arbeit. Nun kam noch der Er-
folg auf anderen Bühnen hinzu und ließ mich zufrieden sein, daß ich allmälig
die einfache Grundform bereichert, die komischen Scenen vervielfältigt hatte. So
entstand das vorliegende Lustspiel "Der Meisterschüler" als ein Miniaturbild aus
der bürgerlich-künstlerischen Geistesgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts."
"

Wir wollen versuchen, von diesem "Bühnenspiel des Herrn Keim unsern
Lesern eine möglichst getreue Beschreibung zu geben.



*) Der Musterschüler. Lustspiel in drei Akten von Franz Keim. Den Bühnen
gegenüber als Manuskript gedruckt. Leipzig, Breitkopf Ä Hcirtel, 1381.
Grenzboten IV. Z831. 34


Ein nationales Vühnenspiel.

nsre Lust am Jubilüenfeiern treibt mitunter wundersame Blüten.
Da hat zur Feier von Lessings hundertjährigem Todestage die
Burschenschaft „Arminia" in Czernowitz einem Herrn Franz Kenn
den Auftrag ertheilt, „für diesen Festtag ein nationales Bühnen¬
spiel zu schaffen, das zugleich auch die Gelegenheit der gleichzeitigen
Gründungsfeier dieses akademischen Vereins verherrlichen" sollte,*) Diese Auffor¬
derung traf Herrn Keim so zu sagen in der zwölften Stunde, Dennoch gelang
der Wurf, und — nun, der Dichter mag'uns die Geschichte seiner Dichtung
selbst erzählen, denn er schreibt ein zu allerliebstes Deutsch, und es wäre schade
um jede Wendung, die davon verloren ginge. Also: „Die erste Skizze war unter
sechs Tagen vollendet. Frisch aus dem ersten Gusse ging das Lustspiel am
16- Februar 1881 mit durchgreifenden Erfolge über die Bretter des deutschen
Theaters zu Czernowitz. Es sollte aber bei diesem allerersten Entwürfe nicht
bleiben. Bei der ganzen Arbeit hatte mich ein freier, unabhängiger Humor ge¬
tragen. Der Wille, kein Gelegenheitsstück, fondern eine selbständige, bühnenge¬
rechte Komödie zu erschaffen, wuchs unter der Arbeit. Nun kam noch der Er-
folg auf anderen Bühnen hinzu und ließ mich zufrieden sein, daß ich allmälig
die einfache Grundform bereichert, die komischen Scenen vervielfältigt hatte. So
entstand das vorliegende Lustspiel „Der Meisterschüler" als ein Miniaturbild aus
der bürgerlich-künstlerischen Geistesgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts."
"

Wir wollen versuchen, von diesem „Bühnenspiel des Herrn Keim unsern
Lesern eine möglichst getreue Beschreibung zu geben.



*) Der Musterschüler. Lustspiel in drei Akten von Franz Keim. Den Bühnen
gegenüber als Manuskript gedruckt. Leipzig, Breitkopf Ä Hcirtel, 1381.
Grenzboten IV. Z831. 34
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[0267] [Abbildung] Ein nationales Vühnenspiel. nsre Lust am Jubilüenfeiern treibt mitunter wundersame Blüten. Da hat zur Feier von Lessings hundertjährigem Todestage die Burschenschaft „Arminia" in Czernowitz einem Herrn Franz Kenn den Auftrag ertheilt, „für diesen Festtag ein nationales Bühnen¬ spiel zu schaffen, das zugleich auch die Gelegenheit der gleichzeitigen Gründungsfeier dieses akademischen Vereins verherrlichen" sollte,*) Diese Auffor¬ derung traf Herrn Keim so zu sagen in der zwölften Stunde, Dennoch gelang der Wurf, und — nun, der Dichter mag'uns die Geschichte seiner Dichtung selbst erzählen, denn er schreibt ein zu allerliebstes Deutsch, und es wäre schade um jede Wendung, die davon verloren ginge. Also: „Die erste Skizze war unter sechs Tagen vollendet. Frisch aus dem ersten Gusse ging das Lustspiel am 16- Februar 1881 mit durchgreifenden Erfolge über die Bretter des deutschen Theaters zu Czernowitz. Es sollte aber bei diesem allerersten Entwürfe nicht bleiben. Bei der ganzen Arbeit hatte mich ein freier, unabhängiger Humor ge¬ tragen. Der Wille, kein Gelegenheitsstück, fondern eine selbständige, bühnenge¬ rechte Komödie zu erschaffen, wuchs unter der Arbeit. Nun kam noch der Er- folg auf anderen Bühnen hinzu und ließ mich zufrieden sein, daß ich allmälig die einfache Grundform bereichert, die komischen Scenen vervielfältigt hatte. So entstand das vorliegende Lustspiel „Der Meisterschüler" als ein Miniaturbild aus der bürgerlich-künstlerischen Geistesgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts." " Wir wollen versuchen, von diesem „Bühnenspiel des Herrn Keim unsern Lesern eine möglichst getreue Beschreibung zu geben. *) Der Musterschüler. Lustspiel in drei Akten von Franz Keim. Den Bühnen gegenüber als Manuskript gedruckt. Leipzig, Breitkopf Ä Hcirtel, 1381. Grenzboten IV. Z831. 34

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/267>, abgerufen am 29.04.2024.